Was gute Pflege ausmacht

Kriterienkatalog zur Bewertung von Pflegeheimeinrichtungen

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) ist eine Prüfinstanz für die Qualität von Pflegeeinrichtungen. Er arbeitet bei der Zulassung und der Überprüfung der Pflegeheime eng mit den Aufsichtsbehörden zusammen und informiert sie über Erkenntnisse aus den Prüfungen. Im Rahmen einer Qualifizierungsmaßnahme hat Linda Bänisch, Verwaltungsmitarbeiterin des Landes Brandenburg, den Auftrag erhalten, eine weitere Entscheidungshilfe für die Auswahl einer Pflegeeinrichtung zu erstellen. Es sollte ein neuer Kriterienkatalog entwickelt werden, der eine realistische Bewertung eines Pflegeheimes darstellt und von ehrenamtlichen Mitgliedern des regional zuständigen Seniorenbeirats zukünftig zur Prüfung genutzt werden kann. Prof. Dr. Bärbel Held, Leiterin des Steinbeis-Transfer-Instituts Institute of Economics, hat das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Seit 2009 verteilen die Medizinischen Dienste der Krankenkassen Pflegenoten zwischen eins und fünf (Schulnotensystem) an Pflegeeinrichtungen. Sie sollen den Kunden informieren, Transparenz schaffen und die Auswahl eines Pflegeheimes erleichtern. Gleichzeitig sollen sie dazu beitragen, die Qualität in den Einrichtungen zu erhöhen. Die Noten werden nach folgenden Kriterien vergeben: Pflege und medizinische Versorgung, Umgang mit demenzkranken Bewohnern, soziale Betreuung und Alltagsgestaltung, Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene sowie auf Basis einer Befragung der Bewohner.

Was auf den ersten Blick für Verbraucherschutz und Transparenz auf dem Pflegemarkt spricht, löst auf den zweiten Blick Bedenken aus. Immer wieder gibt es Kritik am System der Pflegenoten des MDK, dass die Benotung einen enormen Aufwand für die Einrichtungen bedeuten, für Betroffene aber einen zu geringen Nutzen haben.

Die bundesweite durchschnittliche Gesamtnote liegt für die stationären Einrichtungen bei 1,2. Der Landesdurchschnitt für Brandenburg erreicht sogar die Note 1,1. Die Bewohner von Pflegeheimen gaben den Einrichtungen, in denen sie betreut werden, Bestnoten. Die Pflegenoten der verschiedenen Einrichtungen sind sehr gut und unterscheiden sich kaum voneinander. Somit stellen sie für die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen keine Entscheidungshilfe für die Auswahl eines Pflegeheimes dar.

Die notwendige Weiterentwicklung der Pflegenotensystematik scheint unumstritten. Problematisch ist, dass die Noten nicht genügend zwischen den Einrichtungen unterscheiden und damit ihre Informationsfunktion gegenüber den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen nicht erfüllen. Dies zeigt auch eine Auswertung von insgesamt 10.323 Datensätzen, die der Informationsplattform des Verbandes der Ersatzkassen e. V. für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen entnommen wurden. Bärbel Held und Linda Bänisch hatten daher zum Ziel, eine weitere Entscheidungshilfe für die Auswahl einer Pflegeeinrichtung zu erstellen und diese in die Praxis zu überführen.

Die neue Entscheidungshilfe entstand in Form einer Nutzwertanalyse. Mit dem Scoring-Modell sollen die Prioritäten der am Verfahren Beteiligten (Stakeholder) bestimmt werden. Das Prinzip der Stakeholder versucht das Unternehmen in seinem gesamten sozialökologischen Kontext zu erfassen und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen. Im neuen Kriterienkatalog werden speziell die Interessen der Pflegeheimbewohner und der Pflegekräfte berücksichtigt.

Das Hauptziel des Kriterienkatalogs ist die realistische Abbildung der Qualität einer Pflegeeinrichtung. Dazu wurden entsprechende Zielkriterien (Oberziele) zugeordnet. Die Zielkriterien der Pflegeheimbewohner und der Pflegekräfte waren durch ein Brainstorming zusammengetragen und zu entsprechenden Fragebögen erfasst worden. Linda Bänisch achtete dabei darauf, dass die Zielkriterien Standard für eine optimale Pflege und Betreuung in einer Pflegeeinrichtung sind und die Interessen der Bewohner und Mitarbeiter eines Altenheims berücksichtigten.

Jedes Zielkriterium wurde nun mit Fragen angereichert, um die anschließende Bewertung der Pflegeheimbewohner und Mitarbeiter zu erleichtern. So beispielsweise für das Kriterium Pflege: Werden Sie ausreichend von einer Pflegekraft umsorgt? Hat die Pflegekraft genug Zeit für Sie bei der Körperpflege? Wird mit Ihnen der Zeitpunkt von Pflegemaßnahmen abgestimmt? Ist eine Pflegekraft zeitnah für Sie verfügbar?

Sowohl die Pflegeheimbewohner als auch die Pflegekräfte wurden in verschiedenen Einrichtungen befragt und in das Scoring-Modell überführt. Im Ergebnis zeigte sich dann ein sehr differenziertes Bild zur Qualität der Pflegeheime, keines der analysierten Heime wurde danach mit einem „sehr gut“ bewertet.

Die neue Bewertungsmethode enthält einen Kriterienkatalog, der eine realistischere Bewertung eines Pflegeheimes zulässt, so dass nun neben dem MDK-Transparenzbericht eine weitere Entscheidungshilfe für die Auswahl einer Pflegeeinrichtung für Brandenburg zur Verfügung steht. Der Kriterienkatalog zeigt die Qualität der Pflegeheime aus der Nutzerperspektive und ermöglicht eine verständliche, wirklichkeitsnahe Darstellung.

Linda Bänisch hat das Scoring-Modell in Excel überführt. Der Seniorenbeirat kann nun in der Anwendung geschult werden. Der ehrenamtlich tätige Seniorenbeirat kann nun nach einer Einarbeitungszeit von rund zwölf Wochen und mit Unterstützung von Sozialpädagogen und der Aufsicht für unterstützende Wohnformen des LASV, Pflegebewohner und Pflegekräfte mit den vorgefertigten Fragebögen befragen und die Ergebnisse in die Nutzwertanalyse eintragen.

Kontakt

Prof. Dr. Bärbel Held
Steinbeis-Transfer-Institut Institute of Economics (Berlin/Dresden)

Linda Bänisch

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