Usability Engineering für mobile Unternehmenssoftware

Steinbeis-Experten bauen Kompetenzzentrum auf

Mobile Geräte erfreuen sich im Konsumer-Bereich und in Unternehmen bereits großer Beliebtheit. Ein relevantes Kriterium für die Verwendung von Anwendungen, neudeutsch Apps, auf diesen Geräten ist die Usability. Wenn Anwendungen nicht gebrauchstauglich sind, werden sie nicht benutzt und gerade im betrieblichen Einsatz können die erhofften Effizienz- und Effektivitätssteigerungen nicht realisiert werden. Die Entwicklung von Applikationen ist aber gerade für KMU schwierig, da existierende methodische Ansätze „oversized“ sind. Im Rahmen des BMWi-geförderten Forschungsprojekts „Kompetenznetzwerk Usability Engineering für Mobile Unternehmenssoftware von KMU für KMU“ (KMUsability) wird eine KMU-taugliche Entwicklungsmethode erarbeitet, die mobile Softwareentwicklung nicht als rein technische Disziplin betrachtet, sondern Usability Engineering integriert. Das Steinbeis-Transferzentrum Usability und Innovative Interaktive Systeme zur Informationslogistik (UIIS) baut im Rahmen des Projekts ein Kompetenzzentrum im Bereich Usability Engineering für Mobile Unternehmenssoftware in Karlsruhe auf und bringt durch seine Experten 15 Jahre Erfahrung in diesem Bereich in das Projekt ein.

Weder aktuelle Software Engineering-Methoden noch aktuelle Ansätze des Usability Engineerings sind zur Umsetzung von gebrauchstauglichen mobilen Lösungen durch KMU geeignet. Nötig sind folglich KMU-taugliche Vorgehen mit „pragmatischen“ Templates und kleine nützliche Informationsdienste, die das Usability Engineering wirksam unterstützen. Mobile Unternehmenssoftware-Systeme erweisen sich zunehmend auch bei klein- und mittelständischen Unternehmen als geeignetes Mittel, um den Außendienst in die betriebliche Informationslogistik einzubinden.

Durch die Anwendung der im Projekt KMUsability entwickelten Methode sollen konkurrenzfähige und benutzerfreundliche mobile Produkte entstehen, die sowohl den Herstellern als auch den Anwender-KMU wirtschaftliche Vorteile bringen. Das Projekt KMUsability ist Teil des Förderschwerpunkts Mittelstand-Digital, der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie initiiert wurde, um die Entwicklung und breitenwirksame Nutzung von IKT-Anwendungen in KMU und Handwerk voranzutreiben.

Hinsichtlich ihrer Gebrauchstauglichkeit haben mobile Softwaresysteme Besonderheiten, die in der Vergangenheit für das Scheitern vieler solcher Projekte verantwortlich waren. Um eine optimale „Ease of Use“ zu erreichen, muss die entwickelte mobile Software auf eine „minimale Ablenkung“ optimiert werden. Dies kann nur durch eine aktive Beteiligung der Nutzer und das möglichst frühe Einbringen der Lösung bzw. erstellter Prototypen in die Realsituation erreicht werden. Um die „Wissenskluft“ zwischen Entwickler (kennt die technischen Möglichkeiten) und Anwender (kennt die fachlichen Anforderungen) zu durchbrechen, kommen nur iterative Verfahren in Betracht. Erste Prototypen werden dabei genutzt, um auch nicht-technikaffinen Nutzern den Blick für das sich ergebende Potential zu öffnen und damit deren Kreativität anzuregen. Gleichzeitig müssen aus der Domäne des Nutzers bereits bekannte Interaktionskonzepte aufgenommen werden, um hier zielgerichtet Metaphern für die gebrauchstaugliche mobile Lösung ableiten zu können. Die Interaktionskonzepte der unterschiedlichen Plattformen resultieren für den Benutzer in einer plattformabhängigen „User Experience“. Um hier ein hohes Maß an Erwartungskonformität zu erreichen, muss den Entwicklern von mobilen Systemen diese User Experience, auch im Vergleich mit anderen Plattformen, zugänglich gemacht werden. Anderenfalls resultieren Entwicklungsprojekte in Applikationen, die technisch funktionieren, aber weder das Potenzial einer Plattform ausnutzen noch einen hohen Grad der Wiedererkennung generieren. Schließlich müssen die Lokationen, an denen die mobilen Systeme genutzt werden sollen, strukturiert, umfassend analysiert und dokumentiert werden, um wichtige Usability-Kriterien für die Entwicklung ableiten zu können. Mögliche Unsicherheiten im Betrieb mit Systemen Dritter müssen antizipiert und durch die Anwendung abgefedert werden.

Das Konsortium des Projekts KMUsability setzt sich aus Forschungspartnern (FH Aachen), Industriepartnern (CAS AG, cluetec, GRÜN Software AG, Yellowmap) und Multiplikatoren (Bundesverband IT-Mittelstand e.V.) zusammen. In Karlsruhe werden durch das Steinbeis-Transferzentrum Usability und Innovative Interaktive Systeme zur Informationslogistik Methodenkompetenz gebündelt sowie zielgruppenorientierte Schulungs- und Dienstleistungen rund um Usability Engineering für mobile Informationssysteme konzipiert und angeboten. Schwerpunktthemen für Schulungen und Workshops im Bereich mobile Unternehmenssoftware sind Usability Methoden, Einbindung von Prototypen und Multiplattform-Entwicklung.

Das Projekt KMUsability ist Teil der Förderinitiative „Einfach intuitiv – Usability für den Mittelstand“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – IKT-Anwendungen in der Wirtschaft“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird. Der Förderschwerpunkt unterstützt gezielt kleine und mittlere Unternehmen sowie das Handwerk bei der Entwicklung und Nutzung moderner Informationsund Kommunikationstechnologien (IKT). „Mittelstand-Digital“ setzt sich zusammen aus den Förderinitiativen „eKompetenz-Netzwerk für Unternehmen“ mit rund 40 eBusiness-Lotsen, „eStandards: Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern“ mit derzeit elf Förderprojekten und „Einfach intuitiv – Usability für den Mittelstand“ mit zurzeit zehn Förderprojekten.

Kriterien für die Entwicklung mobiler Unternehmenssoftware-Systeme

  1. Mobilen Lösungen kann im Vergleich zu stationären Systemen deutlich weniger Aufmerksamkeit entgegen gebracht werden.
  2. Sie erschließen Nutzergruppen, die bisher von der Büroautomatisierung nicht oder nur am Rande berührt wurden (etwa Handwerker, Pflegekräfte etc.) und deren Anwendungsdomänen häufig den Softwareentwicklern, als prototypische Büroarbeiter, fremd sind.
  3. Es gibt eine Vielzahl an mobilen Plattformen, die alle mit eigenen Interaktionskonzepten aufwarten.
  4. Die Benutzung der Systeme findet an sich ändernden Lokationen mit variierenden Kontexten statt (Licht, Lärm, Netzwerke etc.).
  5. Mobile Anwendungen werden zumeist in einer Infrastruktur Dritter betrieben (etwa UMTS Netz).
  6. Häufig werden mobile Endgeräte mit eigener Sensorik (Kamera, GPS, etc.) oder mit angesteuerter Sensorik betrieben.

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