In vielen wissenschaftlichen Disziplinen spielt die Simulation von Daten eine zentrale Rolle, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die dafür notwendige Hochleistungsrechenkapazität ist zunehmend Grundlage für den wissenschaftlichen Fortschritt. Die nächste Größenordnung an Rechenleistung – das sogenannte „exascale computing“ – verspricht Simulationen von großer Genauigkeit und sehr detaillierte Einblicke in viele relevante Prozesse. Diese Supercomputer der Zukunft werden in der Lage sein, mindestens 10 Trillionen Operationen pro Sekunde auszuführen. Allerdings lässt sich die angestrebte Rechenleistung mittels konventioneller Technologien nur mit einem enormen Stromverbrauch realisieren. Neben der Rechenleistung rückt somit die Energieeffizienz des Hochleistungsrechnens als kritischer Parameter in den Fokus. Hier setzt das EUProjekt Exa2Green an, das das Steinbeis-Europa-Zentrum gemeinsam mit Partnern umsetzt.
Unter Federführung des Rechenzentrums der Universität Heidelberg stellt sich ein Team aus Mathematikern, Informatikern, Physikern und Ingenieuren der Herausforderung, die Energieeffizienz von Hochleistungsrechnern zu verbessern. Die Entwicklung energiesparender Rechenarten und Technologien ist das Ziel des Projekts. Forschungsschwerpunkte sind die Entwicklung von Instrumenten zur Energieüberwachung und Profilerstellung, die Entwicklung einer neuen Metrik für die quantitative Analyse der Energieprofile der Algorithmen, der Einsatz von energiebewussten elementaren Systemkernen, die Entwicklung von Programmbibliotheken für energieeffiziente lineare Algebra und schließlich die Implementierung einer energiebewussten Simulationsplanung für Hochleistungsrechner.
Kurz vor Ende des Projekts nach fast drei Jahren kann das Forscherteam große Fortschritte vorweisen: Im Zuge des Exa2Green-Projekts wurde ein neuartiges Messgerät entwickelt, mit dem der Energieverbrauch einzelner Komponenten im Rechner gemessen werden kann. Bisher war es kaum möglich, den Stromverbrauch einzelner Bestandteile eines Rechners, wie Prozessoren, Speicher, Festplatten oder Grafikkarten, zu messen. Das neue Messgerät ist klein genug, um in das Gehäuse des Rechners zu passen und liefert dabei präzise Ergebnisse. Das hilft Wissenschaftlern und Technikern dabei, ineffiziente Energieverbraucher zu lokalisieren und den Anwendungscode zu optimieren. Die Teammitglieder haben außerdem Modelle zur Beschreibung und Vorhersage des Zeit-, Strom- und Energieverbrauchs mehrerer elementarer Rechenkerne entwickelt und darüber hinaus den Energieverbrauch sowie das Leistungsprofil des Wettervorhersagemodells COSMO-ART auf verschiedenen Hochleistungsrechnern untersucht. Dieses gesammelte Wissen zur Entwicklung energiebewusster Anwendungen wurde schließlich dazu genutzt, um entsprechende Algorithmen zu implementieren. Die Forscher entwickelten Techniken zur Messung und Minimierung des Energieverbrauchs von einzelnen Rechnern bis hin zu großen Rechenanlagen. Das Team untersucht außerdem die Strom-Leistungs-Messplattform zur Energiebewertung des COSMO-ART-Modellsystems und versucht, energiebewusste Verfahren anzuwenden.
Prof. Dr. Vincent Heuveline, Leiter des Exa2Green-Projekts an der Universität Heidelberg, betont, wie wichtig für die bisherigen Projekterfolge die Zusammenarbeit gewesen ist: „Unser interdisziplinäres Projektkonsortium setzt sich aus Partnern aus den Bereichen Hochleistungsrechnen, Computerwissenschaften, Mathematik, Physik und Maschinenbau zusammen. Die Partner tragen bei der Zusammenarbeit durch ihre spezifischen Kompetenzen dazu bei, dass Forschungsthemen angepackt werden können.“ Das Projektteam ist zuversichtlich, dass die Arbeit einen wertvollen Beitrag dazu leistet, Maschinen von heute zu verbessern und in Zukunft ein energieeffizienteres Exascalerechnen zu realisieren. „Abgesehen von dem offensichtlichen intrinsischen Wert neuer energiebewusster Algorithmen, mit denen es möglich ist, die gleichen Probleme mit einem geringeren Energieverbrauch zu lösen, ist diese Arbeit auch extrem wichtig, um eine neue, ganzheitliche Perspektive für energiebewusste Rechensysteme zu schaffen. Unser oberstes Ziel besteht nicht nur darin, die heutigen Maschinen besser nutzen zu können, sondern auch darin, die Entwicklung von Hardware und Algorithmen der nächsten Generation in die richtige Bahn zu lenken, um die Exascale-Supercomputer der Zukunft hervorzubringen“, so Koordinator Heuveline.
Das Steinbeis-Europa-Zentrum hat Vincent Heuveline bei der Antragstellung und den Vertragsverhandlungen mit der Europäischen Kommission begleitet. Das SEZ führt als Projektpartner das Projekt- und Wissensmanagement durch und übernimmt die Klärung geistiger Eigentumsrechte sowie die Trainings für das Konsortium. Darüber hinaus unterstützt es die Verbreitung der Projektergebnisse.
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Norbert Höptner, Dr. Sandrine Doretto, Lena Ohlig
Steinbeis-Europa-Zentrum (Stuttgart)
sandrine.doretto@stw.de, lena.ohlig@stw.de
www.exa2green-project.eu