Einfach, schnell, besser: Dem Milchmann nachgemacht

SHB-Studentin führt Logistikkonzept „Milkrun“ ein

Kürzere Wege, zuverlässigere Lieferungen, niedrigere Bestände, kürzere Durchlaufzeiten, weniger Handling – das sind die positiven Auswirkungen der Projektarbeit von Sibylle Millich, Master-Studentin an der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) der Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB). Zusammen mit Kollegen hat sie als Koordinatorin des Projekts den sogenannten Milkrun in einer Abteilung ihres projektgebenden Unternehmens, der Robert Bosch GmbH in Reutlingen, eingeführt.

Sibylle Millich stand mit den Kollegen vor drei Hauptproblemen in der Abteilung MFT: Bislang bestellt die MFT Material nur unregelmäßig und erhält dementsprechend das benötigte Rohmaterial von Montag bis Freitag in der Früh- und Spätschicht. Außerdem werden die Fertigerzeugnisse nachts und am Wochenende nicht abgeholt. Die Folge: hohe Bestände. Außerdem werden die Waren auf Holzpaletten geliefert. Die Folge: Immer wieder gelangen Holzspäne und Dreck in den Reinraum. Und schließlich wurden die fertigen Erzeugnisse extra in einen Verpackraum gebracht und dort für den Versand fertig gemacht. Die Folge: ein umständlicher „Teiletourismus”.

In einem Workshop befasste sich das Projektteam mit möglichen Verbesserungen. Schnell wurde klar, dass hier keine Einzelmaßnahmen greifen würden. Vielmehr musste ein neues Logistikkonzept her, das ganz nebenbei auch andere Probleme zu lösen hilft. Also machte sich Sibylle Millich mit Kollegen aus anderen Abteilungen daran, ein Milkrun-Konzept zu erstellen. Dieses Konzept basiert im Wesentlichen darauf, dass nur soviel Material wieder aufgefüllt wird, wie auch verbraucht wurde. Das Team analysierte den Wertstrom von Rohmaterial und Fertigerzeugnissen in der MFT, und schon bald stand das neue Wertstromdesign.

Als erstes wurden die Holzpaletten, auf denen bisher angeliefert wurde, abgeschafft. Diese waren zu groß und zu schwer für einen Milkrunwagen, mit dem nun beliefert wird, und schon dadurch hatte sich das Problem mit den Holzspänen erledigt. Nun konnte der Milkrun in die Praxis umgesetzt werden: Im Lager des externen Dienstleisters in Kusterdingen wird ein Milkrunwagen mit der bestellten Rohware, Tapes, Pasten und Keramik beladen. Ein LKW bringt diesen Wagen bis an ein Rolltor bei Bosch. Hier übernimmt ein Werkstatthelfer den Wagen und schiebt ihn zu den Haltestellen der drei Werkstätten der Abteilung MFT. Dort lädt er das Rohmaterial ab. Der Wagen mit dem Leergut wird von einem LKW abgeholt und zurück zum externen Dienstleister gefahren. Dort wird, je nachdem was via Kanban in der Werkstatt bestellt wurde, neue Ware aufgeladen – der Kreis schließt sich.

Einmal pro Schicht, alle acht Stunden, kommt der Milkrun an den Werkstätten vorbei. „Jetzt auch in der Nachtschicht. Wir konnten durch eine Optimierung im Sinterraum freie Kapazitäten einsetzen”, erklärt Sibylle Millich. Damit häufen sich unter der Woche keine Bestände mehr an. In einem zweiten Schritt soll auch am Wochenende eine regelmäßige Versorgung gewährleistet werden. Dieses Konzept wird derzeit für den gesamten Standort in Reutlingen erarbeitet.

Und wo das Team um Sibylle Millich gerade dabei war, wurde noch das umständliche Hin und Her der Fertigerzeugnisse innerhalb der Abteilung MFT vereinfacht. Statt alles in einen zentralen Verpackraum zu bringen, werden die Fertigerzeugnisse aus zwei Werkstätten nun direkt an der Linie eingepackt. „Früher wurde alles fünfmal in die Hand genommen. Heute wird nach der Sichtprüfung ein Trockenkissen in die vorbereiteten Kisten gelegt, Deckel drauf und vakuumverpackt – fertig. Die Durchlaufzeit sinkt von zwei auf weniger als einen Tag”, erklärt Sibylle Millich.

„Die Erfahrungen aus der Testphase sind positiv”, so Meister Günter Walker. Das bestätigt Cilo Bozkurt, Werkstatthelfer in einer der Werkstätten: „Die Arbeit ist jetzt einfacher, übersichtlicher und sauberer. Wir haben keinen Dreck und keine Holzspäne mehr. Und wir haben viel weniger Bestände: Früher standen im Gang vor der Werkstatt noch Kisten mit fertiger Ware, das ist jetzt alles weg.” Und Edith Grupp aus dem Projektteam fasst zusammen: „Wir haben jetzt eine höhere Transparenz der gesamten Logistik, und vor allem stellen wir auf diese Weise eine standardisierte und regelmäßige Versorgung der Werkstätten sicher.”

Quelle: Bosch KuRT, September 2008

Kontakt

Sibylle Millich
Robert Bosch GmbH (Reutlingen)
sibylle.millich@de.bosch.com

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