„Gemeinsam sind wir stark“

Im Gespräch mit Professor Dr.-Ing. Wolfgang Wehl

Herr Professor Wehl, mit der Leitung des Steinbeis-Transferzentrums Technische Beratung an der Hochschule Heilbronn haben Sie die Leitung eines der ältesten und nach wie vor erfolgreichsten Steinbeis-Unternehmen im Verbund übernommen. Gerade in einer wachstumsstarken Region wie Heilbronn-Franken ist die Stärkung des marktnahen Wissens- und Technologietransfers durch Beratung und angewandte Forschung und Entwicklung wesentlich. Wo setzen Sie dazu die Schwerpunkte der Arbeit Ihres Steinbeis- Transferzentrums?

Das Steinbeis-Transferzentrum (STZ) Technische Beratung an der Hochschule Heilbronn lebt von der herausragenden Kompetenz und guten industriellen Vernetzung seiner Mitarbeiter. Zurzeit arbeiten 16 Projektleiter aus allen drei technischen Fakultäten der Hochschule Heilbronn vom Campus Heilbronn und Campus Künzelsau im Transferzentrum. Überwiegend akquirieren die Projektleiter ihre Projekte selbst. Auftraggeber aus der Region profitieren zum einen von der räumlichen Nähe und zum anderen von der guten Laborausstattung des STZ. Andererseits wurden wir aufgrund von Alleinstellungsmerkmalen einiger Projektleiter schon öfters aus der ganzen Welt beauftragt. So konnten wir auch schon Rechnungen nach Argentinien, England, Japan, Singapur und Spanien schicken. Langjährige Themenschwerpunkte liegen bei Untersuchungen am Verbrennungsmotor, in der Strömungsmechanik, in der Mikrodosiertechnik und bei der Untersuchung der Haptik von Bedienteilen im Fahrzeug.

Als Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Technische Beratung an der Hochschule Heilbronn versuche ich zunächst zusammen mit meinem Stellvertreter Prof. Dr.-Ing. Jörg Wild, die exzellente Arbeit meines Vorgängers und Löhn-Preisträgers 2010, Prof. Dr.- Ing. Klaus Boelke fortzusetzen. Schwerpunkte liegen in der Vernetzung der Projektleiter, der Projektabrechnung und der Schnittstellenarbeit zur Stuttgarter Steinbeis-Zentrale. Angehen wollen wir bald auch den Aufbau einer attraktiven und umfangreichen Internetdarstellung unseres Transferzentrums.

Der „TBD“, ursprünglich als reiner „technischer Beratungsdienst“ an den früheren Fachhochschulen in Baden-Württemberg gegründet, bildete die Basis des heutigen Steinbeis-Modells. Schon seit 1971 war ein TBD in Heilbronn aktiv, der sich im Laufe der Zeit zu einem profilierten Dienstleistungsunternehmen im Technologietransfer weiterentwickelt hat. Sie selbst sind seit 1997 im Steinbeis-Verbund dabei und haben 2011 die Leitung des Steinbeis-Transferzentrums übernommen. Was hat sich im Laufe Ihrer Steinbeis-Zeit verändert? Welche gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen haben die Arbeit der Technischen Beratung beeinflusst?


Nach einem Monat SU-Leitertätigkeit kann ich natürlich keine Vergleiche zu einer weit zurückliegenden Vergangenheit ziehen. Während meiner langjährigen Tätigkeit als Projektleiter hat sich eigentlich gar nichts geändert: Kunden fragen an, man überlegt, ob man helfen kann, man erstellt ein Angebot, erhält ggf. einen Auftrag und wickelt das Projekt ab. Das ist ja gerade das schöne an der reinen Projektleiterfunktion, dass man fast nichts mit bürokratischen Notwendigkeiten zu tun hat.

Als Leiter bin ich nun zusätzlich mit der Verwaltung unseres Steinbeis-Unternehmens beschäftigt. Die Abläufe sind jedoch wesentlich einfacher als an der Hochschule selbst. Aus der Steinbeis-Zentrale wird einem zudem immer das Gefühl vermittelt „Wenn es Ihnen gut geht, dann geht es auch uns gut!“ Das gleiche Credo versuche ich jetzt auch an meine Projektleiter weiterzugeben.

Ihr Zentrum bietet Dienstleistungen in den Bereichen Elektrotechnik, Mechatronik und Mikrosystemtechnik, Maschinenbau und Produktionstechnik an. Können Sie momentan einen Schwerpunkt in der Nachfrage, insbesondere bei KMU erkennen? Gibt es Trends?

Während es sich früher wenigstens die großen Unternehmen leisteten, für die unterschiedlichsten Randthemen eigene Kompetenzen und Ressourcen vorzuhalten, konzentrieren sich heute eigentlich alle nur noch auf ihre Kernkompetenzen. Große Unternehmen kommen vor allem dann zu uns, wenn es irgendwo auf der langen Strecke zwischen dem Produktentwurf bis hin zur Kundennutzung irgendwo „brennt“ oder aber einer unserer Projektleiter über ganz spezielles Fachwissen verfügt. Weiterhin ist es für große Konzerne unüblich mit Einzelpersonen zusammenzuarbeiten, sodass die Projektleiter unter dem Dach von Steinbeis und damit als Unternehmen diesen ihre Beratung anbieten können. Kleinere und mittlere Unternehmen beauftragen uns oft, wenn sie in ein für sie neues Geschäftsfeld vordringen wollen.

Gerade für mein Spezialgebiet, die Mikrosystemtechnik, kommt dieses Motiv besonders oft zum Tragen, da KMU hier in der Regel über keine eigenen Erfahrungen verfügen. Nach Beauftragung entwickeln wir gemeinsam mit professionellen Mikrosystemherstellern das Mikrosystem, testen und applizieren es in die mechatronischen Produkte unserer Kunden.

Ihr Zentrum an der Hochschule Heilbronn blickt auf eine lange und erfolgreiche Vergangenheit zurück – welche Ziele und Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft Ihres Zentrums?

Gemeinsam sind wir stark – kaum einer zweifelt diesen Sinnspruch an. Trotzdem bearbeiten die meisten unserer professoralen Projektleiter ihre Projekte ganz alleine. Es würde der Leistungsfähigkeit unseres Transferzentrums jedoch gut tun, wenn in großen Projekten das spezifische Fachwissen mehrerer Projektleiter einfließen würde. Dass das von unseren Auftraggebern gerne gesehen wird und dass es den Projekten gut tut, haben wir in der Vergangenheit schon einige Male bewiesen. Wie ich als SU-Leiter die Zusammenarbeit zukünftig gezielt fördern kann, muss ich mir noch überlegen.

Um auch zukünftig unserem Anspruch, kompetenter Partner einer breiten technischen Palette zu sein, gerecht zu werden, wollen wir noch mehr – vor allem neu berufene – Kollegen als Projektleiter in unser Transferzentrum einbinden. Eigentlich müsste das ja ein Selbstläufer sein, denn dieses Spiel kennt nur Sieger: Die Projektleiter, die an nachgefragten Themen ihr Fachwissen ein bringen und – für die eigene Lehre – aktualisieren können, die Industrie, der wir helfen, Probleme zu lösen und den mitarbeitenden Studenten, die praxisnah Geld verdienen können und Kontakt zur Wirtschaft erhalten.

Nicht an letzter Stelle unserer Ziele steht die Verbesserung unserer Außendarstellung. Auch wenn es viele Ingenieure nicht kümmert: Kommunikation und Werbung ist alles. Den ersten Kontakt zu Kompetenzen googeln sich unsere potenziellen Kunden heute mit wenigen Tastenklicks zusammen. Es ist doch schade, dass dabei bisher das Steinbeis-Transferzentrum Technische Beratung an der Hochschule Heilbronn zu selten auftaucht.

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Wehl

Nach seinem Maschinenbaustudium an der TU München spezialisierte sich Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Wehl auf die Tintendrucktechnologie. Nach der Promotion 1984 entwickelte er in der Siemens AG rund zehn Jahre an dieser Technologie – anfangs feinwerk-, später mikrosystemtechnisch basiert. Seit 1996 ist Wolfgang Wehl an der Hochschule Heilbronn im Studiengang Mechatronik und Mikrosystemtechnik für die Fertigung der Mikro- und Feinwerktechnik verantwortlich. Von Anfang an führte er über Steinbeis eine Vielzahl von Projekten in seinem Spezialgebiet durch, auf dem er deutschlandweit inzwischen beinah ein Alleinstellungsmerkmal hat.

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