Vielfalt nutzen: Diversity in der Ausbildung

SHB-Studierende entwickelt Aspekte eines Diversity Managements

Eine zunehmende Globalisierung, die demographische Entwicklung mit einer immer älter werdenden, aber insgesamt schrumpfenden Gesellschaft sowie der Wertewandel sind äußere Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinflussen können. Mit diesen Aspekten hat sich auch die Tognum AG, die größte Tochtergesellschaft der MTU Friedrichshafen GmbH, konfrontiert gesehen. Yumiko Mathias hat im Rahmen ihres Bachelor-Studiums an der School of Management and Technology (SCMT) der Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB) untersucht, wie mit Diversity in der Ausbildung als Teil eines strategischen Diversity Managements eine möglichst heterogene Belegschaftsstruktur erreicht werden kann, die die Folgen der demographischen Entwicklung abmildern und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens positiv beeinflussen kann.

Die Vorteile, die aus dem Diversity-Konzept für die Tognum AG resultieren können, sind daneben eine Erhöhung der Flexibilität, die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit und die Stärkung des Unternehmens- bzw. des Arbeitgeberimages. Yumiko Mathias hatte zu Beginn ihres Projekts drei Ziele definiert: Zum einen sollte eine Erhebung unter Auszubildenden und Ausbildern Aufschluss darüber geben, wie sich Minderheiten in der Mehrheit fühlen und ob es beispielsweise eine Ungleichbehandlung von Minderheiten in der Ausbildung gibt. Dabei legte Yumiko Mathias das Hauptaugenmerk auf die zwei Diversity-Merkmale „Geschlecht“ (Mädchen in technischen Berufen) und „ethnische Herkunft“ (Auszubildende und Studierende der DHBW mit Migrationshintergrund), da diese Personengruppen in der Ausbildung als Minderheit vertreten sind. Als zweites sollten durch die Erhebung Verbesserungspotenziale identifiziert werden, vor allem in Hinsicht auf die Vielfalt. Drittes Ziel war es, das Thema Diversity bei den Ausbildern zu platzieren und ein gemeinsames Bewusstsein zu schaffen.

Als Erhebungsmethode wählte Yumiko Mathias bei der Befragung der Auszubildenden eine Fokusgruppenbefragung. Bei der Ausbildererhebung fiel die Entscheidung auf ein strukturiertes Interview. Den umfangreichsten Teil des Projekts bildete jedoch die Auswertung aller Erhebungen. Der Vergleich beider Perspektivengruppen war dabei sehr aufschlussreich, ebenso die Bezugnahme zu einigen Erkenntnissen aus der aktuellen Forschung. Bei der Fokusgruppe „Mädchen“ wurde deutlich, dass es durchaus Situationen gab, bei denen Mädchen mit Vorurteilen hinsichtlich ihrer Berufswahl konfrontiert wurden; es gab nach deren Aussage aber auch teilweise eine Ungleichbehandlung in Form von Bevorzugung oder Benachteiligung. Als ein Grund für ihre Sonderstellung wurde das Stereotypendenken in Bezug auf traditionelle Geschlechterrollen durch die entsprechenden Personen vermutet. Sowohl die Anwesenheit anderer Mädchen in der Ausbildungsgruppe als auch von Frauen in technischen Fachbereichen wurden von den Teilnehmerinnen positiv wahrgenommen. Wichtig war aus Sicht der Befragten außerdem, das Technikinteresse der weiblichen Zielgruppe bereits im frühen Alter – und nicht erst unmittelbar vor der Berufsentscheidung – zu fördern.

Darüber hinaus brachten die Befragten zahlreiche Anregungen und Verbesserungsmöglichkeiten ein, die die Bewerber- und Ausbildungssituation zum Teil mit sehr einfachen Mitteln optimieren können. Diese Ideen konnte Yumiko Mathias direkt in den Maßnahmenkatalog aufnehmen, während aus anderen Aussagen die Handlungsempfehlungen im Rahmen eines Workshops abgeleitet wurden. Insbesondere ging es darum, ein Bewusstsein bei den Ausbildern zu schaffen und sie hinsichtlich ihrer Einstellung und ihres Verhaltens gegenüber den weiblichen Auszubildenden zu sensibilisieren.

Bei der Fokusgruppe „Auszubildende bzw. Studierende mit Migrationshintergrund“ wurden von den Befragten ebenfalls Vorurteile und Ungleichbehandlung thematisiert, besonders häufig wurde jedoch der Aspekt „Sprache“ genannt. Einerseits wurden unzureichende Deutschkenntnisse als Schwierigkeit während der Ausbildung genannt. Andererseits wurde die wegen des Migrationshintergrunds häufige Mehrsprachigkeit der Auszubildenden als besondere Eigenschaft gesehen, die nutzbringend für das Unternehmen eingesetzt werden kann. Das Thema Religion wurde lediglich von den Ausbildern angesprochen. An diesem wie auch an anderen Beispielen wurde deutlich, dass Selbstbild und Fremdbild in vielen Fällen nicht übereinstimmten, denn im Gegensatz zu Dritten wurde der Migrationshintergrund bei den Betroffenen selbst kaum betont. Vielmehr sahen sie sich als Teil der deutschen Gesellschaft. Yumiko Mathias‘ Handlungsempfehlungen sahen unter anderem vor, den Auszubildenden bei Sprachproblemen Unterstützung anzubieten und sie bei Interesse gezielt in Bereichen einzusetzen, in denen sie ihre sprachlichen sowie interkulturellen Fähigkeiten einbringen können. Auch bei dieser Fokusgruppe war das geschärfte Bewusstsein bei den Ausbildern ein Hauptanliegen, ebenso das Thema weder überzubewerten noch zu ignorieren.

Yumiko Mathias‘ Resumee ihres Projektes kann sich sehen lassen: Alle drei zuvor gesetzten Ziele hat sie erreicht. Daneben hatte sie im Laufe ihrer Arbeit festgestellt, dass das Geschlecht bei der Fokusgruppe „Mädchen“ eine Rolle im Hinblick auf eine technische Ausbildung spielte, während das beim „Migrationshintergrund“ der anderen Fokusgruppe weniger der Fall zu sein schien. Der Projekterfolg zeigt sich aber auch darin, dass die Erhebungsergebnisse zwischenzeitlich in der Ausbildungsstrategie des Auftraggebers verwertet wurden. Um eine nachhaltige Bewusstseinsbildung bei den Ausbildern zu erreichen, wird über die Möglichkeit nachgedacht, einen externen Referenten für einen Impulsvortrag einzuladen. Darüber hinaus ist eine weitere Erhebung im Folgejahr geplant, um zu überprüfen, welche Maßnahmen bereits umgesetzt wurden, und damit zum anderen das Thema erneut aufgegriffen werden kann, um eine langfristige Wirkung zu erzielen.

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