Fit für die Matrix?

Mit dynamischen Standards Probleme erfolgreich lösen

Welche Struktur brauchen Organisationen, um gut funktionieren zu können? Die Linienorganisation bildet soziale Hierarchie ab und hat in der Vergangenheit viele Probleme gelöst. Aber die Antwort auf Komplexität und schnelle Reaktionserfordernisse ist die Matrixorganisation, die eine gänzlich andere Sicht auf Führung und Prozesse fordert. Dabei ist die Standardisierung der Managementprozesse Konflikt und Entscheiden hilfreich. Spezifische Eigenschaften, wie menschliche Charakteristika, zu kennen, hilft den Problemen zwischen Linie und Matrix sinnvoll zu begegnen.

Die Experten des Steinbeis-Transferzentrums Strategisches Management – Innovation – Kooperation schauen dabei auf soziales Hierarchieverhalten, das sich in der Anpassung der Menschen an Problemstellungen in ihrer Vergangenheit entwickelte. Menschliche Prozesscharakteristika sind Grundlage dafür, Handlungen prinzipiell in ihrem Zusammenhang verstehen zu können. Menschen haben eine große Spannweite von Verhaltensmöglichkeiten und innerhalb derer mehr oder weniger deutliche Tendenzen sich in bestimmter Weise zu verhalten. Dies fordert bewusstes Entscheiden.

Die Managementprozesse Konflikt und Entscheiden werden in der Matrix als spezifische Varianten des Problemlösens verstanden. Hier geht es weniger darum, wer die besseren Entscheidungen trifft und wie man Konflikte vermeidet oder bewältigt. Aufmerksame Entscheidungsprozesse und ein offensiver und positiver Umgang mit Konflikten sind hervorragende Innovationstreiber. Sie halten Organisationen wach, lebendig, lernend und flexibel.

Die Herausforderung der Matrixorganisation liegt darin, dass ihre Mitglieder sich stärker inhaltlichen Zielen über-, zu- und unterordnen müssen. Lösungsideen und Problemkonstellationen gehören unabhängig von Machtfragen auf den Tisch, um ein möglichst klares Bild von der Situation mit deren Chancen und Risiken zu gewinnen. Sich stärker inhaltlichen Zielen zuzuwenden und weniger in menschliche Hierarchie einzuordnen, verunsichert die Menschen. Eine gut funktionierende Organisation braucht das positive Engagement aller in ihr tätigen Menschen. Deshalb ist es gut, wenn sie einen offenen Umgang mit Konflikten bewusst kultiviert. Das ist alles andere als leicht.

Deshalb setzt man auf die wertschätzende Kommunikation, da diese allen Teilnehmern Anerkennung und Sicherheit vermittelt – unabhängig von Hierarchie. Auch gegensätzliche Interessen können kommuniziert werden ohne persönliche Beziehungen zu beschädigen. Konflikte auf der Sachebene können gesteuert und für Innovationen genutzt werden.

So befreit die wertschätzende Kommunikation den Konfliktprozess aus der Klammer der Hierarchie. Es gilt dabei, nicht das „warum“ sondern das „wie“ zu beobachten: Entstehung und Verlauf eines Konflikts als kommunikativer Prozess. Sobald ein Konflikt als eigenes System angesehen wird, liegen Ursachen und Konfliktumfeld außerhalb. Diese Differenz lässt Innen- und Außensichten zu. Werden innerhalb einer Kommunikation gegenseitige Erwartungen unvereinbar, entsteht Widerspruch. Nach wiederholtem Widerspruch wird lineare Kommunikation unmöglich. Sie verlässt die Sachebene, bricht ab oder eskaliert. Dysfunktionale Kommunikation führt zu persönlichen Konflikten bis zum Effekt der inneren Kündigung.

In der Linienorganisation dient die Hervorhebung einzelner Entscheider der Stabilisierung der Hierarchie. In der Matrixorganisation ist dieses Verhalten eher kontraproduktiv. Es ist unökonomisch und wenig nachhaltig, wenn wesentliche Entscheidungen nicht von sachkundigen Gremien in permanent optimierten Prozessen weitgehend vorbereitet werden, denen auch die Qualität der Entscheidung am Ende zugerechnet werden kann.

Mit individuellen, in der Organisation entwickelten, dynamisch reflektierten Standards der Managementprozesse für Konflikt und Entscheiden kann die den jeweiligen Ressourcen angepasste Prozessfähigkeit auf allen Ebenen und auf wechselnde Ziele hin deutlich verbessert werden.

Das Steinbeis-Transferzentrum Strategisches Management – Innovation – Kooperation initiiert und begleitet in seinen Workshops diese Standardisierungsentwicklung und fördert die Reflexionsfähigkeit. Seine Formate bieten den Teilnehmern Gelegenheit die evolutionäre Perspektive zu erfahren und eigene Konflikt- und Entscheidungssituationen konsequent aus der Prozesssicht zu erleben.

Das veranschaulicht ein laufendes Projekt bei einem öffentlichen Dienstleister. Da die Konflikte in verschiedenen Abteilungen nicht aufzulösen waren, wendete sich die Organisation an das Steinbeis-Transferzentrum. In den ersten Gesprächen zur Auftragsklärung wurde deutlich, dass die Mitarbeiter Richtlinien für einen sehr konsensorientierten Umgang miteinander entwickelt haben. In der ersten Veranstaltung mit Führungskräften wurden Konflikt und Entscheiden systematisch betrachtet. Dabei zeigte sich, dass Entscheidungen häufig nicht getroffen wurden, um den freundlichen Umgang im Team nicht zu stören, und dass Teamleiter versuchten, Entscheidungen in die Hierarchie zu verlagern. Deutlich wurde auch, dass Führungskräfte ihre Rolle nicht ausfüllten und ihre Verantwortung nicht wahrnahmen, um keine Konflikte zu provozieren.

Die Steinbeis-Experten führten beim Dienstleister einen modular aufgebauten Workshop durch. Im Modul „Wertschöpfungspotential Konflikt“ erfuhren die Teilnehmer, dass Konflikte auch positive Wirkungen haben können und wie diese herauszufinden und konkret für die Entwicklung der Organisation und ihre Servicequalität zu nutzen sind. Bei „Entscheiden im Team“ wurden Stärken und Schwächen von Teamentscheidungen analysiert und Modelle für die Kommunikation von Entscheidungen in die Hierarchie erarbeitet.

Es werden weitere Module angeboten, die sich nach dem individuellen Weiterbildungsprozess der Organisation richten. So verfolgt das Modul „Entscheidungsfallen“ das Ziel, diese in der eigenen Organisation frühzeitig wahrzunehmen und kontinuierlich vorbeugend zu handeln – im Team und in der Hierarchie. In „Gespräche führen mit Konzept“ geht es darum, mit wertschätzender Kommunikation gemeinsam Ziele zu erreichen. In einem abschließenden Modul sollen die von den Führungskräften in den Workshops erarbeiteten Handlungsoptionen zu den Managementprozessen Konflikt und Entscheiden zu einem Leitfaden zusammengefasst werden. Inhalte und Methode werden auch in den Studiengang Führung und Organisationsberatung des Steinbeis-Transfer-Instituts Systemwissenschaft, Führungs- und Organisationsberatung an der Steinbeis- Hochschule Berlin einbezogen.  

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