Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Norbert Höptner spricht mit der TRANSFER über die europäische Förderlandschaft und darüber, wie das Steinbeis- Europa-Zentrum KMU dabei unterstützt, sich dort zurechtzufinden. Des Weiteren geht er der Frage der zukünftigen Herausforderungen für KMU auf der internationalen Ebene nach.
Herr Professor Höptner, vor über 25 Jahren wurde das Steinbeis- Europa-Zentrum (SEZ) gegründet und der erste Europabeauftragte ging seine ersten Schritte nach Brüssel, um mittelständische Unternehmen an die europäischen Förderprogramme heranzuführen und so stärker an den Innovationspartnerschaften in Europa zu beteiligen. Wie hat sich seitdem die Förderlandschaft der EU verändert?
Im vergangenen Vierteljahrhundert hat die europäische Zusammenarbeit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 1990, als das SEZ vom Europabeauftragten gegründet wurde, gab es das 2. Europäische Forschungsrahmenprogramm mit einem Fördervolumen von 5,4 Milliarden Euro für vier Jahre, gefolgt vom 3. Forschungsrahmenprogramm mit 6,6 Mrd. Förderbudget. Heute stellt das Programm Horizont 2020 über 80 Milliarden Euro für die sieben Jahre von 2014 bis 2020 für Forschungs- und Innovationsvorhaben sowie begleitende Maßnahmen zur Verfügung. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission im Laufe der Jahre immer wieder an verbesserten Bedingungen für kleine und mittlere Unternehmen gearbeitet. So gibt es heute in Horizont 2020 erstmalig ein sogenanntes KMU-Instrument, das sich ausschließlich an KMU richtet und ihnen zugleich ermöglicht, einen Antrag ganz ohne Partner zu stellen. Dies erleichtert den Zugang zu EU-Forschungsgeldern für KMU enorm.
Sie waren von Beginn an gut vernetzt mit anderen europäischen Institutionen. Welche sind heute Ihre wichtigsten Partner?
An erster Stelle ist hier das Enterprise Europe Network zu nennen. Es ist mit seinen knapp 600 Partnerorganisationen in über 50 Ländern weltweit das größte Netzwerk für transnationalen Technologietransfer. Bereits in den Vorgängernetzen, dem Innovation Relay Centre (1995-2007) und dem Value Relay Centre Netz (1993-1995), war das Steinbeis-Europa- Zentrum beteiligt. Auch dieses Netzwerk ist gewachsen und hat Synergien mit anderen Netzen genutzt. So ist das Enterprise Europe Network heute der zentrale Ansprechpartner für Innovationsförderung, für Markteinführung in Europa, für EU-Richtlinien und für Technologietransfer. Weitere wichtige europäische Netze, mit denen wir kooperieren, sind das Global Practitioners Network for Competitiveness, Clusters and Innovation sowie Technology Innovation International und die European Cluster Alliance.
Wie haben sich SEZ-Unterstützungsmaßnahmen für innovative Unternehmen weiterentwickelt?
Nach wie vor unterstützen wir Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der Antragstellung in den europäischen Forschungs- und Innovationsprogrammen. Um Innovationen voranzubringen, leisten wir darüber hinaus Einiges mehr an Hilfestellung: So begleiten wir das Innovationsmanagement im Unternehmen, beraten strategisch zur Markterschließung, bringen alle Innovationsakteure – auch Vertreter aus der Politik und der öffentlichen Verwaltung – mit Partnern in Europa zusammen. Das Thema Gender & Diversity ist seit über zehn Jahren ein Anliegen, das wir in allen Projekten und Dienstleistungen berücksichtigen.
In den zurückliegenden 25 Jahren haben Sie sich mit dem SEZTeam wertvolle Kompetenzen erarbeitet. Können diese für Baden- Württemberg nutzbringend eingesetzt werden?
Das Mandat des Ministers für den Europabeauftragten führt zu einem engen Kontakt mit den verschiedenen Fachreferaten der Landesministerien, insbesondere natürlich mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft. Durch unseren engen Kontakt zur Europäischen Kommission können wir unsere Landesadministration unterstützen, politisch auf die Gestaltung der Förderprogramme einzuwirken. Damit ist sichergestellt, dass außer dem europäischen Nutzen bei allen unseren Maßnahmen immer auch das Wohl der Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen unseres Landes im Auge behalten wird.
Was sind die neuen Herausforderungen für KMU in der Zukunft?
Unternehmen stehen heute vor großen Herausforderungen im internationalen Wettbewerb. Open Innovation und Smart Specialisation führen seit einiger Zeit zu neuen Chancen und Anforderungen. Die strategische Öffnung von Innovationsprozessen in Unternehmen spielt eine entscheidende Rolle im Wettbewerb. Schnelle und erfolgreiche Produktentwicklungen erfordern heute internationale Partnerschaften. Insbesondere Schlüsseltechnologien und deren Anwendung z. B. für eine stärkere Digitalisierung der Wirtschaft in Produktion, Planung und Prozessen sowie für neue Produkte und Dienstleistungen erfordern eine stärkere Öffnung des Mittelstandes, da sonst die Gefahr besteht, dass neue Chancen verpasst werden, große Player die Standards festlegen und Märkte bestimmen. Dies betrifft alle Sektoren, die in hoher Geschwindigkeit „smarte“ Anwendungen erfordern. Steinbeis ist hier aufgrund seiner an den Bedarf des Mittelstandes angepassten Dienstleistungsstrategie ein optimaler Partner, um diese Herausforderungen in einen Nutzen für die Unternehmen zu verwandeln.
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Norbert Höptner ist Leiter des Steinbeis- Europa-Zentrums (SEZ). Das 1990 auf Initiative des Europabeauftragten des Wirtschaftsministers des Landes Baden-Württemberg gegründete SEZ hat zur Aufgabe, den Unternehmen den Weg nach Brüssel zu erleichtern, und ist die EU-Beratungsstelle sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch für die Hochschulen in Baden-Württemberg.
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Norbert Höptner
Steinbeis-Europa-Zentrum (Stuttgart/Karlsruhe)
Norbert.Hoeptner@stw.de