Lässt sich Reibung steuern?

Neuartige Mikroarchitekturen durch Laserstrukturierung

Reibung spielt in vielen Bereichen des Alltags eine wichtige Rolle. Überall, wo sich Oberflächen gegeneinander bewegen, treten Reibung und Verschleiß auf. Die jährlich durch die beiden Effekte entstehenden Schäden für die Volkswirtschaft dürften allein in der Bundesrepublik in die Milliarden Euro gehen. Insbesondere in der Automobiltechnologie wird viel Energie in Form von Reibung verschenkt. Bei einem Dieselmotor werden beispielsweise nur maximal 30 Prozent des Kraftstoffes direkt in Antriebsenergie umgesetzt. Das Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS) befasst sich mit der kontrollierten Steuerung der Reibung.

Diese Steuerung ist in vielen Anwendungen von enormer Bedeutung. Oft steht die Reduzierung von Reibung im Vordergrund, aber auch die Erhöhung kann beispielsweise bei der Entwicklung von neuen Brems- und Kupplungssystemen erwünscht sein.

Zur Minimierung von Reibung sind in den vergangenen Jahrzehnten bereits zahlreiche Methoden für den Fall trockener und ge- schmierter Reibungssituationen entwickelt worden. Diese reichen von mechanischen Verfahren, wie dem Honen, lithographischen Methoden beispielsweise der UV-Lithographie, der Erzeugung von Hochleistungsbeschichtungen wie DLC Schichten bis hin zur Anwendung von Oberflächenstrukturierungsverfahren. Besonders laserstrukturierte Oberflächen scheinen vielversprechende Kandidaten für tribologische Anwendungen unter trockenen und geschmierten Bedingungen zu sein.

Das Werkzeug Laser zeichnet sich vor allem durch die hohen Prozessgeschwindigkeiten, die saubere Prozessführung sowie seine universelle Einsetzbarkeit für verschiedene Materialoberflächen aus. Das Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS) hat auf dieser Grund- lage ein neuartiges Verfahren entwickelt, mit dem Materialoberflächen nahezu maßgeschneidert werden können. Bei dem Verfahren der Laserinterferenzstrukturierung werden mehrere Laserstrahlen auf der Oberfläche des Werkstücks zur Überlagerung (Interferenz) gebracht. Zeitgleich können dort auf einer Fläche von mehreren Quadratzentimetern geometrisch präzise Mikroarchitekturen erzeugt werden.

Die Energie des Lasers wird dabei nur sehr lokal eingebracht. Auf weniger als einem Zehntel der menschlichen Haaresbreite kann dadurch beispielsweise Wolfram mit einem Schmelzpunkt von fast 3500 °C geschmolzen werden. Wenige Tausendstel Millimeter weiter bleibt das benachbarte Material nahezu unverändert. Der Laser gibt dabei seine gesamte Energie in wenigen Millionstel Sekunden an das Material ab. Dadurch lässt sich sowohl die innere Struktur des Materials als auch die Topographie seiner Oberfläche gezielt modifizieren, wodurch sich Reib- und Verschleißeigenschaften sehr exakt einstellen lassen.

Besonders eindrucksvoll zeigt sich die Effizienz dieser Lösung im Falle von ölgeschmierten Systemen. Die winzigen laserinduzierten Vertiefungen wirken als Schmierstoffreserven und sorgen für ausgezeichnete Notlaufeigenschaften bei Mangelschmierung. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes erarbeitet das MECS die notwendigen Grundlagen zum Verständnis dieser Effekte und überprüft sie in praxisrelevanten Systemen.

Ausgestattet mit einer Vielzahl von Laserquellen, die ihre Energie teilweise in noch kürzeren Zeiteinheiten abgeben, sowie den notwendigen Charakterisierungstechniken zur detaillierten Untersuchung der Materialoberfläche und der inneren Struktur der eingesetzten Werkstoffe können somit vielfältige Fragestellungen am Saarbrücker Steinbeis-Forschungszentrum bearbeitet werden.

Der besondere Anwendungsvorteil des Verfahrens der Laserinterferenz liegt letzten Endes in der hohen Geschwindigkeit, mit der makroskopische Flächen präzise mikro-/nanostrukturiert werden können. Dies erlaubt zudem eine gute Integration in Produktionsabläufe. Die wohl definierte Wechselwirkung der hochintensiven Laserpulse mit den verschiedenen Materialklassen ist ein weiterer Vorteil. Schließlich bietet die Technologie aufgrund ihrer hohen Flexibilität die Möglichkeit, ein breites Spektrum an geometrisch exakt periodischen Strukturen zu erzeugen und damit an der richtigen Stelle die richtige Eigenschaft einzustellen.

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