Der demographische Wandel macht eine Neugestaltung der Daseinsvorsorge unumgänglich. Doch ohne finanziellen Rückhalt ist dies nicht zu bewältigen. Der Rhein-Hunsrück-Kreis will dazu die sich aus Energieeinsparung, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien (EEE) ergebenden Wertschöpfungspotenziale flächendeckend nutzen. Der Landkreis, seine Verbandsgemeinden sowie die verbandsfreie Stadt Boppard haben gemeinsam mit den Bürgern die lokalen Herausforderungen der demographischen Entwicklung als Chance aufgegriffen, um neue Lösungsansätze einer gezielten Daseinsvorsorge zu etablieren. Im Rahmen des Projektes „ZukunftsiDeeen“ haben die Projektpartner einen integrativen Ansatz entwickelt, der die Themenfelder Daseinsvorsorge und Wertschöpfung aus der regenerativen Energieerzeugung miteinander verknüpft. Das Steinbeis-Beratungszentrum für Regional- und Kommunalentwicklung und das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) begleiteten das Projekt wissenschaftlich.
Die aus dem demographischen Wandel entstehenden Tragfähigkeitsprobleme bei der Bereitstellung der Daseinsvorsorge im Rhein-Hunsrück- Kreis sind bereits in den Handlungsfeldern zentraler Grundbedürfnisse „Leben – Wohnen – Arbeiten“ erkennbar. Fraglich ist ferner, ob und vor allem wie die technische und soziale Infrastruktur zukünf- tig aufrechterhalten werden kann. Vor diesem Hintergrund werden individuelle Strategien erforderlich, um die spezifischen Bedürfnisse und Potenziale vor Ort in den Fokus zu rücken und maßgeschneiderte Konzepte zu entwickeln. Ziel des Projektes „ZukunftsiDeeen: innova- tive Daseinsvorsorge durch Energieeinsparung, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien nachhaltig gestalten im Rhein-Hunsrück-Kreis“ war es, in einem breit angelegten Partizipationsprozess gemeinsam mit den Bürgern und zentralen Akteuren Ideen zu sammeln, wie sich die Wertschöpfung aus dem Bereich Erneuerbare Energien fördern und damit die Herausforderungen in der Daseinsvorsorge besser bewältigen lassen.
Kernelement des Projektes waren die sieben Zukunftswerkstätten, die in jeder Verbandsgemeinde sowie in Boppard stattfanden. In diesen Werkstätten erarbeiteten die Teilnehmer als „lokale Experten“ konkrete Maßnahmenvorschläge zu verschiedenen Zielsetzungen, etwa in den Bereichen Nahversorgung, Arbeitsplatzangebot oder Energieversorgung. Die rund 400 Teilnehmer in den Zukunftswerkstätten entwickelten mehr als 600 Vorschläge.
Anfang 2013 erfolgte die inhaltliche Auswertung der Zukunftswerkstätten. Sie ergab fünf Themenfelder mit großem Handlungsbedarf: die medizinische Versorgung, die Nahversorgung, die Mobilität, das Gebäudemanagement und die Energieeffizienz sowie die dezentrale Energieversorgung und Teilhabe. Zu diesen Themenfeldern fanden Werkstattgespräche mit lokalen Experten statt, um den Handlungsbedarf zu erörtern und die Projektideen aus den Zukunftswerkstätten zu konkretisieren.
Derzeitig wird ein „Zukunftsrat Rhein-Hunsrück-Kreis“ aufgebaut, der für die Umsetzung ausgewählter Leuchtturmprojekte sorgen und diese weiter entwickeln wird. Der Zukunftsrat versteht sich als Zusammenschluss von lokalen Experten und Schlüsselakteuren, die sich aktiv und kritisch-kommentierend in die Politik einbringen. Der Zukunftsrat soll dabei aus politischen Entscheidungsträgern und Bürgern bestehen, wobei die Bürger 50% + 1 Stimme halten. Er wird sich zukünftig der Umsetzung der identifizierten Projektvorschläge annehmen und die Verknüpfung von Daseinsvorsorge und Erneuerbaren Energien im Landkreis vorantreiben. Außerdem werden in jeder Verbandsgemeinde mit den Bürgern unterschiedliche Arbeitsplattformen der „ZukunftsiDeeen“ eingerichtet, die dem Zukunftsrat zuarbeiten und lokal Projekte anstoßen. Das Steinbeis-Beratungszentrum für Regional- und Kommunalentwicklung unterteilt die erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse in zwei Bereiche: Zum einen konnten inhaltlich räumlich-konkrete Vorschläge zur Sicherung einer zukunftsfähigen Daseinsvorsorge in den Städten und Gemeinden entwickelt werden. Dabei ist eine Systematik entwickelt worden, die alle Möglichkeiten der Verknüpfung von Daseinsvorsorgeprojekten mit Erneuerbaren Energien erfasst. Sie reichen von reiner Querfinanzierung bis hin zu einer inhaltlichen Verbindung der beiden Bausteine in einem Projekt. Diese Systematik ermöglicht es dem Landkreis zukünftig, vorgesehene Projekte und Maßnahmen im Hinblick auf ihre Schnittstelle zu EEE zu untersuchen und bereits bei der Planung die Verknüpfung zu berücksichtigen.
Zum anderen konnte durch den Prozess mit intensiver Bürgerbeteiligung in Zukunftswerkstätten, bei Werkstattgesprächen, zentralen Veranstaltungen und im Zukunftsrat verdeutlicht werden, dass sowohl ein hohes Interesse an diesen Themen besteht, als auch die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Entwicklung und Umsetzung von Lösungen vorhanden ist.
Im Juni fand in der Rhein-Hunsrück-Halle in Simmern eine Konferenz mit rund 200 Teilnehmern zum Projekt „ZukunftsiDeeen“ des Rhein- Hunsrück-Kreises statt. Zum Abschluss der Förderperiode dieses Projektes durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung machten die Akteure im Rhein-Hunsrück-Kreis deutlich, dass der durch dieses Projekt angestoßene Prozess unter starker Bürgerbeteiligung auf Kreisund Gemeindeebene weitergeführt werden soll. In einem Impulsreferat betonte Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, den besonders innovativen Charakter des Projektes und würdigte die zukunftsweisenden Ergebnisse.
Prof. Dr. habil. Gabi Troeger-Weiß
Prof. Dr.-Ing. Hans-Jörg Domhardt
Steinbeis-Beratungszentrum Regional- und Kommunalentwicklung (Kaiserslautern)
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