Forschung kompakt

Computergestütztes Design medizinischer Membranen

Steinbeis-Experten entwickeln Simulationssoftware

Die Membrantechnologie spielt für eine Vielzahl industrieller Anwendungen insbesondere in der Medizintechnik eine wichtige Rolle. In Prozessen wie der Mikrofiltration, Ultrafiltration und Dialyse werden poröse Membranstrukturen eingesetzt, um Fluide wie beispielsweise Blut druckinduziert durch die feine Porenstruktur zu strömen. Die Fluide besitzen unterschiedliche Viskosität und sind mit elastischen oder starren Partikeln unterschiedlicher Größe angereichert. Bei der Durchströmung arbeitet die Porenstruktur der Membran als Filter und hält große kristalline Partikel zurück, während kleine elastische Bestandteile die Porenstrukturen durchdringen. Die 3D Computermodellierung der porösen Strukturen sowie die Fluidsimulation als Kapillar- oder Strömungsprozess werden mit dem Simulationsframework Pace3D am Institute of Materials and Processes (IMP) der Hochschule Karlsruhe über das Steinbeis-Transferzentrum Werkstoffsimulation und Prozessoptimierung angeboten.

In der medizinischen Diagnostik finden die synthetischen Membranen ihren Einsatz in lateralen Strömungstests, bei denen das fluide Medium in kleinen Mengen auf die Membran aufgetragen wird und durch die reine Kapillarwirkung bis zu einem chemischen Indikatorstreifen fortschreitet. Für die Propagation der Flüssigkeit in der Membran sind die Oberflächeneigenschaften, die komplexe Porenstruktur und deren anisotrope Ausrichtung entscheidende mikrostrukturelle Kenngrößen für die Ausbreitungsdynamik. Die Kapillarwirkung wird direkt von den Benetzungseigenschaften des Fluids auf der Membranoberfläche und von der Oberflächenkrümmung beeinflusst. Die Porengröße legt die Oberflächenkrümmung fest. Kleine Poren und respektive starke Krümmungen haben eine beschleunigende Wirkung. Andererseits führen kleine Porengrößen zu einer größeren spezifischen Oberfläche der Mikrostruktur und erhöhen die viskose Reibung. Für eine optimierte Auslegung der Membranen mit möglichst geringer Flüssigkeitsmenge und möglichst effizientem Transport ist ein Verständnis der Wirkzusammenhänge zwischen Mikrostruktur und Eigenschaften der Flüssigkeitspropagation sehr bedeutend.

Neue 3D Computermodelle ermöglichen die gezielte Generierung poröser Membranstrukturen mit kontrollierten Porengrößenverteilungen und definierten geometrischen Kenngrößen der Stegstrukturen. Diese am Computer entworfenen Membranen werden als Grundlage für Mikrostruktursimulationen der kapillar getriebenen oder druckinduzierten Flüssigkeitsausbreitung in den Porenstrukturen genutzt. Als Ergebnis der Fluidsimulationen ergeben sich direkte Korrelationen zwischen Porenaufbau der Membran und Effizienz der Flüssigkeitsausbeute. Aus diesen Informationen lassen sich auf den späteren Einsatz beispielsweise in der Diagnostik oder in der Funktion eines Filters hin optimierte Membranstrukturen am Rechner designen. Die 3D Computermodelle können an den Membranhersteller zurückgegeben werden, um diese in dem Herstellungsprozess abzubilden. Die Software Pace3D ermöglicht diese Modellierung. Die Methoden lassen sich auf die computergestützte Auslegung anderer poröser Mikrostrukturen wie zum Beispiel Schäume oder granulare Pulver übertragen. Anwendungsbeispiele sind Wärmespeicher auf Basis von Zeolithpartikeln, Metallschäume als Leichtbaumaterial oder Pulver als Ausgangsmaterial für gesinterte Werkstoffe in der Keramikherstellung und in der Metallurgie. Die Simulationsmethoden erlauben hierbei auch die Berücksichtigung unterschiedlicher Werkstoffe.

Technische Bildung stärkt die Innovationskraft Deutschlands

Steinbeis-Team und IMP der Hochschule Karlsruhe forschen gemeinsam

Acht Nachwuchsforscher der Deutschen Gesellschaft für Technische Bildung (DGTB) besichtigten im April auf Einladung von Prof. Dr.- Ing. Rüdiger Haas, geschäftsführender Direktor des Institutes of Materials and Processes (IMP) der Hochschule Karlsruhe und Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Institute for Transfer Technologies and Integrated Systems (SITIS), das fertigungstechnische Labor der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. Die Forschergruppe wurde begleitet vom ersten Vorsitzenden der DGTB, Prof. Dr. Christian Wiesmüller und Dr. Maja Jeretin-Kopf, Vorsitzende des Ausschusses für wissenschaftlichen Nachwuchs der DGTB.

In einer Expertenrunde tauschten sich die Teilnehmer intensiv über den Stand der technischen Bildung in den allgemeinbildenden Schulen aus und erörterten die Probleme, die aus unzureichender technischer Bildung für den wissenschaftlichen Nachwuchs entstehen. Christian Wiesmüller hob die Bedeutung der Forschung auf dem Gebiet der Technischen Bildung hervor. Man wäre in den letzten Jahren mit dem Vorhaben, eine Allgemeine Technische Bildung in Deutschland zu etablieren, noch nicht weit genug gekommen. Zwar gäbe es ausgereifte didaktische Ansätze und Konzepte, jedoch bekämen viel zu viele Kinder und Jugendliche nicht die Chance, eigene Neigungen und Begabungen an sich zu entdecken. Er hoffe, dass verstärkte Forschungsaktivitäten hier Wirkungen erzielen.

Rüdiger Haas machte die Teilnehmer auf die Situation in fertigungstechnischen Unternehmen aufmerksam, wo aufgrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels die Anforderungen an die Weiterbildung innerhalb des betrieblichen Kontextes steigen. Der jüngeren Generation steht ein längeres Arbeitsleben bevor, auf das sie entsprechend vorbereitet werden muss. Zugleich gewinnen der Erfahrungsschatz und das Fachwissen älterer Menschen an Bedeutung – und werden als wertvolle Ressource innerhalb des Wertschöpfungsprozesses angesehen. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands hängt in hohem Maße davon ab, wie trotz der schrumpfenden arbeitsfähigen Bevölkerungsschichten Fach- und Führungskräfte nachhaltig gesichert werden. Dies kann nur durch altersgerechte Qualifizierungsmaßnahmen gelingen. Der Maschinen- und Werkzeugmaschinenbau sind bedeutende Wirtschaftsfaktoren Deutschlands. Innovative Fertigungsverfahren und die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt erfordern Weiterbildungs- und Qualifizierungskonzepte, die es den älteren Mitarbeitenden ermöglichen, mit neuen Technologien umzugehen und sich auch in einem höheren Alter noch aktiv und selbstbestimmt in ihr Arbeitsleben einbringen zu können. Das IMP hat sich dieser Aufgabe angenommen und erforscht in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe technikdidaktische und erziehungswissenschaftliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der lebenslangen technischen Bildung.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Haas
Steinbeis-Transferzentrum Institute for Transfer Technologies and Integrated Systems SITIS (Karlsruhe)

Dr. Maja Jeretin-Kopf
Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft Institute of Materials and Processes (IMP) (Karlsruhe)
maja.jeretin-kopf@hs-karlsruhe.de 

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