Gewährleistungskosten im Griff

Steinbeis berechnet Prognose statistisch seltener Ausfälle technischer Komponenten

Wenn Komponenten komplexer technischer Anlagen ausfallen, entstehen schnell hohe Austauschkosten und Stillstandzeiten beim Kunden. Fällt der Ausfall in den Gewährleistungszeitraum, kommen diese Kosten auf den Hersteller zu. Für ihn ist daher zwingend nötig, den Ausfallzeitpunkt einschätzen zu können – doch gerade bei kleinen Stückzahlen, neuen Anlagenmodellen oder stark diversifizierten Anlagen ist diese Abschätzung eine enorme Herausforderung. Die STASA Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH in Stuttgart hat sich auf die statistische Analyse komplexer technischer Systeme spezialisiert und bietet hierfür Lösungen an.

Die Schnell Motoren AG in Amtzell im Allgäu fertigt und vertreibt seit 1992 eigenentwickelte hochmoderne Blockheizkraftwerke für Biogasanlagen. Unterschiedliche und nicht standardisierte Einsatzbedingungen in landwirtschaftlichen Betrieben sowie große Qualitätsschwankungen der Betriebsstoffe bringen stark schwankende Verschleißbedingungen der einzelnen Komponenten der Anlagen mit sich, die einen hohen Aufwand bei der Ursachenermittlung in potenziellen Gewährleistungsfällen nach sich ziehen können. Die Experten bei STASA unterstützen und beraten das Unternehmen bei der Ermittlung und Prognose der Komponentenausfälle der Biogasanlagen und der daraus erwarteten zukünftigen Entwicklung der Gewährleistungskosten.

Ziel war für das Projekt-Team zunächst eine Methode zu entwickeln, mit der die statistischen Laufzeiten und Lebensdauern derjenigen Motorenkomponenten, die den überwiegenden Teil der Gewährleistungskosten ausmachen, ermittelt und fortgeschrieben werden konnten. Auf dieser Basis entwickelten die Steinbeis-Experten statistische Modelle, die gezielt auf die Herausforderungen der Schnell Motoren AG zugeschnitten sind, um die Ausfallraten und die daraus resultierenden Gewährleistungskosten über einen Zeitraum von 36 Monaten fortzuschreiben. Dieser modellbasierte Ansatz bietet den Vorteil, dass in Szenarien unterschiedliche Annahmen zur weiteren Entwicklung getroffen werden können und sich daraus die zu erwartende Entwicklung der Ausfallzahlen und -kosten berechnen lässt – Abschätzungen der Gewährleistungskosten aus dem Bauch heraus gehören damit der Vergangenheit an.

Auch wenn Kundendienstaktivitäten lückenlos dokumentiert sind und Laufzeitzähler Aufschluss über bekannte Lebensdauern ausgetauschter Komponenten geben, ist eine belastbare Erfassung und Auswertung der Ausfallstatistik schwierig. Herkömmliche statistische Methoden, wie beispielsweise die Ermittlung der den Ausfällen zugrundeliegenden Weibullverteilung, können nur eingeschränkt eingesetzt werden. Neben den kleinen Fallzahlen muss auch die zeitliche Entwicklung der Lebensdauern bestimmter Komponenten im Auge behalten werden: Qualitätsprobleme bei Zulieferern beispielsweise können vorübergehende Verkürzungen der Lebensdauern zur Folge haben. Darüber hinaus können die durchschnittlichen Lebensdauern bestimmter Komponenten auf unterschiedlichen Aggregattypen verschieden sein, da sie unterschiedlichen Abnutzungserscheinungen unterliegen.

Die für die Schnell Motoren AG gefundene Lösung zeigt: Auch bei kleinen Fallzahlen lassen sich zuverlässige Prognosen über die Ausfallzahlen treffen. Entscheidend ist die Auswahl der für den Anwendungsfall optimal zugeschnittenen Methode. Das STASA-Team hat die Ausfallzahlen der Schnell Motoren AG für die einzelnen Komponenten analysiert und ein entsprechendes statistisches Modell zur Fortschreibung der Statistik entwickelt. Basis waren die Austauschstatistik und deren zeitliche Entwicklung über die letzten beiden Jahre sowie die Laufzeiten der aktuell aktiven Komponenten. Nun ist es möglich, die Ausfallzahlen der einzelnen Komponenten abhängig von den zukünftig erwarteten in Betrieb befindlichen Aggregaten fortzuschreiben. Daneben können anhand der Austauschkosten auch die entsprechend erwarteten Gewährleistungsaufwendungen berechnet und fortgeschrieben werden. Berücksichtigt wird dabei auch, dass für ausgetauschte Komponenten der Gewährleistungszeitraum wieder neu beginnt. Auch komplexere Gewährleistungsmodelle können abgebildet werden, wie beispielsweise die ProRata- Garantie der Schnell Motoren AG: Hier müssen Kunden nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung in Abhängigkeit der Laufzeit der defekten Komponente nur einen Teil der Kosten übernehmen.

Die Ergebnisse der Fortschreibung lassen sich bereits jetzt überprüfen: Die tatsächlichen Gewährleistungskosten liegen auch nach vier Monaten in dem durch STASA prognostizierten Korridor. Zukünftig soll die Entwicklung der Ausfallstatistik regelmäßig durch STASA überprüft und die Fortschreibung der Gewährleistungskosten gegebenenfalls angepasst werden, so dass Gewährleistungsrückstellungen in einer sinnvollen Höhe gebildet werden können. Gleichzeitig dient die Überprüfung als Frühwarnsystem für eventuell auftretende Qualitätsprobleme bei Zulieferern. Viktor Gaspar, Chief Operating Officer der Schnell Motoren AG, zieht ein sehr positives Fazit: „Das Ergebnis der Analyse durch STASA hat für uns zur genaueren Strategiefindung maßgebend beigetragen und uns geholfen, einen schwierigen Sachverhalt gut darzustellen. Die schnelle Einarbeitung in die komplexe Datenlage und die professionelle, freundliche Zusammenarbeit haben uns sehr beeindruckt.“

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