Augenchirurgen mit Navigationssystem

Steinbeis-Experten forschen in der Katarakt- und refraktiven Augenchirurgie

Die bildgebende Diagnostik gehört bei Operationen in der Orthopädie und interventionellen Kardiologie schon seit vielen Jahren zum Stand der Technik. Navigationssysteme assistieren heute Chirurgen in der Onkologie, im HNO-Bereich und in der Neurochirurgie beim Aufsuchen krankhaft veränderter Strukturen und dem hochgenauen Einpassen von Implantaten. Am Steinbeis-Forschungszentrum International Vision Correction Research Centre an der Universitäts-Augenklinik Heidelberg untersuchen Experten in Zusammenarbeit mit der Eyesight & Vision GmbH in Nürnberg die Möglichkeiten und Grenzen der sogenannten Wellenfront Fehlsichtigkeitsmessung während Operationen und entwickeln ein Navigationssystem für die Katarakt (Grauer Star)- und refraktive Chirurgie (Veränderung der Gesamtbrechkraft des Auges).

Mit mehr als elf Millionen Eingriffen pro Jahr weltweit ist die Entfernung der gealterten und eingetrübten Linse der häufigste chirurgische Eingriff am Menschen. In seiner heute schon 60-jährigen Geschichte hat sich die Implantation von künstlichen Intraokularlinsen (IOLs) zu einem sicheren minimalinvasiven Verfahren entwickelt. Die refraktive Linsenchirurgie bietet heute die Möglichkeit bestimmte Fehlsichtigkeiten so zu korrigieren, dass der Patient sowohl in der Nähe als auch in der Ferne eine Unabhängigkeit von Brille oder Kontaktlinsen erreichen kann.

Im Zentrum der Forschung und Entwicklung in der refraktiven Linsenchirurgie stehen heute zwei Themen. Zum einen soll die Brechkraft des Auges besser prognostiziert werden, indem IOL-Berechnung und IOLAuswahl individualisiert werden. Außerdem wollen Forscher Fehlsichtigkeiten höherer Ordnung korrigieren, um ein optimales Kontrast- und Dämmerungssehen erreichen zu können.

Die neue sogenannte Wellenfront-Aberrometrie ermöglicht dem Augenchirurgen die Messung der Fehlsichtigkeit nach der Entfernung der eingetrübten Linse und die Messung der Zielbrechkraft, nachdem die Intraokularlinse im Auge positioniert wurde. Die bisherigen Verfahren der Wellenfrontanalyse projezierten ein Punktemuster in das Auge, auf dessen Basis die Abbildungsfehler diagnostiziert wurden. In der Praxis scheiterte die Analyse im OP bisher in der Regel daran, dass das Punktemuster durch die Fehlsichtigkeit so verzerrt wurde, dass die Auswertung der Lage der Punkte zueinander nicht mehr eindeutig, teilweise sogar unmöglich wird.

Die an der Universitäts-Augenklinik Heidelberg eingesetzte und von den Experten des Steinbeis-Forschungszentrums und der Eyesight & Vision GmbH neu entwickelte Technologie löst das Zuordnungsproblem durch einen Laserstrahl, der so schnell über die Hornhaut läuft, dass er dabei eine Fläche beschreibt. Damit ist zu jeder Zeit jeder aus der Hornhaut austretende, durch die Fehlsichtigkeit des Auges in seiner Wellenfront veränderte Strahl, seinem Ursprungsstrahl eindeutig zuzuordnen. Möglich wurde diese Technologie durch einen neu entwickelten Micro-Scanner- Spiegel, der einen auf ihn gerichteten Laserstrahl so auslenkt, dass er auf der Hornhaut und damit auch auf der Netzhaut eine Fläche beschreibt.

Dem Projektteam ist ein wesentlicher Schritt in der Augenchirurgie gelungen: Die Technologie ermöglicht eine intraoperative Fehlsichtigkeitsmessung in Echtzeit und legt damit den Grundstein für die Entwicklung eines Navigationssystems für die refraktive Linsenchirurgie.

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