Die Bestimmung der exakten Schuhgröße spielt besonders bei Kindern eine wichtige Rolle. Denn Fußschäden bei Kindern können auf in der Form und Funktion nicht passende Schuhe zurückgehen. Passende Schuhe bieten dem Fuß genügend Platz, sich unter Belastung auszudehnen ohne am Schuh anzustoßen. Außerdem muss der Schuh in seiner Weite dem Fuß angepasst sein. Das Stralsunder Steinbeis-Transferzentrum Bildverarbeitung und Medizininformatik arbeitet seit mehreren Jahren an innovativen technischen Lösungen für die Schuhindustrie. Die jüngste Entwicklung der Steinbeis-Forscher macht sich die LED-Technologie zunutze und stellt ein innovatives Messsystem für Schuhhandelsfilialen bereit. Dabei kommt ein Tablet-Computer zum Einsatz, der für Bildaufnahme, -analyse, Bestimmung biometrischer Messparameter und Schuhgrößenbestimmung verwendet wird.
Auch bei Erwachsenen ist die Bestimmung biometrischer Eigenschaften des Fußes für die Schuhgrößenbestimmung entscheidend. Zudem ist die direkte Umrechnung von Schuhgrößen in die verschiedenen Größensysteme ohne genaue Kenntnis von Länge und Breite beider Füße mit erheblichen Fehlern behaftet. Da insbesondere Kinder bei der Fußvermessung nicht lange stillhalten können, werden Verfahren mit einem kurzen Messvorgang benötigt. Derartige Messsysteme für Filialen des Schuhhandels müssen daher kostengünstig, praktikabel, zuverlässig und darüber hinaus wartungsarm und leicht bedienbar sein.
Das zum Patent angemeldete neue Steinbeis-Verfahren ist in der Handhabung einfach und robust. Bei der optischen Vermessung steht der Kunde mit beiden Füßen auf einem Leuchtpanel, das aus einer Plexiglasplatte mit seitlich angebrachten LEDs besteht. Je mehr LEDs angebracht sind, desto höher sind die Ausleuchtung und der Kontrast zwischen Fuß und Untergrund, was die Bildanalyse vereinfacht. Das Tablet wird durch eine zweite Person so gehalten, dass beide Füße im Kamerakontrollbild erscheinen. Durch Echtzeitanalyse werden dem Benutzer Kontrollinformationen in Form von graphischen Einblendungen vermittelt, um die Ausrichtung des Tablets zu optimieren und bereits eine erste, grob bestimmte Schuhgröße anzuzeigen. Durch Tippen auf den Touchscreen wird die Aufnahme eines hochaufgelösten Bildes initiiert. Das Bild wird in weniger als einer Sekunde analysiert und die exakte Schuhgröße in verschiedenen Größensystemen angezeigt. Der Algorithmus berücksichtigt dabei Länge und Breite beider Füße. Der gesamte Messvorgang ist in weniger als zehn Sekunden durchführbar und daher wesentlich schneller als herkömmliche mechanische Verfahren.
Problematisch für die Bestimmung metrischer Messdistanzen im aufgenommenen Bild ist die Tatsache, dass sich durch die perspektivische Abbildung des Messraums bei der Bildaufnahme die Größenverhältnisse im Bild mit zunehmendem Abstand von der Kamera verändern. Entscheidend für den Erfolg und die Durchführbarkeit des Verfahrens war die Idee, die Ausrichtung des Tablets in Bezug zum Messraum aus Daten zu bestimmen, die der in den meisten Tablets integrierte gyroskopische Orientierungssensor liefert. So konnte ein neues Verfahren für die Berücksichtigung perspektivischer Abbildungseigenschaften bei der Ausmessung von Bildern entwickelt und die Messgenauigkeit auf besser als 1 mm optimiert werden.
Das Vorhandensein hochauflösender Kameras, schneller Prozessoren und gyroskopischer Orientierungssensoren in Tablets hat neue Perspektiven für die Implementierung intelligenter Algorithmen der optischen Fußvermessung und Schuhgrößenbestimmung eröffnet. Neben diesen technologischen Errungenschaften stellt die Möglichkeit, flache Leuchtpanels mit hoher Leuchtdichte einzusetzen, einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil des neuen Messsystems dar. Podeste beliebiger Größe und Form können verwendet oder das Panel kann in den Boden eingelassen werden. Auch die Ausführung als Selbstvermessungsterminal ist möglich. Hinzu kommt die große Robustheit, bewirkt durch die einfache Bauweise und die Langlebigkeit der LEDs, die bis zu 50.000 Betriebsstunden ohne wesentliche Abnahme der Leuchtkraft beträgt. Da Tablets in Handelsfilialen bereits vielfach als Hilfsmittel eingesetzt werden, sind nicht nur die Wartungs-, sondern auch die Investitionskosten für das Messsystem gering. Entsprechend groß ist das Interesse von Schuhhandelsunternehmen an dem neuen System. Neben dem Patent wurde daher auch ein Gebrauchsmuster beim Deutschen Patentamt angemeldet.
Prof. Dr. Hans-Heino Ehricke
Steinbeis-Transferzentrum Bildverarbeitung und Medizininformatik (Stralsund)
Hans-Heino.Ehricke@stw.de