Karriere ohne Hierarchie

Fach-, Führungs- und Projektkarrieren in der Bank

Betriebliche Wertschöpfung hat sich längst von formalen Hierarchien gelöst; sie vollzieht sich mehr und mehr in Spezialisteneinheiten mit hoher fachlicher Expertise, in Projektteams mit temporären Aufgaben und Strukturen, ja, oft genug in Arbeitsformen, die dem gängigen Verständnis von „Oben“ und „Unten“ in der Organisation gar nicht mehr entsprechen. Aber: Noch immer spiegelt sich diese Wertschöpfung nicht in der nötigen Wertschätzung gegenüber Projektleitern, Spezialisten, Analysten, Controllern und anderen wider. Karriere macht immer noch primär derjenige, der in der Führungshierarchie „aufsteigt“ – zehn Mitarbeiter führt, fünfzig Mitarbeiter führt, hundert Mitarbeiter führt.

Dieses Modell geht am realen System moderner Wertschöpfung weit vorbei. Eine Einsicht, die eine der großen deutschen Universalbanken als Kunde des Steinbeis-Transferzentrums Technologie – Organisation – Personal bewogen hat, die bisherige Karriere- und Vergütungssystematik komplett auf den Prüfstand zu bringen. Das Ergebnis: ein vollkommen neues Modell, das transparente und durchlässige Karrierepfade für Tausende Mitarbeiter im In- und Ausland mit marktorientierten Vergütungsstufen koppelt.

Ein anspruchsvolles Vorhaben also, bei dem es vor allem darauf angekommen ist, alle wesentlichen Fach- und Führungskräfte frühzeitig an einen Tisch zu bekommen und die Projektsitzungen stringent, methodisch klar und sicher zu moderieren. Denn: Was in diesem Projekt mit zahlreichen Mitarbeitern und Beteiligten keineswegs entstehen durfte, waren Missverständnisse, Unstimmigkeiten, divergierende Auffassungen vom neuen Karrieremodell – sei es im Grundsatz oder im Detail. Zumal alle Resultate in die personalwirtschaftlichen Systeme und Prozesse, in Personalinformationssysteme und flankierende IT-Infrastruktur einzuspeisen sind.

Für die reibungslose Integration des neuen Modells, die notwendige Verständlichkeit und Akzeptanz innerhalb der Organisation sind damit einige zentrale Parameter zu berücksichtigen gewesen:

  • Das neue Karrieremodell bildet primär das Geschäftsmodell und die Wertschöpfungskette des Instituts ab (Private Banking, Corporate Banking, Zentrale Funktionen, etc.); mit anderen Worten: Im Karrieremodell sollte der organisatorische und funktionale Aufbau des Unternehmens sofort erkennbar sein.
  • In der „neuen Welt“ sind Vergütung und Personalentwicklung systematisch miteinander verbunden: Im Konzept werden die wesentlichen Eckdaten für Eingruppierung, Vergütungsstufen, Rollen und Rollenfamilien, Personalentwicklung und Weiterbildung definiert.
  • Es besteht grundsätzliche Gleichwertigkeit zwischen den unterschiedlichen Karrierepfaden (Fach-, Führungs- und Projektkarrierepfade) – diese Gleichwertigkeit betrifft Titelstruktur, Vergütung, Zusatz- und Nutzungsleistungen (betriebliche Altersversorgung, Dienstwagen, etc.) und vieles mehr.
  • Es können und sollten – eine wesentliche Neuerung gegenüber bisherigen, in Theorie und Praxis diskutierten Systemen – durchaus mehrere Fach-, Führungs- und Projektkarrierepfade nebeneinander existieren; nur so ist die notwendige Abbildung der Ablaufund Aufbauorganisation in ganzheitlicher Perspektive sichergestellt.
  • Im Rahmen der Umsetzung ist methodisch darauf zu achten, dass nicht noch einmal die gegenwärtige Ist-Situation – mit ihren historisch gewachsenen Unstimmigkeiten und Verwerfungen – gespiegelt wird, sondern dass ein für den künftigen Betrieb notwendiger (personalwirtschaftlicher) Soll- Zustand beschrieben und etabliert wird. Im Zweifel sind Korrekturen vorzunehmen, die erst mittelfristig wirken.

Mit der Einführung des veränderten Karrieremodells hat das Unternehmen einen neuen Rahmen für Vergütung und Entwicklung geschaffen. Mit Blick auf das volatile Marktumfeld war es wichtig, ein System zu entwickeln, das mittelfristig Kontinuität und Verlässlichkeit vermittelt und zugleich ausreichend flexibel ist, um Veränderungen im Marktumfeld, organisatorische Neustrukturierungen oder Verschiebungen am externen Arbeitsmarkt abzufedern; mithin ging es und geht es um eine intelligente Balance von Stabilität und Wandel.

Allein mit Blick auf die demographischen Veränderungen der nächsten Jahre – die allerdings im deutschen Bankensektor längst nicht so dramatisch ausfallen werden, wie vielfach behauptet – war eine Systematik zu schaffen, die demographische Verschiebungen in der Personalausstattung der Bank frühzeitig erkennbar macht und entsprechende Handlungsoptionen ausweist. Da das neue Konzept maßgeblich auf differenzierten Senioritätsstufen (vom „Junior“ zum „Principal“) basiert, wird das in Zukunft gleichsam „auf Knopfdruck“ möglich sein.

Hinzu tritt die für manche Segmente des externen Arbeitsmarktes nach wie vor kritische Frage der Arbeitgeberattraktivität: Nur Unternehmen, die wirklich glaubhaft machen können, dass hochqualifizierte Spezialisten der Produktentwicklung, der Unternehmensbewertung oder der Risikoanalyse bei ihnen eine reelle „Chance auf Karriere“ haben, ohne dass das automatisch mit der Übernahme von Führungsverantwortung und Führungsaufgaben verbunden ist – nur solche Unternehmen werden auch künftig eine Chance haben, die richtigen Kandidaten zu gewinnen. Nicht zuletzt diese Einsicht hatte den Kunden des Steinbeis-Transferzentrums Technologie – Organisation – Personal zur Umsetzung des anvisierten Vorhabens gedrängt.

Und schließlich die monetäre Dimension: Gestützt auf Vergütungsstudien macht das neue Modell eine grundsätzlich marktkonforme Vergütung inklusive aller variablen und optionalen Gehaltsbestandteile möglich. Damit tritt an die in der Vergangenheit punktuell immer wieder auftretende Unsicherheit – „Was zahlt denn der Bankenmarkt überhaupt für vergleichbare Rollen und Qualifikationen?“ – ein Rahmen, der eine verlässliche Zuordnung zu Gehaltsbändern beziehungsweise Vergütungsstufen wirksam unterstützt.

Wertschätzung für Wertschöpfung – so also das neue Verständnis von Personalentwicklung, Karriere und Vergütung bei dem Bankhaus. Gleichzeitig konnte eine bereits heute deutliche Systematisierung und Professionalisierung der gesamten Personalarbeit geleistet werden – dank Steinbeis-Unterstützung!

Seite teilen