Anspruchsvolle Beanspruchung

Hochgeschwindigkeitsprüfstand zur Untersuchung von Elastomeren

Moderne Materialien wie Elastomere und ihre Mischungen gewinnen zunehmend an Bedeutung in vielen Bereichen des täglichen Lebens und sind seit Jahren im Maschinenbau, in der Automobilindustrie oder der Luftfahrt zu finden. Das liegt daran, dass diese Polymere große und nicht lineare Beanspruchung aufnehmen können, ohne plastische Verformungen aufzuweisen. Aufgrund ihrer Anwendungen werden Elastomerbauteile häufig hohen dynamischen Belastungen ausgesetzt. Deswegen ist es ganz wesentlich, das Materialverhalten im Vorfeld der Materialentwicklung ausreichend charakterisieren zu können.

Derzeitige Analysen und Prüfanlagen reichen in Anbetracht der raschen Materialentwicklung in den letzten Jahren nicht mehr aus, insbesondere für die Beschreibung des Impactverhaltens. Das gilt sowohl bei der Schadensanalyse, als auch in der Auslegung der Bauteile. Während bei langsamer Belastung umfangreiche Kenntnisse über mechanisches Materialverhalten vorhanden sind, liegen für hohe Geschwindigkeiten mit hohen Verformungsraten nur sehr unspezifische Daten vor, die in sehr aufwendigen Crashprüfständen mit großem apparativen Aufwand gewonnen werden. Durch eine detaillierte Beschreibung des Werkstoffverhaltens bei hohen Prüfgeschwindigkeiten können Bauteile gezielt verbessert und somit ihre Sicherheit deutlich erhöht werden. Weiterhin sind die zu gewinnenden Daten auch als Modellparameter für FEM-Berechnungen erforderlich, um Bauteile für hohe Belastungsgeschwindigkeiten auszulegen.

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens entwickelten die Coesfeld Materialtest GmbH & Co. KG und die Westsächsische Hochschule Zwickau einen neuen innovativen Hochgeschwindigkeitsprüfstand zur Charakterisierung des Impactverhaltens von elastischen Werkstoffen. In Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Forschungszentrum Anwendungsorientierte Material-, Fertigungs- und Prozesstechnik werden daran verschiedene Elastomermaterialien von unterschiedlichen europäischen Herstellern untersucht.

Die neu entwickelte Prüfanlage ermöglicht eine Prüfgeschwindigkeit von 2 bis 50 m/s bei einer Energie zwischen 10 und 4.500 J. Gleichzeitig können die Proben temperiert werden, um so auch die Temperatureinflüsse auf das Materialverhalten zu beschreiben. Zurzeit werden aktiv Messungen von unterschiedlichsten Elastomeren durchgeführt, um einen weitreichenden Überblick über das Impactverhalten bei hohen Belastungsgeschwindigkeiten zu erhalten.

So wurden bei einer Prüfgeschwindigkeit von 30 m/s herkömmliche Elastomermischungen mit unterschiedlichen Eigenschaften auf ihr Durchstoßverhalten untersucht. Einige von den untersuchten Elastomeren wie Naturkautschuk (NR) oder thermoplastische Elastomere (TPE) besitzen dabei eine höhere Elastizität und ihr Kraftverlauf weist eine gute Linearität auf. Nitrilkautschuk/Styrol- Butadien-Kautschuk bzw. Ethylen-Propylen- Dien-Monomer-Proben können im Vergleich mit TPE und NR eine höhere Kraft aufnehmen, bevor sie durchstoßen werden, wobei ihre Elastizität um etwa die Hälfte im Vergleich mit den anderen Proben verringert wird.

Die instrumentierte Durchstoßprüfung in der neuen Anlage erlaubt eine ausführliche Charakterisierung des Impactverhaltens von Elastomermaterialien und bringt so neue Erkenntnisse für die Entwicklung fortschrittlicher hochwertiger Werkstoffe, was weitere Anwendungsfälle ermöglicht.

Die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen werden durch ihre ausgeprägte Abhängigkeit von den Randbedingungen der Prüfung wie Beanspruchungsverlauf, Belastungsgeschwindigkeit, Temperatur und Zeit stark beeinflusst. Das hier vorgestellte Prüfverfahren erlaubt das Verformungsverhalten von Materialien mit hoher Dehnbarkeit nah an ihren realen Beanspruchungskonditionen zu untersuchen.

Kontakt

Dipl.-Ing. Alexandru Söver
Prof. Dr.-Ing. Lars Frormann

Steinbeis-Forschungszentrum für Anwendungsorientierte Material-, Fertigungsund Prozesstechnik (Zwickau)

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