Frauen investieren anders

Steinbeis-Forscher analysieren geschlechtsspezifisches Anlageverhalten

In den letzten Jahren hat die Frage, ob Frauen sich möglicherweise in ihrem Anlageverhalten von Männern unterscheiden, an praktischem und wissenschaftlichem Interesse gewonnen. Während der Finanzkrise ließ die Presse verlauten, Frauen seien vorsichtiger, zeigten ein defensiveres Verhalten an der Börse und hätten sich gerade deshalb in Krisenzeiten in der Kapitalanlage als erfolgreicher erwiesen. Der Lehrstuhl für Finanzpsychologie, -soziologie und Finanzethik an der School of Management and Innovation (SMI) der Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB) legt jetzt empirische Ergebnisse vor, die diese Vermutungen wissenschaftlich auf den Prüfstand stellen.

Die Befunde beruhen auf der Auswertung von mehr als 500 Fragebögen, die weibliche und männliche Kapitalanleger in den Jahren 2009 und 2010 auf verschiedenen Aktionärshauptversammlungen und Anlegermessen in Deutschland ausgefüllt haben. Insgesamt wurden bislang von dem Forscherteam an der SHB mehr als 1.000 Personen befragt. „Die Frauen in unserer Untersuchungsgruppe erweisen sich tendenziell als weniger risikobereit“, bestätigt Professor Dr. Dr. Sabine Meck, die Lehrstuhlleiterin. „Das zeigte sich nicht nur in den Antworten auf die Frage nach den Anlageprodukten, sondern auch in der Selbsteinschätzung der Risikobereitschaft, die hochsignifikant niedriger liegt als bei den Männern“.

Im Gegensatz zu den Männern setzen Frauen auch mehr auf Barvermögen statt auf Kapitalanlagen. Lediglich Immobilien bilden dabei eine Ausnahme: Betongold wird häufig von beiden Geschlechtern als krisensicheres Investment eingestuft. Frauen bevorzugen zudem sehr viel häufiger den persönlichen Bankbesuch, der Bankberater spielt bei ihnen eine größere Rolle. Hochsignifikant weniger Frauen als Männer tätigen dementsprechend ihre Bankgeschäfte online oder per Telefon. „Das mag daran liegen, dass Frauen auch mehr Ängste haben, Geld zu verlieren“, vermutet Sabine Meck. „Dem Statement, dass Kredit dem Wortstamm nach Vertrauen bedeutet, haben bislang signifikant weniger Frauen zugestimmt.“ Ob Frauen generell dem Internet noch misstrauisch gegenüberstehen oder ob sich das nur auf Geldgeschäfte bezieht, ist eine derzeit noch offene Frage. „Wir erkennen aber bei unseren Frauen eine weitere, schon bekannte Schere: während deutlich mehr Frauen ein Abitur haben, verfügen dennoch signifikant weniger über einen Universitätsabschluss oder gar eine Promotion. Erst bei den jüngeren Frauen deutet sich die Tendenz an, dass sie bei den Bachelorabschlüssen quantitativ an die Männer anschließen“, so Sabine Meck. Sie betont zudem: „Wir werden in den nächsten Schritten zudem prüfen, welche Rolle Alter, Schulbildung, Konfession und Beruf bei der Kapitalanlage spielen und welchen Einfluss sie möglicherweise auf die Einstellung zum Geld haben.“

Diese exakten wissenschaftlichen Auswertungen mit dem dazugehörigen theoretischen Diskurs bilden den Gegenstand ver schiedener Dissertationen, die derzeit am SMI-Lehrstuhl sowie auch an der Erasmus Universität Rotterdam in den Niederlanden geschrieben werden. Die holländischen Vergleichsstudien werden von Professor Frits van Engeldorp Gastelaars betreut. „Wir sind gespannt, ob sich in den Einstellungen zum Geld kulturelle Unterschiede messen lassen. Das, was Menschen mit Geld verbinden, ist unserer Meinung nach immer kulturell überformt. Diesbezügliche wissenschaftliche Arbeiten sind derzeit noch rar.“ Seine deutsche Kollegin Sabine Meck bestätigt das: „Die Einstellung zum Geld ist abhängig von zahlreichen soziologischen und psychologischen Einflussfaktoren. Wir gehen davon aus, dass sich zudem bestimmte Geldtypen in unseren Samples berechnen lassen. Bislang deutet sich auch da eine Geschlechtsspezifik an: Frauen neigen tendenziell weniger dazu, Geld mit Macht und Respekt in Verbindung zu bringen als Männer.“ Wie sich die Geldprofile dann abschließend in den repräsentativen Samples darstellen, das darf mit Spannung erwartet werden. Auf dem zweiten Finanzethik-Kongress „Finethikon“, der dieses Jahr am 5. und 6. Oktober in Eichstätt stattfindet, sollen in einem Workshop die methodischen Erkenntnisse aus den Studien umgesetzt und diskutiert werden.

Seite teilen