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Steinbeis-Team entwickelt VFMEA -Methode für Handwerksbetriebe

Fehler, Mängel und Verschwendung sind für Handwerksbetriebe ärgerlich, teuer und verprellen die Kundschaft. Allein bei Bauprojekten steigen die Zahl der Mängel und die Kosten für deren Beseitigung kontinuierlich an. Nach der Jahresanalyse 2014/2015 von BauInfoConsult auf der Basis von 1.800 Interviews schätzen 541 befragte Architekten und Bauunternehmen, dass der Anteil von Fehlerkosten am Branchenumsatz durchschnittlich bei 11% liegt. Rund ein Dutzend Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe hat 2014 eine für Handwerksbetriebe und KMU modifizierte Methode zur Qualitätssteigerung und Fehlervermeidung getestet. Initiiert hat sie Professor Dr.-Ing. Ralf Hörstmeier, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Angewandte BewegungsTechnologie und in Forschung und Lehre am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik an der Fachhochschule Bielefeld tätig. Gemeinsam mit Partnern hat er industrielle Werkzeuge speziell für die Ansprüche des Handwerks weiterentwickelt und als VFMEA-Methode am Markt eingeführt.

In der Industrie werden seit Jahrzehnten Methoden und Werkzeuge der Qualitätssicherung eingesetzt, um Fehler und ihre Folgen auszuschließen oder deutlich zu reduzieren. Ralf Hörstmeier hat eine solche Methode zur Fehlervermeidung als Werkzeug für Handwerksbetriebe angepasst, den Begriff „Verschwendung“ eingeschlossen. VFMEA, für Verschwendungs-, Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse, heißt die seit 2013 weiterentwickelte Form. Wichtige Elemente sind die Anpassung an die jeweilige Betriebsgröße und die speziellen Abläufe sowie die Einbindung der Erfahrung aller Mitarbeitenden. An der VFMEA beteiligt waren unter anderem Unternehmen aus dem Tischler-, Elektro- und Malerhandwerk.

„Hilfe mit und zur Selbsthilfe“ heißt die Devise, nach der Ralf Hörstmeier und sein VFMEA-Team gemeinsam mit Inhaber und Mitarbeitenden einen Betrieb mit seinen Strukturen und Abläufen in den Fokus nehmen. Dabei werden die VFMEA-Strukturbereiche Organisation, Kommunikation, Personal, Kundenkontakte, Aufträge und Beschaffung auf bekannte Fehler, deren Ursachen und Zusammenhänge sowie auf Verbesserungspotenzial hin untersucht. Neun Verschwendungsarten hat Ralf Hörstmeier in seine Projektanalyse aufgenommen: Sie betreffen die Bereiche Ordnung, Bewegung, Transporte, Nacharbeit, Mitarbeitereinsatz, Wartezeiten, Organisation, Kommunikation und Energie. Am Ende einer Projektdurchführung steht eine Dokumentation mit individuellem Maßnahmenkatalog für jedes Unternehmen. „Danach liegt die Entscheidung, wie weiter verfahren wird, bei den Betrieben“, so der Projektinitiator, „das ist eine zeitlich und finanziell überschaubare Methode, ein Grundbaustein für die Zukunft.“

Auch ein Malerbetrieb mit fast 140-jähriger Tradition gehört zu den Pilotunternehmen. Die VFMEA-Methode passe zu seinen Qualitätsansprüchen, so der Inhaber. Bei der Durchführung spielte die Einbindung der acht Fach- und Nachwuchskräfte im Betrieb eine entscheidende Rolle. „Gemeinsam mit dem externen Moderationsteam haben wir eine Liste der Fehler und Verschwendungen aus allen Betriebsbereichen erstellt“, so der Malermeister, „für mich war absolut überraschend, dass die Ansatzpunkte bei der Fehlereinschätzung ziemlich übereinstimmten.“ Die Liste bildet nun einen Grundbaustein für künftige Optimierungen. „Ein gewisses Umdenken hat stattgefunden“, so der Betriebsinhaber, „es ist mehr Eigeninitiative, mehr Eigenverantwortung spürbar.“ Die neuen Erkenntnisse haben bereits zu verbesserten Abläufen bei der Baustellenanfahrt oder Projektlaufzeiten geführt. Auch die Kundenzufriedenheit sei gestiegen.

„Jedes Unternehmen, unabhängig von Größe und Erfolg, hat das Potenzial, sich zu verbessern“, sagt Lena Strothmann, Präsidentin der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, „dabei gilt es unter anderem, Sparpotenziale zu finden und Fehler auszumerzen. Oft führen aber auch Verbesserungen in der Kommunikation zu mehr Erfolg.“ Vorteile hat die VFMEA-Methode allen Anwendungsbetrieben gebracht: Vielfach ist eine Minimierung der Reklamationen mit entsprechender Kosteneinsparung, eine Imageverbesserung und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu spüren. Derzeit hält die Methode – unterstützt vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und der Handwerkskammer Region Stuttgart – auch in Baden-Württemberg Einzug in die Praxis, in Kleinunternehmen, bei Mittelständlern und Handwerksbetrieben aus allen Bereichen.

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