Unter Hochdruck

Flach-Clinchen mit pneumatischen Schlagzylindern

Wenn von Pneumatikzylindern für hohe kinetische Energien die Rede ist, spricht man von sogenannten Schlagzylindern. Druckluftenergie führt dabei dazu, dass der Kolben schlagartig innerhalb eines definierten Kolbenhubes auf hohe Verfahrgeschwindigkeiten beschleunigt und dessen Bewegungsenergie Bearbeitungsprozessen zugeführt wird. Im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten ZIM-Entwicklungsvorhabens entwickelte das gemeinnützige Innovationszentrum innerhalb des Steinbeis-Transferzentrums für Antriebs- und Handhabungstechnik in Chemnitz einen rückstoßreduzierten Schlagzylinder, mit dem das neue innovative Fügeverfahren Flach-Clinchen realisiert werden kann.

Der Unterschied zwischen Schlagzylindern und herkömmlichen Pneumatikzylindern besteht darin, dass der Kolben nicht abluftgedrosselt und endlagengesteuert ist, sondern bis kurz vor der Endlage beschleunigt wird und somit höhere kinetische Energien aufweist. Der industrielle Einsatz der Schlagzylinder ist jedoch mit erheblichen Nachteilen verbunden. Sie resultieren insbesondere aus den Rückschlagkräften beim Anfahren des Kolbens und aus den großen Belastungen der Gestellkonstruktion bei der Schlagausführung.

Gemeinsam mit der Lehmann-UMT GmbH im sächsischen Pöhl entwickelten die Steinbeis- Experten in einer Experimentalstudie eine technische Lösung zur Reduzierung der Anfahrrückschlagkräfte des Schlagzylinders. Der Lösungsansatz basiert dabei auf der Anordnung einer axial gegenläufigen Ausgleichsmasse zum Schlagkolben. Beide werden zeitgleich durch Druckluftbeaufschlagung angetrieben, sodass deren entgegengerichtete Impulse sich kompensieren und somit die Kraftwirkungen auf die peripheren Gestell- und Antriebskomponenten reduzieren.

Das Anwendungsspektrum des Schlagzylinders konzentriert sich vor allem auf die Bereiche des Trennens und des Fügens durch Umformen, wie z. B. Stanz-, Niet- und Clinchprozesse, die auf der Wirkung hoher Kräfte und Verformungsenergien an der Wirkstelle beruhen.

In Kooperation mit der Professur Virtuelle Fertigungstechnik der TU Chemnitz gelang es den Steinbeis-Entwicklern aus Chemnitz die innovative Flach-Clinch-Technik an den Schlagzylinder zu implizieren. Dieses an der TU Chemnitz entwickelte, punktförmige und einstufige Fügeverfahren hat eine einseitige Ebenheit, so dass die mechanisch gefügte, kraft- und formschlüssige Verbindung im Sichtbereich oder als Funktionsfläche eingesetzt werden kann. Außerdem eignet sich das Verfahren auch zum Verbinden artverschiedener Werkstoffe, wie z. B. Kunststoff mit Metall. Damit stellt das Flach- Clinchen eine hervorragende Möglichkeit dar, mit einer kurzen und effektiven Prozesskette Multi-Material-Design zu gewährleisten und den intelligenten Leichtbau mit Trend zum Material-Mix weiter zu intensivieren.

Für die ersten Versuchsreihen wurde ein Schlagzylinderprototyp mit dem Energiebereich 250 J dimensioniert und umgesetzt. Bei maximal 8 bar Betriebsdruck und einem Kolbenhub von 100 mm konnten sowohl Aluminiumbleche der Sorten AlMg99,5 und AlMg3 bis zu einer Gesamtblechstärke von 4 mm als auch DC04-Stahlbleche bis zu 2 mm mithilfe des Flach-Clinch-Verfahrens gefügt werden. Dabei wurde eine lackierfertige Bauteiloberfläche erreicht, ohne dass zusätzliche und kostenintensivierende Nachbearbeitungen notwendig sind.

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