Werkstückoberflächen zum Glänzen gebracht

Steinbeis-Experten entwickeln Präzisions-Erodierverfahren

Funkenerosives CNC-Schneiden mit Draht ist ein seit vielen Jahren erfolgreich angewendetes Verfahren zur Herstellung von Schnittstempeln, Schneidmatrizen, Elektroden für die Senkerosion und für die Herstellung präziser Teile, wenn sich das Feinstanzen bei zu geringer Stückzahl nicht lohnt. Um allerdings feinste oder sogar nahezu glänzende Oberflächen zu erzielen, muss mehrmals die Kontur nachgeschnitten werden, so dass jeweils nur die Rauhigkeitsspitzen der vorangegangenen Operation abgetragen werden. Das benötigt Zeit und führt je nach Werkstoff zu Rostbildung oder Lochfraß, weil das zum Erodieren notwendige Dielektrikum aus deionisiertem Wasser besteht. Mit dem vom Steinbeis-Transferzentrum Verfahrensentwicklung entwickelten Hybrid-Drahterodieren lassen sich diese Nachteile vermeiden. Die erzeugte Oberfläche am Werkstück ist glatt und glänzend und frei von Korrosion.

Das funkenerosive CNC-Schneiden mit Draht – im Werkstattgebrauch auch Drahterodieren genannt – ist ein elektrothermisches Abtragverfahren, das mit deionisiertem Wasser arbeitet. Der Erodierdraht wird zwischen einer oberen und unteren Drahtführung unter Zugspannung gehalten und mit konstanter Drahtzuggeschwindigkeit bewegt. Das elektrisch leitende Werkstück wird entlang eines programmierten, vorgegebenen Pfades bewegt. Somit findet eine Relativbewegung zum Erodierdraht statt.

Die Schneidgeschwindigkeit ist von der Generatorleistung, der Werkstückhöhe und der Art des Werkstoffes abhängig. Man unterscheidet die nacheinander ablaufenden Arbeitsschritte Schruppschnitt, Schlichtschnitt und Feinschlichtschnitt. Eine extreme Genauigkeit im Mikrometerbereich zusammen mit feinsten Oberflächen kann in der Regel nur durch mehrmaliges Nachschneiden mit der Feinstschlichtstufe erreicht werden, wobei die bereits geschnittene Kontur mit reduzierter Funkenleistung und einem korrigierten Schneidpfad nachgefahren wird, so dass lediglich die Rauhigkeitsspitzen des vorangegangenen Arbeitsschrittes abgetragen werden. Dies kostet sehr viel Zeit. Da die Bearbeitungsvorgänge meistens im Wasserbad stattfinden, lassen sich trotz des deionisierten Mediums Wasser unerwünschte begleitende elektrochemische Vorgänge nicht vermeiden, es kann zu Abbildungsverzerrungen und Rostbildung kommen. Je nach zu bearbeitendem Werkstoff können Metalle einlegieren oder sogar Wasserstoffversprödung eintreten.

Ziel des am Steinbeis-Transferzentrum entwickelten Verfahrens war, diese Nachteile zu eliminieren und mit nur einem Nachschnitt eine glänzende Werkstoffoberfläche zu erzeugen. Die Steinbeis-Experten erstellten eine systematische Maßnahmen-Matrix, in die sie physikalische Vorgänge am Impulsgenerator und chemische Vorgänge im Dielektrikum einbezogen. Die Leistungsimpulse wurden im Flankenwinkel des Stromanstiegs und des Stromabfalls, sowie mit bi-polarer Funktion modifiziert. Das deionisierte Wasser als Wirkmedium, das in der Regel eine Leitfähigkeit von nur wenigen Mikrosiemens hat, wurde mit radikalenbildenden Substanzen versehen, die in einer dünnen Schicht über der Werkstückoberfläche elektrochemische Abtragprozesse hervorrufen. Voraussetzung für den Vorgang ist, dass das Werkstück positiv gepolt ist. Zur Unterstützung des chemisch-physikalischen Effekts wurde zusätzlich ein hochfrequent getakteter Gleichstrom überlagert. Bei dem entwickelten Verfahren handelt es sich um einen echten Hybridprozess: Zwei völlig unterschiedliche Prozesse laufen nicht hintereinander, sondern simultan ab.

Das Ergebnis überzeugt. Die bisherige funkenerosive Mikrostruktur von Mini-Kugelkalotten wird in eine glatte, glänzende Oberfläche umgewandelt ohne elektrochemisch erzeugten interkristallinen Korngrenzenangriff bei Stahlwerkstoffen. Damit lassen sich auch mit der Drahterosion höchste Oberflächengüten erzeugen.

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