Den Praxisbezug im Blick

Steinbeis berät Normal University in China

Steinbeis goes China: Mit Transferberatung der internationalen Art haben Prof. Dr.-Ing. Peter Eichinger und Prof. Dr.-Ing. Ulrich Schmitt, Experten am Steinbeis-Transferzentrum Mechatronik an der Hochschule Aalen, an der Normal University in Tianshui in der chinesischen Provinz Gansu unterstützt. Beide waren von den chinesischen Kollegen eingeladen worden, um ihre Expertise und Praxiserfahrung bei der Neuausrichtung der Studiengänge Automatisierungstechnik, Fahrzeugtechnik und Mechatronik einzubringen.

Tianshui liegt im Nordwesten Chinas, etwa 1.100 km südwestlich von Beijing. An der Normal University sind 17.000 Studierende in verschiedenen Fakultäten wie Bauingenieurwesen, Elektrotechnik, Pädagogik und Maschinenbau eingeschrieben. Nach dem Wunsch der Zentralregierung in Beijing soll etwa die Hälfte der derzeit vorhandenen universitären Studiengänge nach dem Vorbild deutscher Hochschulen für angewandte Wissenschaften umstrukturiert werden. Oberstes Ziel dabei ist die Implementierung von praxisnaher und an den Bedürfnissen der Wirtschaft ausgerichteter Ausbildung durch industrienahe Projekte, moderne didaktische Konzepte wie Problem- Based-Learning, eine Modularisierung des Studiums angelehnt an den in Europa etablierten Bologna-Prozess und eine generelle Modernisierung der Studieninhalte.

Hierbei und bei der Anbahnung von Industriekontakten stellt die jahrzehntelange Industrieerfahrung der beiden Steinbeis-Experten aus Aalen eine wertvolle Unterstützung dar, die in Tianshui konkret für die Fakultät „Electromechanics and Automobile Engineering“ und deren drei Studiengänge Automatisierungstechnik, Fahrzeugtechnik und Mechatronik gefragt war. Die Universität war auf das Steinbeis- Transferzentrum zugekommen und hatte Peter Eichinger und Ulrich Schmitt eingeladen, sich vor Ort die Labors und deren Ausstattung anzuschauen und mit den Professoren und Dozenten über zukunftsorientierte Konzepte zu diskutieren. Die beiden erfahrenen Aalener Experten konnten sich in der Woche in Tianshui ein objektives Bild der Situation der Fakultät und ihrer Studiengänge machen. Die Laborausstattung ist deutlich anders ausgerichtet als an deutschen Hochschulen, da Kontakte zu Industrieunternehmen gänzlich fehlen. In China wird an der Universität im Gegensatz zu deutschen Verhältnissen ein Vorpraktikum absolviert. Die Labors der Werkstoffprüfung, Metallografie und Sensorik verfügen über den Standard der Aalener Grundlagenlabors.

Die Studierenden bekommen in China keine projektorientierten Aufgaben, in denen Eigeninitiative gefordert ist, sondern in der Regel klar beschriebene Versuchsbeschreibungen, die Schritt für Schritt abgearbeitet werden. Die Aalener Professoren machten den Kollegen vor Ort deutlich, dass der Lerneffekt bei dieser Methode nur sehr begrenzt ist und empfahlen eine Aufteilung in Grundlagen und Vertiefung: Nach einer Basisschulung in den entsprechenden Techniken und Methoden werden in den Vertiefungsmodulen tagesaktuelle Aufgabenstellungen durch die Studierenden in kleinen Teams gelöst, die Professoren stehen als Mentor und Coach zur Verfügung. Diese Methode des „Problem-Based-Learning“ ist im Studiengang Mechatronik der Hochschule Aalen durchgehend implementiert und führt zu einem deutlich besseren Verständnis bei den Studierenden und einer schnelleren Umsetzung der Aufgaben im späteren Arbeitsumfeld.

Die Empfehlung der deutschen Professoren umfasste außerdem die Einrichtung neuer Studienrichtungen für Mechatronik und Automatisierungstechnik sowie Maschinenbau und Materialwissenschaften und damit eine Neuausrichtung auf zukunftsweisende Felder. Basis der akademischen Ausbildung muss immer die solide Vermittlung von notwendiger fachlicher Grundlagen- sowie Methodenkompetenz sein. Die hochaktuellen Themen Product Lifecycle Management (PLM), Additive Manufacturing („3D-Druck“) und Industrie 4.0 sollten in das Curriculum integriert werden, sie versetzen die Absolventen in die Lage, zukunftsfest und aktuell ausgebildet zu sein und künftige Herausforderungen zu meistern. Die Aalener Steinbeiser brachten gegenüber den Kollegen in China zum Ausdruck, dass es nur mit Industriekontakten, angewandter Forschung und Technologietransfer eine praxisorientierte und moderne Lehre geben kann und ermunterten die Professoren in Tianshui Kontakte mit den dortigen Firmen zu suchen, um deren Probleme und Herausforderungen kennenzulernen. Daraus erwachsen aktuelle Impulse auch für die Lehre an der Hochschule.

„Das Interesse und die Wissbegierde über das System der deutschen Hochschulen und den Technologietransfer nach dem Modell von Steinbeis war hier an der Normal University Tianshui immens groß. Wir sind gespannt, wie die chinesischen Kollegen unsere Empfehlungen aufnehmen und umsetzen werden. Dieser Aufenthalt war sicher nicht der letzte“, zieht Peter Eichinger als Résumé der Reise.

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