Von der Weisheit der Vielen

SHB-Forschungsprojekt zur kollektiven Intelligenz

Die „Kollektive Intelligenz“ ist in aller Munde. Wissenschaftliche Klarheit darüber, ob Prognosen auf der Grundlage kollektiver Verfahren zu Ergebnissen führen, die man als intelligent (respektive kollektiv intelligent) bezeichnen kann, liegen bis dato jedoch nicht vor. Zwar gibt es viele Beispiele, in denen Gruppen von Menschen beachtliche Prognosen erzielt haben, indem sie ihre individuellen Prognosen arithmetisch gemittelt haben. Bisher unbeantwortet sind aber die Fragen, unter welchen Bedingungen man darauf vertrauen kann, dass Gruppen gut prognostizieren und wann dies nicht zu erwarten ist. Das Institut für Organisations-Management (IOM) an der Steinbeis-Hochschule Berlin hat im Juli ein Forschungsprojekt zur empirischen Untersuchung kollektiver Intelligenz gestartet.

Das Projekt mit dem Namen Knowledge- Cloud erhebt über einen Zeitraum von zwei Jahren zahlreiche Prognosen aus der Welt der Medien und der Kultur. Die Prognosen entstehen unter Beteiligung möglichst vieler Menschen. Die Teilnehmer müssen dabei keine Experten im jeweiligen Prognosethema sein, denn es soll ja genau die Frage untersucht werden, ob kollektive Intelligenz entsteht, wenn sich viele Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrundwissen beteiligen.

Die erste Prognose der KnowledgeCloud wurde Ende August abgeschlossen. Dort ging es um die Frage, welche Marktanteile die Betriebssysteme von Smartphones im 1. Quartal 2012 haben werden. Das Ergebnis: Mitte 2012 kann beurteilt werden, wie gut die „Vielen“ – es haben 170 Personen teilgenommen – prognostiziert haben und welche ersten Tendenzen für das Vorhandensein, das Entstehen oder das Ausbleiben kollektiver Intelligenz erkennbar werden. Im Oktober 2011 beginnt nun die zweite Prognose. Bis Ende Oktober können alle, die sich beteiligen wollen, im Internet ihre Prognose zu folgender Frage abgeben:
Wie groß wird der Umsatz mit E-Books auf dem deutschen Markt für Belletristik im Jahr 2012 sein?

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels prognostiziert, basierend auf Umsätzen von 20 Mio. Euro in 2010 und einer Prognose von 68 Mio. Euro für 2011, einen Umsatz von 137 Mio. Euro für 2012. Die Frage, die das IOM nun mit der KnowledgeCloud beantworten will, lautet: kann die Masse das besser schätzen?

Die Forscher des IOM verfolgen bei allen Experimenten ausschließlich kurz- bis mittelfristige Prognosen, zu denen aktuelle Ist- Daten und ggf. auch andere Prognosen erhältlich sind. Wenn über einen Zeitraum von zwei Jahren zahlreiche solcher Experimente durchgeführt werden, dann werden sich daraus Trends für die Leistungsfähigkeit kollektiver Intelligenz für diese Art von Prognosen ableiten lassen. Wichtig für die Ableitung dieser Trends ist auch, dass die Teilnehmer neben ihrer Prognose auch Angaben zu ihrer Vertrautheit mit dem Prognosethema beantworten. Damit soll geklärt werden, welches Maß an Vertrautheit dazu beiträgt, dass Prognosen besser oder schlechter werden. So werden in der eBook-Prognose die Teilnehmer gefragt, ob sie selbst schon eBooks gekauft oder gelesen haben. Damit kann das IOM später auswerten, ob die Prognosen der Teilnehmer mit eBook-Erfahrung besser, gleich oder schlechter sind als die Prognosen der Teilnehmer ohne eBook-Erfahrung.

Die KnowledgeCloud generiert auf diese Weise in den kommenden Jahren kontinuierlich verschiedene Arten von Ergebnissen:

  • Wie genau waren die Prognosen der KnowledgeCloud – absolut und im Vergleich zu anderen ggf. vorhandenen Prognosen?
  • Welche Rolle spielte die Vertrautheit mit den Prognosethemen für die entstandene Prognosegenauigkeit?
  • Und im Rahmen des KnowledgeCloud-Rankings: Welche Teilnehmer haben in den abgeschlossenen Prognosen am besten prognostiziert?

Die Zwischen- und Endergebnisse der KnowledgeCloud werden laufend auf der Website des IOM veröffentlicht. Auch über Facebook und Twitter kann jeder Interessierte den Kontakt zur KnowledgeCloud halten.

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