PHREALOGx: präzise, produktiv und dauerhaft

Steinbeis-Experten entwickeln Betriebssystem für ein modulares Sensorsystem zur Erfassung der Grundwasserfließbewegung

Im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts FLIMSYS hat das Steinbeis-Transferzentrum Sensorik und Informationssysteme - SensIn‘ in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Unternehmen Phrealog ein bildgebendes Messverfahren weiterentwickelt, mit dem in Grundwassermessstellen und Bohrbrunnen die örtliche Grundwasserfließrichtung und -fließgeschwindigkeit ermittelt wird.

Hierzu werden in einer Messsonde mit frei durchströmbarer Messkammer die vom Grundwasser mitgeführten Feinschwebstoffe im Bohrbrunnen per Laserlicht sichtbar gemacht. Über ein Kamerasystem wird ein sichtbares Schwebstoffmuster aufgezeichnet und der Musterversatz pro Zeiteinheit mittels PIV-Bildverarbeitung analysiert. Die resultierenden Vektordaten dokumentieren den Durchfluss im Brunnen, der wiederum mit der Grundwasserströmung in der Umgebung korrespondiert. Das System wird bei hydrogeologischen Erkundungen in der Wasserwirtschaft, dem Umweltschutz, beim Tiefbau sowie bei der Geothermie eingesetzt. Ziel der Weiterentwicklung ist die Realisierung einer modularen Ausführung des Messsystems, um Messungen gleichzeitig in mehreren Tiefen einer Grundwassermessstelle durchführen zu können. Des Weiteren sollen in Zukunft nicht nur die Fließbewegung sondern je nach Aufgabenstellung auch zusätzliche physikochemische Eigenschaften des Grundwassers erfasst werden. Vorteil des weiterentwickelten Systems ist die präzisere Erfassung von Fließbewegungen, eine produktivere Anwendung und die Möglichkeit eines dauerhaften Einsatzes im Rahmen von Überwachungsaufgaben.

Herzstück des neuen Systems ist ein eigens entwickeltes Kamerasystem, das Videobildsequenzen mit XSGA-Auflösung liefert und über I2C und SPI Schnittstellen, eine Laseransteuerung, einen Kompasssensor sowie I/O Ports verfügt. Die Schnittstellen ermöglichen eine einfache Integration zusätzlicher Sensorik. In der modularen Ausführung ist jedes Modul mit dem Kamerasystem ausgestattet. Diese können über eine Datenleitung zusammengekoppelt werden, wobei jedes Modul einzeln adressiert und ausgelesen werden kann. Eingebettet in ein druckdichtes Gehäuse und ausgestattet mit den erforderlichen optischen Baueinheiten können über Kabelabschnitte verbundene Module als Messkette in einem Bohrbrunnen eingesetzt werden. Die Messkette liefert simultan Daten aus mehreren Untersuchungstiefen. Die Bilddaten sowie die Daten der integrierten Sensoren werden per GigE an einen Rechner geleitet und dort weiter verarbeitet. Die neue messtechnische Architektur erfordert die Entwicklung einer auf das neue Kamerasystem angepassten Steuerungs- und Bildverarbeitungssoftware. Die in Zusammenarbeit von Phrealog und dem Steinbeis-Transferzentrum Sensorik und Informationssysteme - Sens In‘ entwickelte Messbetriebssoftware PHREASOFT ist speziell auf die Kamerahardware und das Aufgabenprofil zugeschnitten. Als Messbetriebssoftware beinhaltet PHREASOFT die Systemsteuerung, das Auslesen der Onboard-Sensorik, die Messbilderfassung und -auswertung sowie die Messdatenausgabe und -ablage. Ziel war es, eine plattform-unabhängige Software zu entwickeln. Deshalb entschieden sich die Projektpartner, die Software in Java zu schreiben, um die gewünschte Plattform vielfalt zu gewährleisten. Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung von PHREASOFT ist dabei die bidirektionale Kommunikation zwischen dem proprietären Treiber und den Java-Teilen. Dabei müssen Datentypen gewandelt und nebenläufige Teile synchronisiert werden. Konfigurationsdaten, Messwerte und Ergebnisse werden in entsprechenden XML-Dateien abgelegt, so dass sie später weiterverwendet werden können. Um die komplexen Aufgabenstellungen umsetzen zu können, nutzt PHREASOFT intensiv Multitasking.

Begleitend zu der laufenden technischen Realisierung erfolgt im Rahmen einer Zusammenarbeit der Universität Mainz mit dem Fraunhofer ITWM und Phrealog die Entwicklung des Expertensystems PHREASIM, mit dem Fließszenarien in Bohrbrunnen simuliert und nachgebildet werden können. Ein erster Feldeinsatz ist für den Sommer 2015 geplant.

Das Messsystem PHREALOGx stellt einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiet der in-Situ Erfassung von Grundwasser-Fließbewegungen dar. Begleitet von dem Expertensystem PHREASIM können die gewonnenen Fließmessdaten realitätsnäher ausgewertet und interpretiert werden als bisher möglich. Das weiterentwickelte System zielt insbesondere darauf hin, als stationäres Überwachungsinstrument in Grundwassermessstellennetzen eingesetzt zu werden. Sein großer Vorteil ist es, dass über die vorhandenen Systemschnittstellen je nach Messanforderung weitere Sensorik unter Nutzung der bestehenden technischen Ausführung und Kommunikations-Infrastruktur in das System integriert werden kann.

Kontakt

Farjana Huq hat ihre Master-Thesis im beschriebenen Projekt im Studiengang Sensor Systems Technology der Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft angefertigt.

Silvana Mehmetaj ist Mitarbeiterin am von Prof. Dr. Thorsten Leize gegründeten Steinbeis-Transferzentrum Sensorik und Informationssysteme - SensIn‘ an der Hochschule Karlsruhe. Die Tätigkeitschwerpunkte des Zentrums sind u.a. Software-Design und -Entwicklung, modellgestützter Entwurf und Realisierung, Sicherheit für Bussysteme, Sicherheit in der Automatisierungstechnik, Kryptologie und Sensorik.

Dr. Marc Schöttler ist Gründer der Firma Phrealog, die auf Grundwasserfließmessungen in Bohrbrunnen spezialisiert ist.

Silvana Mehmetaj, Prof. Dr. Thorsten Leize
Steinbeis-Transferzentrum Sensorik und Informationssysteme - SensIn‘ (Karlsruhe)
su1467@stw.de

Dr. Marc Schöttler
Phrealog (Mainz)

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