Innovationsschub für den Klimaschutz

Forschungsprojekt ermittelt Standort für Photovoltaikanlagen

Die Sonne liefert 10.000 mal mehr Energie auf die Erde, als Menschen derzeit verbrauchen. Martina Klärle, Leiterin des Steinbeis Transferzentrums für Geoinformations- und Landmanagement in Weikersheim, entwickelte gemeinsam mit einem Forscherteam an der Fachhochschule Osnabrück eine Methodik zur Berechnung dieses Solarenergiepotenzials. Dadurch sind in der Praxis Standortanalysen für Photovoltaikanlagen auf der Basis von Laserscannerdaten möglich.

Das aktuelle Forschungsprojekt SUN-AREA befasst sich nun mit der Frage, wie die Nutzung der Sonnenenergie durch Photovoltaikanlagen auf Dachflächen optimiert werden kann. Ziel ist, mit vorhandenen Laserscannerdaten flächendeckend optimale Standorte für Photovoltaik-Anlagen zur Gewinnung von Solarenergie zu finden.

Möglich wird dies durch die Entwicklung einer computergestützten Analysemethode, die die Form, Neigung, Ausrichtung und Verschattung jeder Dachfläche mittels geographischem Informationssystem ermittelt. Das daraus resultierende Energiepotenzial großer Regionen wird verlässlich berechnet. Pilotregion ist die Stadt Osnabrück mit 120 km².

SUN-AREA zeichnet sich durch die Nutzung ausschließlich bereits vorhandener Daten (Höhe = Laserscannerdaten, Lage = Automatisierte Liegenschaftskarte) aus. Das Forschungsprojekt stellt damit ein Glied der Wertschöpfungskette zur wirtschaftlichen Nutzung hochauflösender Laserscannerdaten dar. Diese Daten werden über eine Befliegung erfasst. Dabei werden Spezialflugzeuge eingesetzt, an deren Rumpf ein Sensor angebracht ist, der das gesamte Gelände hochauflösend scannt.

Die Berechnung des Digitalen Oberflächen-Modells (DOM) sowie die Modellierung der Dachflächen erfolgt mittels Laserscannerdaten. Die unregelmäßig verteilten Höhendaten bestehen aus x-y-Koordinaten und einem Höhenwert. Die Punktdichte der Laserscannerdaten liegt bei rund 4 Punkte pro m² mit einer Höhengenauigkeit von etwa 0,15 m. Mehrfachreflexionen der Lichtimpulse („first pulse“ und „last pulse“) lassen eine Klassifizierung der Punktwolke in Bodenpunkte sowie Höhenpunkte (Vegetation und Gebäude) zu. Aufgrund des hohen Detaillierungsgrades sowie der großflächigen Erfassung von Laserscannerdaten sind erstmals kleinräumige Analysen möglich. Für eine Reihe von Bundesländern wie beispielsweise Baden-Württemberg liegen die hochgenauen dreidimensionalen Flugzeugscannerdaten bereits flächendeckend vor. In absehbarer Zeit werden sie für das gesamte Bundesgebiet erfasst sein.

SUN-AREA ermöglicht die Beurteilung ob, wie stark und in welcher Form Gebäude und Anlagen für Photovoltaikanlagen geeignet sind. Für die Pilotregion wurde mittels geographischem Informationssystem ein Regelwerk erarbeitet, das die Eignung von Dachflächen für Photovoltaikanlagen untersucht. Über eine vollautomatische Algorithmenabfolge aus Raster- und Vektor-Funktionen werden von jeder Dachfläche Größe, Form, Neigung, Ausrichtung und Verschattung ermittelt. Eine abschließende Verschneidung der Einzelergebnisse bildet die Datengrundlage, um beispielsweise das Energiepotenzial eines gesamten Stadtgebiets und jedes einzelnen Gebäudes zu errechnen.

In der ersten Phase des Projektes wurden Algorithmen zur Berechnung der Standortfaktoren Neigung, Exposition und Flächengröße entwickelt. Die zweite Phase beschäftigt sich mit der Verschattungsanalyse. Die Ausrichtung des Daches ist maßgeblich für die Nutzung der Globalstrahlung. Eine nach Süden exponierte Dachfläche nutzt die Energie bis zu 100 Prozent. Aber auch ein nach Osten oder Westen ausgerichtetes Dach besitzt eine Energieausbeute von bis zu 80 Prozent.

Die Größe des Solarertrags hängt stark vom Einfallswinkel der Sonne auf die Kollektorfläche ab. Das Maximum wird bei einem Sonneneinfallswinkel von 90° erzielt. Daher variiert der Solarertrag, der auf eine geneigte Dachfläche im Jahresgang auftrifft. Um einen guten Jahresertrag zu erzielen liegt das Optimum der Dachneigung bei 30° bis 45°. Eine Abweichung bis hin zu einem Flachdach oder zu einem 70° geneigten Dach bewirkt eine Ertragsminderung von bis zu 20 Prozent.

Durch die gute Höhen- und Lagegenauigkeit der Laserscannerdaten ist es möglich, in Abhängigkeit von der Tages- und Jahreszeit sowie der geographischen Breite des Untersuchungsgebietes die Verschattung jeder Dachfläche zu ermitteln. Die direkte Sonneneinstrahlung wird aus der Winkeldifferenz zwischen einfallendem Lichtstrahl und dem Polygonnormal der Dachteil- und Geländefläche errechnet. Zur Ermittlung der schattigen Bereiche wird die Polygonfläche gerastert. Für jede Rasterzelle wird dann geprüft, ob sie verschattet ist.

In die Berechnung des mittleren jährlichen Solarenergiepotenzials in kWh geht der Wirkungsgrad der Module, die Flächengröße der Anlage in m², die mittlere jährliche Globalstrahlung sowie die Verschattung, Dachneigung und -ausrichtung ein. Die Einzelergebnisse werden durch Verschneidung zu einer Ergebniskarte zusammengefasst. Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist die Standortwahl für Photovoltaikanlagen von entscheidender Bedeutung. Standortfaktoren wie Neigung, Exposition sowie das Solareinstrahlpotenzial und die Dachflächengröße sind entscheidende Faktoren für den erfolgreichen Betrieb von photovoltaischen Anlagen. Nur durch die Berücksichtigung dieser Faktoren kann das Solarenergiepotenzial im urbanen Bereich maximiert werden.

Die Methodik wurde zunächst für fünf bis zu 1 km² große Testgebiete in der Region Osnabrück mittels herkömmlicher geographischer Informationssysteme erprobt. Ein Ziel des Forschungsprojektes ist es, nach der Übertragung des SUN-AREA-Regelwerks auf einzelne Kommunen, es flächendeckend für große Gebiete, Landkreise bis hin zu gesamten Bundesländern nutzbar zu machen.

Für ein Testgebiet konnte das Solarenergiepotenzial ermittelt werden. Über die Fläche von 1 km² mit insgesamt 933 Gebäuden und bei einem Durchschnittsverbrauch von 1.500 kWh/a pro Person ergibt sich ein Solarenergiepotenzial von rund 3 GWh durch Photovoltaik-Anlagen auf optimal geeigneten Dachflächen und ein potenzielles Investitionsvolumen von rund 15 Millionen Euro. Davon könnte der Energiebedarf für circa 2.115 Personen/Jahr oder 48 Prozent der im Testgebiet lebenden Bevölkerung gewonnen werden.

Um die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist eine Internet-Präsentation geplant. Für die Pilotregion Osnabrück wird die Präsentation über ein geographisches Informationssystem im Internet realisiert. Ähnlich wie bei den bekannten Internet-Kartensystemen kann sich der Nutzer an eine bestimmte Stelle einer Karte führen lassen und dort einzelne Gebäude, ganze Straßenzüge oder auch komplette Kommunen ins Kartenfester laden. Nutzer sollen neben der öffentlichen Hand alle Bürger und Gebäudeeigentümer sein, wie auch potenzielle Wirtschaftszweige der Solar/Photovoltaik-Industrie und des Handels in dieser Branche.

Das große Interesse einer Reihe von Kommunen und Landkreise für die Umsetzung der SUN-AREA-Methode zeigt wie wichtig es der öffentlichen Hand ist, einerseits das Energiepotenzial verlässlich zu berechnen. Andererseits wird auch der Bedarf an aussagekräftigem Kartenmaterial deutlich. Die Praxis wird zeigen, inwiefern die SUN-AREA Methode Einfluss auf eine bessere und vor allem wirtschaftlichere Verbreitung von Photovoltaik- und Solaranlagen im Bundesgebiet nehmen kann.

Seite teilen