Wissensbilanz und Kompetenzportfolio

Strategieumsetzung und Personalentwicklung besser verzahnen

Die Strategie eines Unternehmens entscheidet maßgeblich über den zukünftigen Unternehmenserfolg. Widerstände und fehlendes Commitment innerhalb einer Organisation bilden die zentralen Herausforderungen bei der Strategieumsetzung und damit letztendlich der Frage des Strategieerfolges. Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) hat zusammen mit dem Steinbeis-Beratungszentrum Human Capital Management (HCM) das Tool „Strategieorientiertes Kompetenzportfolio“ entwickelt, um die Strategie des Unternehmens mit den jeweiligen Personalentwicklungsmaßnahmen besser verzahnen zu können.

Das aus der Wissensbilanzierung des Fraunhofer IPK abgeleitete Tool ist so konzipiert, das es die stärkere Andockung von HR-Experten an den Kernprozess der Organisation, die Strategieentwicklung- und –umsetzung, unterstützt.

Zurzeit findet die Beteiligung von HRExperten an der Strategieumsetzung in Unternehmen vielerorts noch relativ selten statt. Zahlreiche Praxiserfahrungen zeigen die Strategiekommunikation und die Individualisierung der strategischen Ziele als Herausforderung strategischer Unternehmensführung. Der Personalentwicklungsprozess dagegen läuft weitgehend unabhängig und von den aus der Strategie abgeleiteten Kernzielen der Organisation losgelöst. Darüber hinaus zeigt sich eine zunehmende Tendenz des Zweifels am wertschöpfenden Beitrag der Personalentwicklung in Unternehmen. Dabei liegt ein enormes Potenzial in der engeren Verzahnung der Strategieumsetzung mit dem Personalentwicklungsprozess. Das auf der Wissensbilanzierung des Fraunhofer IPK basierende Tool „Strategieorientiertes Kompetenzportfolio“ soll dabei helfen, diese Verzahnung zu entwickeln und umzusetzen.

Die Grundidee der „Wissensbilanz – Made in Germany“ liegt in der Bereitstellung eines KMU-gerechten, einfach anzuwendenden Tools, welches das so genannte „Intellektuelle Kapital“ (IK) eines Unternehmens beschreiben und bewerten hilft, mit dem Ziel, strategiekonforme Maßnahmen zur Unternehmensentwicklung, speziell im Bereich der weichen Erfolgsfaktoren, abzuleiten und zu steuern. Das Intellektuelle Kapital einer Organisation bezeichnet alle für die Geschäftstätigkeit wichtigen immateriellen Erfolgsfaktoren und deren Vernetzung untereinander und wird in die drei Kapitalarten Human-, Struktur- und Beziehungskapital unterteilt. Das Humankapital umfasst alle Eigenschaften und Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter. Unter dem Strukturkapital versteht man alle Strukturen, die die Mitarbeiter nutzen, um die Geschäftstätigkeit in ihrer Gesamtheit durchzuführen. Das Beziehungskapital umfasst alle Beziehungen zu organisationsexternen Gruppen und Personen, die in der Geschäftstätigkeit genutzt werden. Innerhalb dieser drei Kapitalarten werden einzelne immaterielle Faktoren, die Einflussfaktoren, unterschieden. Diese Faktoren haben bei Veränderung direkte oder indirekte Auswirkungen auf den Geschäftserfolg und die Zielerreichung einer Organisation.

Die Wissensbilanz stellt also ein Instrument für die Entscheidungsfindung und Überwachung von gezielten Entwicklungsmaßnahmen im Bereich des Intellektuellen Kapitals dar. Neben diesem Steuerungsaspekt kann die Wissensbilanz auch zur internen wie externen Kommunikation genutzt werden, um immaterielle Werte des Unternehmens für verschiedene Zielgruppen transparent zu machen. Die unterstützende Software „Wissensbilanz- Toolbox“ untergliedert die Methode in acht einfache Arbeitsschritte: Geschäftsmodell, IK, Bewertung, Messung, Wirkung, Auswertung, Maßnahmen und Wissensbilanz.

Das Steinbeis-Beratungszentrum hat zusammen mit dem Fraunhofer IPK die Wissensbilanzierung weiterentwickelt und auf die Anforderungen und zentralen Bedingungen der Personalentwicklung an gepasst. Entscheidender Unterschied ist, dass das Bewertungsinstrument auf der Abteilungs- bzw. Teamebene durch die Personalentwicklungseinheit des Unternehmens eingesetzt wird. Im Gegensatz zum Vorgehen der Wissensbilanz mit dem Ziel, ein ganzheitliches Bild eines Unternehmens zu entwerfen, basiert der Ansatz des „Strategieorientierten Kompetenzportfolios“ auf einer workshopbasierten, fragebogengestützten Erhebung mit dem Fokus auf der Ableitung von abteilungsspezifischen Personalentwicklungsmaßnahmen. Auf diese Weise wurde eine Methodik entwickelt, die Investitionen in die Personalentwicklung strategieorientierter zu gestalten.

Ausgangspunkt ist eine möglichst spezifische Strategie, die sich für die relevante Abteilung idealerweise aus einer übergeordneten Unternehmensstrategie ableitet. Die darin festgelegten strategischen Ziele sind Grundlage für die Definition von abteilungsspezifischen Einflussfaktoren (Kompetenzen) und sind gleichzeitig Maßstab für die Bewertung durch die Mitarbeiter und die Führungskraft. Der Wissensbilanz- Schnelltest setzt diesen Ansatz der fragebogenbasierten Erhebung, zunächst mit allgemeinen, aus der Empirie stammenden Standard-Einflussfaktoren, erstmalig als Online-Tool um.

Der grundsätzlich strategisch ausgerichtete Ansatz der Wissensbilanz sowie der methodische Ansatz der Bildung von Einflussfaktoren als benötigte immaterielle Ressourcen zur Strategieumsetzung stellen eine gute Grundlage für die Verzahnung von Personalentwicklungsmaßnahmen mit der Strategie dar. Allein die Tatsache, dass jeder einzelne Mitarbeiter die Einflussfaktoren anhand der abteilungsspezifischen Strategie bewerten muss, stellt eine intensive Auseinandersetzung mit der (zuvor kommunizierten) Strategie sicher.

Mit dem tool lassen sich auf Basis der Unternehmens- und Bereichsstrategien die Personalentwicklungsanforderungen der einzelnen Abteilungen zielgerichtet ableiten. Führungskräfte müssen hierfür vier Prozessschritte sicherstellen:

  • Strategiekommunikation: Darstellung und Diskussion der wesentlichen Eckpfeiler der strategischen Ausrichtung des Unternehmens oder Bereichs mit den jeweiligen Mitarbeitern.
  • Ableitung der wesentlichen individuellen und abteilungsseitigen Kompetenzanforderungen, um im Sinne der Strategie die Abteilungsaufgabe zu optimieren.
  • In einem weiteren Schritt bewerten die Mitarbeiter die einzelnen festgelegten Kompetenzprofile der Abteilung in Bezug auf „Bedeutung des einzelnen Kompetenztypus für die Strategieumsetzung“ und „IST-Ausprägung dieses Kompetenztypus“ in der jeweiligen Abteilung.
  • Die Ergebnise der einzelnen Befragungen werden akkumuliert und führen zum „Strategischen Kompetenzportfolio“. Die Entwicklungsfelder der Abteilung werden aus Sicht der Mitarbeiter und der Führungskraft in einer Grafik dargestellt. Aus diesem Entwicklungsprofil leiten sich dementsprechend, systematisch strategiebezogene Personalentwicklungsmaßnahmen ab.


Der zentrale Mehrwert der Anwendung des „Strategischen Kompetenzportfolios“ liegt in der Strategie- und Ressourcenfokussierung von Personalentwicklungsmaßnahmen. HREntwicklungsexperten können damit ihre Funktionen im Strategiekommunikationsund -umsetzungsprozess stärken. Dem Mitarbeiter wird seine eigene Relevanz und Beitragsmöglichkeit zur Strategieumsetzung verdeutlicht. Die Relevanz der betriebswirtschaftlichen Funktion Personalentwicklung steigt.

Kontakt

Prof. Dr. Benedikt Hackl
Steinbeis-Beratungszentrum Human Capital Management (HCM, Ravensburg)

Markus Will
Competence Center Wissensmanagement (CCWM) am Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (Berlin)
Markus.Will@ipk.fraunhofer.de

Das Tool „Strategieorientiertes Kompetenzportfolio“ erfüllt drei zentrale Zielsetzungen strategischer Personalentwicklung

  • Wertschöpfender Beitrag des HR: Das Tool unterstützt das Unternehmen dabei, Personalentwicklungs-
    entscheidungen im Sinne eines Trichters auf die zentralen Herausforderungen der Unternehmensstrategie hin auszurichten. Durch die Verzahnung individueller Personalentwicklungs-
    entscheidungen mit strategischen Anforderungen steigt sowohl der Informationsgrad als auch das Verständnis zur strategischen Ausrichtung. Die Kosten bei der Strategieumsetzung, Widerstände abzubauen, sinken.
  • Strategiekommunikation: Das Tool vereinfacht und verselbstständigt den Austausch der Führungskraft mit seinen Mitarbeitern über Ziele und Herausforderungen der Strategie dadurch, dass Strategiekommunikation Teil der ohnehin jährlich laufenden Personalent-
    wicklungsprozesse wird.
  • Fokussierung: Das „Strategische Kompetenzportfolio“ hilft das Risiko des Gießkannenprinzips von Entscheidungen, vor allem von Weiterbildungsent-
    scheidungen, zu minimieren und diese auf den Prozess der Strategie des Unternehmens hin auszurichten. Die Relevanz und der Wertschöpfungsbeitrag der partiell als irrelevant wahrgenommenen betriebswirtschaftlichen Funktion der Personalentwicklung steigen.

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