Gemessene Sicherheit

Sichere und zuverlässige Magnetantriebe

In modernen Maschinen und Anlagen, in Automobilen aber auch in Konsumgütern werden immer mehr Reluktanzaktoren zur Verbesserung der Funktionalität eingesetzt, an die immer höhere Anforderungen bezüglich Sicherheit und Zuverlässigkeit gestellt werden. Die Funktionsfähigkeit der einzelnen Elektromagnete bestimmt die Zuverlässigkeit der komplexen Gesamtsysteme. Zu finden sind solche Systeme in Kraftfahrzeugen, Kraftwerken, Aufzügen, in der industriellen Sicherheitstechnik aber auch in der Medizintechnik. Durch äußere und innere Einflussgrößen, die zu einer Abweichung der technischen Parameter von ihrem Auslegungszustand führen, können Störungen während des Betriebes nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die dabei möglichen Schäden machen geeignete Maßnahmen notwendig, die zu einer spürbaren Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässigkeit führen. Zwingend erforderlich sind dafür Diagnosesysteme, die auftretende Schäden möglichst frühzeitig erkennen. Im Steinbeis-Transferzentrum Mechatronik in Ilmenau wurde mit MagHyst® ein Messprinzip entwickelt, das den magnetischen Zustand von Reluktanzaktoren während jedes Schaltvorganges erfasst und auf diese Weise auch Änderungen erkennt.

Das System erkennt Veränderungen der Erregerspule durch Erwärmung oder Verschleißerscheinungen in Lagern, die zu magnetischen Kurzschlüssen führen, und kann auf diese Weise Ausfälle durch rechtzeitigen Austausch der Aktoren vermeiden. Damit ist eine zustandsorientierte Instandhaltung möglich. Die Funktionsprüfung von Elektromagneten erfolgte bisher zumeist mechanisch über die Messung der Kraft-Hub-Kennlinien. Für diese Prüfung müssen die Aktoren meist aus dem Antriebssystem ausgebaut werden. Solch eine Prüfung ist mit großem Aufwand verbunden, außerdem fehlen geeignete Sensoren, um Signale direkt in den Verschleiß- bzw. Schädigungszonen aufzunehmen.

Das innovative Messprinzip MagHyst® nutzt die sensorischen Eigenschaften der Erregerspulen der Magnetaktoren und erlaubt somit in Form der Ψ(i,δ)-Kennlinienfelder sowohl das statische als auch das dynamische Verhalten zu beurteilen. Die magnetischen Eigenschaften eines Magnetaktors bleiben zumeist ein Leben lang stabil. Erst Veränderungen im mechanischen oder elektrischen Teilsystem haben einen Einfluss auf das magnetische Verhalten des Aktors. Die gemessenen Kennlinien enthalten Informationen über funktionskritische Parameter und Qualitätsmerkmale jedes Elektromagneten wie Schaltzeiten, Reibung im System, Kraftreserven und Veränderung des Arbeitshubes.

Damit kann eine neue Qualität des Condition Monitorings von komplexen sicherheitskritischen Systemen erreicht werden. Durch die kontinuierliche Überwachung bzw. Stichprobenprüfung können Fehler frühzeitig erkannt werden. Es lassen sich Aussagen über die zu erwartende Lebensdauer des Systems ableiten. Diese Funktionsdiagnostik etabliert sich mittlerweile erfolgreich in vielen sicherheitskritischen Anwendungen.

Die Abbildungen zeigen das Potenzial der Messmöglichkeiten. In Schaubild 1 sind die dynamischen Ψ(i,δ)-Kennlinien eines typischen Schaltvorganges eines Elektromagneten dargestellt. Zu erkennen sind die dynamischen Vorgänge beim Schalten wie der Anzug (1-2) und der Abfall (4-5) sowie Anzugsverzug und Abfallverzug. Die Kardinalpunkte 1 bis 5 beschreiben den Schaltvorgang des gemessenen Systems. Abweichungen an diesen Punkten geben Aufschluss über die auftretenden Fehler und können dabei je nach Fehlerquelle in beiden Koordinatenrichtungen auftreten. Soll nun eine Zustandsprüfung an einem Elektromagneten erfolgen, muss eine solche Sollkurve aufgenommen werden. Der Soll-Ist-Vergleich der Prüflinge über die gesamte Kurve oder an einzelnen Punkten gibt dann Aufschluss über den Zustand der geprüften Magnete. Der geprüfte Magnet in Bild 2 (rot) weist eine deutlich erhöhte Reibung auf. Im Vergleich zur Sollkurve (schwarz) ist zum Schalten des Magneten ein deutlich höherer Strom notwendig. Dieses Fehlerbild spiegelt den Zustand des mechanischen Teilsystems wider. Bild 3 zeigt die Zustandsänderung bei einem Fehler im elektrischen Teilsystem. In diesem Fall liegt beim Prüfling ein Windungskurzschluss vor. Dies führt zu einer Reduzierung der Magnetkraft und kann somit die Funktion des Magneten beeinträchtigen.

Diese Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass eine zuverlässige und zerstörungsfreie Zustandsprüfung an Reluktanzaktoren möglich ist. Veränderungen im statischen und dynamischen Verhalten solcher Aktoren können sichtbar gemacht werden. Besonders von Vorteil ist, dass auch Messungen unter Last oder an Reluktanzaktoren, die in andere Funktionseinheiten integriert sind, durchgeführt werden können. Dabei sind sowohl Veränderungen an den Elektromagneten als auch an den Ventilen, Kupplungen und Bremsen leicht festzustellen. Das Verfahren kann in jedem Lebensstadium eines Aktors angewendet werden: in der Entwicklung zur Überprüfung der angestrebten Leistungsparameter, während des Herstellungsprozesses in der Endprüfung sowie im realen Betrieb in der Zustandsüberwachung bzw. Fehleranalyse. Besonders letzteres bietet dem Betreiber von Anlagen die Möglichkeit, rechtzeitig Ausfälle, die zu größeren Schäden führen können, zu vermeiden.

Kontakt

Andrey Gadyucko
Ute Kucera
Prof. Dr.-Ing. Eberhard Kallenbach
Steinbeis-Transferzentrum Mechatronik (Ilmenau)
su0144@stw.de

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