Forschungsakteure und KMU im Dialog

KMU-Verbände vertiefen Kontakte zu Europäischen Technologieplattformen

KMU-Netzwerke und Verbände nehmen bereits Einfluss auf die Akteure der europäischen Politik, dennoch sind die Möglichkeiten, die tatsächlichen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zum Ausdruck zu bringen und an der Gestaltung politischer Maßnahmen teilzunehmen, begrenzt. Nur eine geringe Anzahl an KMU-Verbänden gestaltet bisher die Europäischen Technologieplattformen mit. Dies nahm das Steinbeis-Europa-Zentrum zum Anlass, das EU-Projekt PRESTO ins Leben zu rufen. Ziel ist es, KMU und KMU-Verbände stärker an der Bestimmung europäischer Forschungsprioritäten zu beteiligen.

Mit dem EU-Projekt PRESTO unterstützt das Steinbeis-Europa-Zentrum als Projektkoordinator den Dialog zwischen Europäischen Technologieplattformen (ETP) und kleinen und mittelständischen Unternehmensverbänden im Bau- und Konstruktionsbereich. Hierbei spielen vor allem Energie- und IKTTechnologien sowie neue Materialien eine Schlüsselrolle. Das Projekt wird von der EU bis Ende 2009 mit über 556 000 Euro gefördert. Partner aus Deutschland, Spanien, Polen, Großbritannien und Italien wirken mit.

Im ersten Schritt wurden acht relevante KMU-Verbände der Bau und Konstruktionsbranche identifiziert, die zu einer Kooperation im Rahmen des Projektes bereit sind. Darunter findet sich der Dachverband Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden- Württemberg mit acht weiteren Mitgliedsverbänden und die Deutsche Gesellschaft für Holzforschung mit Sitz in Bayern. Insgesamt kooperieren in PRESTO acht KMUVerbände aus verschiedenen europäischen Ländern. Mit den Verbänden und ihren KMU führte das PRESTO-Konsortium eine Stärken-Schwächen-Analyse von Unternehmen in den Bereichen neue Materialien, vor allem Holz, IKT und Energieeffizienz durch. Dabei wurden spezifische Forschungs- und Entwicklungsprioritäten der KMU-Verbände und ihrer Mitglieder identifiziert und von einer Expertengruppe evaluiert.

Die Befragung ergab, dass 54 Prozent der KMU selbst forschen oder beabsichtigen eine Forschungsabteilung aufzubauen. Die Mehrzahl der KMU spricht neuen Technologien und Forschungsergebnissen eine hohe Relevanz zu, ein Drittel bezeichnet sich selbst als innovativ. Sowohl KMU als auch Verbände betrachten die Kooperation mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen als einen Schlüsselfaktor.

Die Analyse deckte aber auch Schwächen auf: Die Bau- und Konstruktionsbranche ist im Vergleich mit anderen Branchen weder sehr dynamisch noch offen für Innovationen. KMU planen in der Regel kurzfristig und verfolgen schnelle Problemlösungen aber keine langfristigen Strategien bezüglich Forschung und Entwicklung. Sie besitzen nicht das Wissen, um für sie relevante Technologien zu identifizieren und einzusetzen. Darüber hinaus besteht ein Informationsdefizit über mögliche Fördermittel. Obwohl die Mehrzahl der KMU Innovation für wichtig erachtet, planen sie keine Zeit dafür ein. Erschwerend kommt hinzu, dass Verbände das Innovationspotenzial ihrer Mitglieder häufig unterschätzen. Umgekehrt konsultieren KMU nicht immer ihren Verband um an innovative Lösungen zu gelangen.

Eine positive Tendenz ist dennoch klar zu erkennen: KMU wollen zunehmend an Forschungsaktivitäten partizipieren und dies umso mehr, je größer sie sind oder je stärker sie wachsen. Innovation wird positiv und als imageprägend bewertet. Die Notwendigkeit intensiver mit Forschungspartnern, Clustern, Technologietransfereinrichtungen und anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten wird erkannt.

Parallel hierzu nahmen die Projektpartner Kontakt mit sechs Europäischen Technologieplattformen auf und befragten deren Vertreter bezüglich ihrer Erwartungen und Anforderungen an die KMU in Europa. Zugleich wurden diese über die Ergebnisse der KMU-Befragung informiert. Die Plattformen bewerten die Partizipation von Verbänden als zu gering und zeigen ein großes Interesse an der Mitwirkung sowohl von KMU-Verbänden als auch von KMU. Als wünschenswert erachten sie eine stärkere strategische Mitarbeit an den jeweiligen Forschungsagenden der Plattformen und eine höhere Beteiligung an gemeinsamen EU-Forschungsprojekten. Die Praxis zeigt, dass es Sprach- und Verständnisbarrieren gibt, die einer Kooperation eher im Wege stehen.

Das Steinbeis-Europa-Zentrum und die Partner von PRESTO erarbeiten nun eine Strategie für einen nachhaltigen Dialog mit den Technologieplattformen. Ziel ist es, den Einfluss von KMU in den Entscheidungsorganen der Plattformen zu erhöhen und ihnen dadurch auch eine Mitsprachemöglichkeit in der Formulierung der strategischen FuE-Prioritäten einzuräumen. Im Oktober 2009 werden Vertreter der Europäischen Kommission, der Technologieplattformen und KMU-Verbände in Bilbao zusammentreffen und über weitere Maßnahmen entscheiden. Zusätzliche Möglichkeiten einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Europäischen Technologieplattformen, KMU und KMU-Verbänden bieten sich über die gemeinsame Durchführung von EU-Projekten, über Gespräche bei Kooperationsbörsen und Workshops. Das Steinbeis-Europa-Zentrum ist hier in vielfältigen Richtungen unterwegs; einerseits über den steten Dialog mit den baden-württembergischen KMU und Akteuren aus Politik und Forschung; andererseits als Experte in unterschiedlichen Gremien der EU zum Thema Technologietransfer, Clusterentwicklung und Forschungs- und Innovationspolitik.

Kontakt

Prof. Dr. Norbert Höptner
Dr. rer. nat. Jonathan Loeffler
Eduardo Herrmann

Steinbeis-Europa-Zentrum (Stuttgart/Karlsruhe)
su2017@stw.de

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