Elektro-Blitze im Automobil

Neue High-Tech Werkstoffe für stabile Schaltsysteme des Elektromobils

Rohstoffverknappung und ökologische Aspekte rücken das schadstofffreie Automobil mehr und mehr in den Vordergrund. Aus diesem Grund erregt in den letzten Jahren die Elektromobilität immer größeres Aufsehen. Um gegenüber den verbrennungsgetriebenen Autos konkurrenzfähig zu werden, müssen noch einige wissenschaftliche Hürden überwunden und in neue Technologien umgesetzt werden. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen nehmen diese Herausforderung an und forschen an neuen Möglichkeiten für den Leichtbau, die Energiespeicherung aber auch die Elemente der elektrischen Systeme im Elektroautomobil. Das Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS) forscht dazu insbesondere an hochauflösenden Untersuchungsmethoden für die lokale Schädigung an elektrischen Systemen.

Eine der Herausforderungen, mit denen sich die Automobilbranche konfrontiert sieht, ist die Energieleitung und -schaltung. In den Hybrid- und Elektromobilen müssen große Energiemengen und Energiedichten beherrscht werden, das ist nur mit mehreren hundert Volt anstatt der bisherigen 12 Volt möglich. Diese neuartige, extreme Belastung für Stromleitungen, Steck- und Schaltkontakte kann mit heutigen Kfz-Komponenten nicht bewältigt werden. Vor allem wenn man bedenkt, dass Kfz-Relais nicht selten sicherheitsrelevante Bauteile sind und auch im Notfall die galvanische Trennung – das heißt die räumliche Trennung der Schaltkontakte – sicherstellen müssen, damit Strom nicht zur Gefahr wird. Die langfristige Herausforderung für solche Schaltkomponenten liegt in deren Miniaturisierung und den dadurch möglichen Leichtbau.

Während jedes einzelnen Schaltvorgangs, beispielsweise eines Schalt-Relais, wird ein Lichtbogen als kurzzeitiger Plasma-Entladungsblitz erzeugt. Dieser entwickelt eine Temperatur von rund 6000 °C und schädigt so lokal und irreversibel den Werkstoff und die speziell optimierte Mikrostruktur der Schaltkontakte – ein sogenannter Elektroerosionskrater entsteht.

Die Komponenten, die dabei am meisten beansprucht werden, sind die Kontaktwerkstoffe, die den eigentlichen elektrischen Kontakt herstellen. Diese Entladungsblitze in Verbindung mit Korrosion, mechanischer Belastung und Verschleiß, führen langfristig zu einem endgültigen Versagen der Schaltgeräte.

Hier setzt das Saarbrücker Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS) mit neuen hochauflösenden Untersuchungsmethoden und speziellen Werkstoffideen an. Ziel ist es, mit Hilfe modernster Analytik die Ursachen der Schädigungsvorgänge zu verstehen und aus diesem Verständnis heraus spezielle Hochleistungsmaterialien zu entwickeln, die den neuen Voraussetzungen optimal gewachsen sind. Dazu wird in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe an der Universität des Saarlandes die Struktur der Werkstoffe – in diesem Fall der Lichtbogenkrater – im Nanometerbereich dreidimensional untersucht und exakt quantitativ analysiert. Ein Größenvergleich: der Durchmesser eines Haares beträgt rund 50 000 Nanometer.

Die Methoden, die für diese Aufgabenstellung den größten Erfolg versprechen, sind die 3D-Nanotomographie und die sogar atomar auflösende 3D-Atomsonde. Diese Techniken funktionieren ähnlich wie die Computer-Tomographie in der Medizin. Aber anstatt die Materialien schrittweise zu durchleuchten, wird bei der Nanotomographie mit Hilfe eines fokussierten Ionenstrahls das zu untersuchende Volumen „nano-scheibchenweise“ zerlegt oder es werden – wie bei der 3DAtomsonde – sogar alle einzelnen Atome abgerissen und dabei nach chemischer Natur und ursprünglicher Position analysiert. Anschließend können dann mit modernen Rechenverfahren der 3D-Bildanalyse die einzelnen Abschnitte wieder zu einem exakten dreidimensionalen Modell des Materials im Computer zusammengefügt werden. Durch die extrem hohe Auflösung der Tomographie und die zusätzlich unterschiedlichen Kontrastarten ist es möglich, sowohl die chemische Zusammensetzung des Materials, als auch die präzise Kristallstruktur und Kristallorientierung äußerst detailliert zu analysieren und visuell darzustellen.

Dieser neuartige 3D-Einblick in den Werkstoff und sein Gefüge auf der Mikro-, Nano- und sogar atomaren Skala ermöglicht einerseits eine völlig neue Herangehensweise der Analyse der Schädigungsmechanismen aber auch andererseits der Werkstoffherstellung. Er gibt darüber hinaus die Möglichkeit, die lokalen effektiven Eigenschaften (Steifigkeit, elektrische, thermische Leitfähigkeit) der Werkstoffe mit den durch die Gefügetomographie gewonnenen realen Materialdaten zu simulieren und zu berechnen. Damit können vielfältige Fragestellungen der Werkstofftechnik auf neue und zwar dreidimensionale quantitative Weise untersucht und beantwortet werden.

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