Wie Telemetrie helfen kann

SHB-Student untersucht die Möglichkeiten der telemetrischen Betreuung von Diabetikern

Ein Hauptkostentreiber im deutschen Gesundheitswesen sind chronische Erkrankungen wie Diabetes. Um diese Kosten in den Griff zu bekommen, etablieren Krankenkassen und Gesundheitsdienstleister vermehrt sogenannte Versorgungsmanagementansätze. Peter Ewig, Produktmanager bei dem Gesundheitsdienstleister AnyCare GmbH aus Stuttgart, hat im Rahmen seines MBA-Studiums an der School of International Business and Entrepreneurship der Steinbeis-Hochschule Berlin das Projekt „Diabetes im Versorgungsmanagement unter Einbezug der Telemetrie“ entwickelt und betreut.

Diabetes, vorrangig Altersdiabetes („Typ-2- Diabetes“), ist eine Zivilisationskrankheit. Ursachen sind neben einer vermuteten genetischen Disposition hauptsächlich schlechte Ernährungsgewohnheiten und mangelnde Bewegung. Derzeit wird vermutet, dass acht bis zehn Prozent der deutschen Bevölkerung an Diabetes leiden, der größte Teil davon an Typ-2-Diabetes. Hochrechnungen lassen weiter annehmen, dass durch diese Erkrankung und ihre Folgeerkrankungen allein in Deutschland jährliche Kosten in Höhe von 22 bis 30 Milliarden Euro entstehen, Tendenz steigend.

Diabetes ist eine der chronischen Krankheiten, die durch ihre zunehmende Verbreitung in der Bevölkerung die Ausgaben im Gesundheitswesen immer weiter ansteigen lässt. Die Einführung des Gesundheitsfonds 2009 stellte die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung auf eine neue Basis. Die Kassen sollen sich vom reinen Kostenträger hin zum „Gesundheitsmanager seiner Versicherten“ entwickeln. Erreicht werden kann dies unter anderem durch den Aufbau oder Einkauf von Versorgungsmanagementstrukturen. Unter dem Begriff „Versorgungsmanagement“ lassen sich solche Ansätze summieren, die versuchen, kranken Menschen unter Beachtung ökonomischer Aspekte die für ihre Situation sinnhaften verfügbaren Ressourcen im Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen oder sie darüber zu informieren.

Begünstigt wird die Ausgestaltung der Versorgungsmanagementansätze durch den technischen Fortschritt, der sich auf den Bereich Telemedizin besonders positiv auswirkt. Mittlerweile ist es möglich, mit verhältnismäßig einfachen telemetrischen Applikationen einer großen Patientenzahl telemedizinische Produkte zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise für das Gewichtsmonitoring bei Patienten mit Herzinsuffizienz: eine Verschlechterung des Gesundheitszustands geht bei diesem Krankheitsbild in der Regel mit einer wassereinlagerungsbedingten Gewichtszunahme einher. Durch das tägliche Gewichtsmonitoring mithilfe einer telemetrischen Körperwaage ist es nun möglich, diese Verschlechterung frühzeitig zu erkennen. Damit können teure Krankenhausaufenthalte vermieden werden. Die Überwachungs- und Eskalationsfunktion obliegt dabei meist einem Medizinischen Servicezentrum einer Krankenkasse oder eines Gesundheitsdienstleisters.

Gerade die chronische Erkrankung Diabetes bietet sich für ein Telemonitoring an. Für den Gesundheitsdienstleister AnyCare GmbH war dies Grund genug, Peter Ewig während seines Studiums an der SHB mit dem Projekt „Diabetes im Versorgungsmanagement unter Einbezug der Telemetrie“ zu betrauen. Ziel des Projektes war es, Rahmenbedingungen und Produktansätze zu entwickeln, um die telemedizinische Betreuung von Diabetikern im Rahmen bestehender oder neuer Versorgungsmanagementansätze bei der AnyCare GmbH in Zukunft implementieren zu können.

Bei der Erkrankung Diabetes ist der Patient angehalten, ab einem gewissen Krankheitsstadium regelmäßig den eigenen Blutzucker zu messen und zu dokumentieren. Stellt man diesem Patienten Geräte zur Verfügung, die die Daten zeitgleich an seinen behandelnden Arzt oder ein Medizinisches Servicezentrum übermitteln, ermöglicht das Ansätze für eine telemetrisch unterstützte Betreuung. Momentan stehen jedoch alle Unternehmen, die solche Ansätze entwickeln, vor der gleichen Herausforderung: Es fehlt sowohl in Deutschland wie auch über die Grenzen hinaus an wissenschaftlich belastbarem Material, welche Ansätze bei welcher Subgruppe unter den Diabetikern positive Effekte – gesundheitlich wie auch ökonomisch – erzielen. Diese Unbekannte macht die Entwicklung telemetrischer Betreuungsansätze für Diabetiker ungleich schwieriger. Nichtsdestotrotz liegt in der Thematik ein hohes Einsparpotential für das Gesundheitswesen.

Dieses Einsparpotential ist vor allem in Diabetikerpopulationen zu erwarten, die bereits jetzt große Kostenblöcke im Gesundheitswesen ausmachen oder aufgrund der Kombination verschiedener Parameter wie Medikation und Krankheitsstadium des Diabetes eine hohe Kostenprognose für die Zukunft aufweisen. Für Unternehmen, die dieses Marktsegment erschließen wollen und die diese vermuteten Einsparpotentiale heben möchten, empfiehlt sich eine Art Werkzeugkasten, um verschiedene Zielsetzungen und Ausgangssituationen beantworten zu können. Bestandteile dieses Werkzeugkastens für eine telemetrische Betreuung bei Diabetikern können verschiedene telemedizinische Geräte, Schulungsunterlagen zum Thema Diabetes, eine elektronische Patientenakte, der Zugriff auf ein Medizinisches ServiceCenter und ein eingebundenes Ärztenetzwerk sein. So kann man beispielsweise ein sechsmonatiges Schulungsprogramm mit Telemonitoringanteil für Typ-2-Diabetiker mit bereits ausgebildeter Folgeerkrankung konzipieren, bei dem telefonisch über die Erkrankung Diabetes und ihre Folgen aufgeklärt wird und per Telemonitoring durch ein Medizinisches ServiceCenter die Blutzuckerwerte nachgehalten und besprochen werden.

Ist der behandelnde Arzt integriert, so dienen die übermittelten Blutzuckerwerte gleichzeitig als Rückmeldung zur Therapietreue und Therapiegüte. Das mit einem solchen Ansatz einhergehende Ziel ist die Vermeidung einer weiteren Krankheitsprogression und damit Kostenprogression durch die Verbesserung der krankheitsbezogenen Selbstmanagementfähigkeiten des Diabetikers. Besonders schlagkräftig können solche Ansätze werden, die es schaffen, eine Dreieckskommunikation zwischen Patient, behandelndem Arzt und Medizinischen ServiceCenter aufzubauen.

Die telemetrische Betreuung von Diabetikern muss aufgrund des Technikeinsatzes immer den Kosten-Nutzenaspekt im Auge behalten. Auf lange Sicht werden sich nur Betreuungskonzepte am Markt der gesetzlichen Krankenversicherung etablieren können, bei denen mindestens die Programmkosten der Betreuung eingespart werden können. Gleichwohl ist es jedoch auch notwendig, neben der erzielten Einsparung darauf zu achten, dass sich durch den Einsatz der Telemedizin nicht die Versorgungssituation der Patienten verschlechtert und diese durch den Technikeinsatz nicht benachteiligt oder gar kontrolliert werden. Dazu ist es notwendig, diese Programme neben gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten auch unter dem Gesichtspunkt der Teilnehmersituation zu evaluieren.

Die zentrale Empfehlung aus dem MBA-Projekt von Peter Ewig lautete für AnyCare: Es gilt, möglichst schnell viele Erfahrungen bei der telemetrischen Betreuung von Diabetikern zu sammeln. Damit hat die AnyCare GmbH begonnen: Seit Ende 2009 ist mit AnyCare TeleMed Diabetes der erste Ansatz zur telemetrischen Betreuung von Diabetikern am Markt platziert!

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