Hygiene auf höchstem Niveau

Steinbeis-Experten entwickeln ein Messgerät für Schankanlagen

Leichtperlig, feinblasig und rein - so sollte ein frisch Gezapftes sein. Ausgerechnet im 500. Jubiläumsjahr des deutschen Reinheitsgebotes gelingt dem Experten-Team des Steinbeis-Innovationszentrums Systemlösungen in Mess- und Automatisierungstechnik in Mannheim in Zusammenarbeit mit der Flexxibl GmbH aus Braunschweig sowie der Franz Mathes GmbH aus Manching und der THONHAUSER GmbH aus Österreich der Durchbruch in der sensiblen Reinigungsthematik zur Sicherheits- und Qualitätserhaltung von Schankanlagen. Eine automatisierte und zugleich verifizierte Reinigungsmöglichkeit sichert nun den Erhalt Jahrhundert bewährter Qualitätsmerkmale für reinen Trinkgenuss.

Die Idee für die Entwicklung eines Messgerätes zur Bestimmung des Reinigungszustandes in Schankanlagen entstand 2013 bei einem Besuch in Wien. Damals arbeitete das Steinbeis-Innovationszentrum zusammen mit anderen Partnern an einem Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Reinigungsmittels für die Lebensmittelindustrie. Nach der Rückkehr nach Deutschland wurde vom Steinbeis-Team ein Konzept für das Hygiene-Sensor-System erstellt. Hier wird neben der Farbmessung, um den Verschmutzungsgrad wie bei einer Ampel festzustellen, mit dem von Steinbeis-Experten entwickelten Leitfähigkeitssensors HSS16 geprüft, ob noch Reinigungsreste existieren. Erst wenn die Ampel quasi „grün“ leuchtet und sich keine Lauge mehr nachweisen lässt, wird die Schankanlage wieder frei gegeben. Anhand dieser doppelten Rückversicherung (Farbmessung und Leitfähigkeit) lassen sich neben dem Erhalt des Qualitätsprofils Laugenunfälle präventiv vorbeugen.

Im ersten Reinigungsschritt wird die Schankanlage mit Wasser gespühlt und danach mit einem dreiprozentigen Reinigungsgemisch aus dem Desinfektionsreiniger DesanaTM und Wasser befüllt, das über eine vorgegebene Zeit einwirkt. Während der anschließenden Reinigung wird die Farbe des Reinigungsgemisches überprüft: Bei Kontakt mit organischen Belägen verändert sich die Farbe und ermöglicht auf diese Weise eine Verifizierung des Reinigungserfolges. Ändert sich die Farbe, so gibt der Sensor den Befehl, die Reinigung ab Schritt eins zu wiederholen. Bleibt indes die Farbe konstant, so wird die Anlage in drei Schritten mit Wasser gespühlt. Wärend der dritten Spülung startet das HSS16 die Leitfähigkeitsmessung: Werden die Reste von Desana bzw. generell lebende wie auch tote Organik erkannt, wird die Anlage erneut mit Wasser gespühlt. Sobald das HSS16 keine nachweislichen Rückstände des Reinigungsgemisches aufweist, wird die Reinigung automatisch beendet und die Schankanlage „frei“ gegeben.

Für den Ein- bzw. Ablauf der Flüssigkeit sind im HSS16 zwei Anschlüsse für Schläuche mit jeweils 9mm Innendurchmesser vorgesehen, die mit einem in zwei Messkammern aufgeteilten Messgehäuse verbunden sind. In der ersten Kammer sind zwei Schaugläser zur Messung der Farbänderung eingefasst, in der zweiten ist der Leitfähigkeitssensor eingebaut. Zur Kommunikation zwischen dem HSS und der Schankanlage sowie der Stromversorgung ist ein 8-poliger Stecker am Gehäuse angebracht. Des Weiteren ist eine USB-Schnittstelle zur Verbindung mit einem PC vorhanden. Zur optischen Benutzeranzeige des Sensor-Betriebsmodus ist eine Status-LED eingebaut. Die Messung lässt sich manuell über einen Schalter starten.

Die Messeinrichtung zur Farbbestimmung besteht aus einer Weißlicht- LED, die über ein Schauglas in die Messkammer strahlt. Parallel zu dieser Lichtquelle ist ein RGB-Sensor verbaut, der zur Bestimmung der spektralen Eigenschaften der Lichtquelle dient. Dies ist notwendig, um altersbedingte Veränderungen der LED in ihrem Strahlverhalten auszugleichen. In einem Winkel von 90° befindet sich ein weiterer RGB-Sensor außerhalb der Messkammer, der das in der Messkammer von einer Flüssigkeit modulierte Licht durch ein Schauglas empfängt. Die Daten beider RGB-Sensoren werden normiert und anschließend in den HSV-Farbraum umgerechnet. Danach werden die Daten in den HSL-Farbraum übertragen. Der Vorteil gegenüber dem RGB-Farbraum besteht zum einen aus einer Farbwertskala, in der sich Farben winkelaufgelöst eindeutig über den H-Wert zuweisen lassen, zum anderen können über die Sättigung auch die kleinsten Mengen an farbhaltigen Flüssigkeiten erkannt werden.

Zur Messung der Leitfähigkeit und somit zur Erkennung der Reinigungsmittelfreiheit der Anlage wird ein Sensor der Firma JUMO eingesetzt. Über eine Messschaltung wird dieser ausgewertet und auf Basis des Ohmschen Gesetzes wird die Leitfähigkeit berechnet. Der im Sensor verbaute Temperatursensor wird genutzt, um den Leitwert vor schwankenden Temperaturen unabhängig zu halten. Wird eine Reinigung gestartet, wird die Leitfähigkeit des Wassers über einen vorgegebenen Zyklus gemessen und daraus ein Schwellenwert abgeleitet. Wird dieser beim Spülen der Anlage unterschritten, gilt sie als frei von Reinigungsmitteln.

Die von Steinbeis-Experten entwickelte innovative Schankanlagenlösung wurde zum ersten Mal beim Mittelstandstag in Berlin 2015 präsentiert. Es folgten weitere Präsentationen des Sensors auf der Messe „BRAU“ in Nürnberg sowie die Vorstellung der Ergebnisse auf dem 27. Expertentreffen Getränkeschankanlagen in Weihenstephan. Die Vorstellung des Sensors und der Ergebnisse stieß bei den Fachbesuchern auf großes Interesse, da bisher keine automatisierte und zugleich verifizierte Reinigungsmöglichkeit für Schankanlagen existierte.

Die Verwertung des Schanksensors HSS16 ist für dieses Jahr avisiert. Aufgrund des innovativen Durchbruches in der Thematik Schankanlagenreinigung/- lösung konnten die Kooperationspartner Flexxibl GmbH und das Steinbeis-Innovationszentrum Systemlösungen in Mess- und Automatisierungstechnik die Forschungsergebnisse an einen Messgerätehersteller auslizensieren. Den exklusiven Vertrieb des HSS16 Sensors wird die Firma Franz Mathes GmbH übernehmen. Das Unternehmen Redl GmbH aus Hollabrunn/Österreich wird der erste Partner aus dem Schankanlagenbereich, der den Sensor mit seinem automatischen Schankanlagenreinigungssystem „Cleaning Mate“ einsetzen wird. Vor der Markteinführung im Sommer 2016 werden jedoch noch zahlreiche Tests an zwei Anlagen in der Technischen Universität München am Standort Weihenstephan durchgeführt, um das System vorsorglich zu prüfen.

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