Elektromobilität: Jenseits ausgetretener Pfade

Steinbeis-Symposium Elektronik im Kfz-Wesen

Unkonventionelle Wege führen in Zeiten des Wandels zu schnellen Erfolgen. Manche Ingenieure auf dem Steinbeis-Symposium Elektronik im Kfz-Wesen 2010 zum Thema Elektromobilität in Stuttgart wünschten sich insgeheim, einfach den Ballast großer Organisationen und tradierter Denkweisen abzuwerfen und auf der grünen Wiese von Neuem zu beginnen – beispielsweise da, wo Exoten wie Tesla Motors starteten. Die Amerikaner haben Phase 1 erfolgreich durchlaufen und den Bedarf an E-Autos geweckt. Jetzt sind Erfahrungen aus der Industrie gefragt. Ein spannendes Miteinander beginnt.

Den Experimenten folgt die Vorbereitung der Industrialisierung, die Phase 2. Damit beschäftigten sich Fachvorträge und Diskussionen auf dem Steinbeis-Symposium im April diesen Jahres mit dem Fokus „Elektrik und Elektronik auf dem Weg zur Elektromobilität“. Mit höheren Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen, umfassenden Standardisierungen und vor allem Kostenreduktion von Bauteilen und Systemen gilt es, die Basis für größere Stückzahlen von Elektro- und Hybridfahrzeugen zu schaffen. Das Symposium unter der Leitung von Dr. Dirk Walliser (MBtech Group) folgt hier seiner jungen Tradition, das originäre Verständnis von Elektrik und Elektronik in der Automobilbranche breit zu verankern. Seit 2006 bedeutet dies, unter anderem den Wandel in der Antriebstechnik zu begleiten, sich iterativ den entscheidenden Fragen und Weichenstellungen zu nähern. Das Engagement des Veranstalters wurde insbesondere in diesem Jahr belohnt. Mit den engagierten Referenten, die halfen, die bereits gelösten und noch anstehenden Hausaufgaben im elektrischen Antriebsstrang zu beschreiben. Den thematischen Leitfaden gab die durchgängige Prozesskette, von den ersten Ideen geeigneter E/E-Architekturen in frühen Entwicklungsphasen bis zur Fertigung und späteren Diagnose von Hochvoltsystemen. Viele Vorträge zeichneten sich durch einen beratenden Charakter aus. Sie verdeutlichten die Herausforderungen in der Klimatisierung von Leistungselektronik und vertieften das Verständnis für das Zusammenspiel von Chemie und Elektronik in Batteriesystemen – und von Komponenten und deren aktuell noch zu erarbeitenden Spezifikationen für automobiltaugliche Hochvoltsysteme.

Im derzeitigen Findungsprozess der deutschen Automobilindustrie blieben viele Fragen noch offen. Nicht nur Aufbruchsstimmung, sondern auch Ratlosigkeit kennzeichneten viele Diskussionen auf der Stuttgarter Veranstaltung. Ein Stimmungsbild, das für die Branche insgesamt gilt. Vor allem die Entwicklungs- und Stückzahlkosten sind noch nicht absehbar. Kein anderes Thema fordert die Ingenieure und Entscheider so stark. Denn die Technik allein wird es nicht richten. Leadership und geschickte Psychologie sind gefragt.

Das offenbarte die Podiumsdiskussion mit Dr. Hermann Scheer, MdB und Träger des alternativen Nobelpreises und Promotor des Solarzeitalters. Er diskutierte mit Dr. Wolfgang Bernhart (Roland Berger Strategy), Arwed Niestroj (Daimler AG) und Arno Mathoy (Brusa Elektronik AG). Mit der Frage „Kaufen wir morgen Autos, Energie oder Mobilität?“ begann die Suche nach künftigen Geschäftsmodellen. Allein der Glaube an den Wandel und eine neue Denkweise fehlt, so könnte das Resümee lauten. Die nachvollziehbaren Forderungen von Scheer zur Energiewende und einer dezentralen Elektrizitätsversorgung wurden von akuten Problemen und Denkweisen der Automobilhersteller und deren Berater überdeckt. Wie und wann bekommen wir bezahlbare Elektroautos auf die Straße, und wer kauft anfangs die noch teure Technik? Diese Frage bestimmte die Diskussion. Das Henne-Ei- Problem wirkt weiterhin: Das Warten auf den Markt, anstatt den Markt mit Ideen zu wecken und zu gestalten. Zuversichtlich stimmten die Äußerungen von Elektromotorspezialist Mathoy sowie einem engagierten Auditorium: mit Weitblick für eine sich ändernde Mobilität und für sensible Kunden, die sehnlichst auf die ersten Elektrofahrzeuge warten. Die kritische Masse potenzieller Käufer sei erreicht.

Autor: Markus Schöttle, ATZelektronik

Kontakt

Steinbeis-Stiftung (Stuttgart)
www.steinbeis-symposium.de

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