Der Kunde des Steinbeis-Transferzentrums Technische Chemie war ratlos, als er sich an die Steinbeis-Experten wandte: Eine seiner Sprinkleranlagen zeigte trotz sorgfältig ausgewählter Werkstoffe zahlreiche Leckagen. War es ein Materialfehler, war es Korrosion, obwohl doch weder Kontaktelemente noch niedriglegierte Stähle vorhanden waren? Das Reutlinger Steinbeis-Team konnte helfen und stellte eine mikrobiologisch induzierte Korrosion fest.
Nach einer Untersuchung der Schliffbilder im Rasterelektronen- und Fluoreszenz-Mikroskop konnten Mikrorisse schnell ausgeschlossen werden. Korrosion konnte als Ursache ausgemacht werden, doch der Auslöser gab Rätsel auf.
Der Nachweis, dass es sich um mikrobiologisch induzierte Korrosion handelt, benötigt eine spezielle Analysemethode, da sich das Erscheinungsbild nicht von denen verschiedener anderer Korrosionsarten unterscheidet. Eine exakte und schnelle Analyse gewährleistet das Steinbeis- Transferzentrum Technische Chemie durch seine einzigartige Entwicklung der MSB-FISH-Methode (Metal Surface Biofilm – Fluorescence in situ Hybridization). Hier werden Mikroorganismen direkt ohne Zwischenkultivierung auf Metalloberflächen mit fluoreszenzmarkierten Nukleinsäuresonden identifiziert. Der große Vorteil dieser Methode liegt auch darin, dass ein genauer zeitlicher Ablauf der Besiedelung dargestellt werden kann.
Mit der MSB-FISH-Methode konnte das Steinbeis-Team eine mikrobiologisch induzierte Korrosion nachweisen. Die Darstellung der zeitlichen Abfolge der Besiedelung erklärte den Zustand der einzelnen Rohrleitungsstränge. Dadurch war auch eine Prognose der weiteren Entwicklung möglich. Der Kunde konnte nun Präventionsmaßnahmen vornehmen und die Sprinkleranlage dauerhaft schützen.
Ursache für die Korrosion sind bei mikrobiologisch induzierter Korrosion (MIC) sogenannte Biofilme. Man spricht dann auch von „Biokorrosion“ oder „Biofouling“. Biofilme stellen das bislang älteste bekannte Anzeichen von Leben dar und sind auch aus unserer heutigen Umwelt nicht wegzudenken. Jede klassische Korrosionsart kann durch Mikroorganismen ausgelöst oder verstärkt werden, die sich in Biofilmen einbetten. Die Ablaufgeschwindigkeit kann um das bis zu 30-fache beschleunigt werden. MIC wird durch Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen ausgelöst, die beispielsweise Schwefelwasserstoff, Schwefelsäure und Salpetersäure bilden. Eine bedeutende Rolle bei der Biokorrosion spielen vor allem sulfatreduzierende und säurebildende Bakterien. Sulfatreduzierer bilden lokal Säurekonzentrationen, die auch hochlegierte Werkstoffe angreifen können. Es gibt praktisch keine Oberfläche, die nicht von Mikroorganismen besiedelt wird: Fast alle Metalle, organische Stoffe, Glas, Keramik und Kunststoff können betroffen sein. Außer Titan, Molybdän und Nickel-Cadmium ist praktisch kein Metall gegen Korrosion unter der Einwirkung von Mikroorganismen resistent. Die Voraussetzungen hierfür sind einfach: Feuchtigkeit, Nährstoffe, Mikroorganismen und eine Oberfläche. Die technischen und hygienischen Probleme, die dadurch entstehen, sind weitreichend. So können Biofilme bei Ultrafiltrations- und Umkehrosmose-Anlagen auf Membranen eine vollständige und irreversible Verblockung hervorrufen. Bei Kühlschmier- und Zerspanungsanlagen, sowie bei Teilewaschanlagen tritt häufig Korrosion auf, die auf MIC zurückzuführen ist. Auch Kühlkreisläufe und Sprinkleranlagen sind oftmals betroffen, ohne dass die auslösende Ursache erkannt wird.
Dr. Ulrich Schekulin
Steinbeis-Transferzentrum Technische Chemie (Reutlingen)
su0348@stw.de