Stoffwechsel 3D

Räumlich dreidimensional aufgelöste Stoffwechsel-Analyse für die Medizin

Eine detaillierte Kenntnis des Stoffwechsels (Metabolismus) eines untersuchten Organismus ist Voraussetzung für die Entwicklung neuer Wirkstoffe und Therapien für die Medizin. Auch bei der Krebsdiagnostik liefert der Stoffwechsel wichtige Informationen. Die klassischen tomographischen Verfahren wie die Computer-Tomographie oder histologische Färbetechniken bilden jedoch lediglich die Anatomie ab und liefern nur partielle Informationen über den Stoffwechsel. Die komplette Information zum Stoffwechsel ist in dem vollständigen Protein-Spektrum des Organismus enthalten, das über Verfahren der Massenspektrometrie bestimmt werden kann. Die klassischen Massenspektrometrie-Verfahren enthalten allerdings keinerlei Information über die räumliche Verteilung der Proteine. Das Steinbeis-Innovationszentrum SCiLS (Scientific Computing in Life Sciences) in Bremen arbeitet daran, die Massenspektrometrie zu einem bildgebenden 3D-Verfahren weiterzuentwickeln.

Vor knapp zehn Jahren wurde mit der Entwicklung der sogenannten matrix-assisted laser desorption/ionization (MALDI)-Technik ein entscheidender Schritt geleistet, um die Massenspektrometrie zu einem 2D-bildgebenden Verfahren zu entwickeln: Durch diese Technik wurde es möglich, hoch präzise einzelne Gewebestellen zu markieren und das zugehörige Massenspektrum aufzunehmen. Mit dieser MALDI-Imaging Technik erhält man erstmals räumlich zweidimensional aufgelöste Informationen über die Proteinstruktur in einzelnen Gewebeschnitten und somit detaillierte räumliche Informationen über den Stoffwechsel.

Der entstehende Datensatz einer Aufnahme enthält rund 108 Messwerte, seine Verarbeitung verlangt hoch spezialisierte, automatisierte Visualisierungs- und Auswerteroutinen. Gemeinsam mit dem Industriepartner Bruker Daltonik GmbH hat das Steinbeis-Innovationszentrum SCiLS eine Methode entwickelt und zur Patentierung angemeldet, die den 2D-Schnitt in Segmente unterteilt, in denen ähnliche Stoffwechselvorgänge stattfinden. Dadurch ist es beispielsweise möglich, Proteine in dem zu analysierenden Gewebe zu identifizieren und bei der Krebsdiagnose zu berücksichtigen. Der wesentliche Schritt der entwickelten Methode ist die Rauschunterdrückung unter Berücksichtigung von örtlichen Informationen – eine mathematische Methode der morphologischen Bildverarbeitung.

Als nächste Herausforderung werden die Forscher am SCiLS die 2D-MALDI-Imaging- Technik zu einem bildgebenden 3D-Verfahren weiterentwickeln. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS und der Bruker Daltonik GmbH werden dazu momentan technische Prozessketten entwickelt. Dies wird ermöglichen, das Protein-Spektrum eines gesamten Organs oder einer gesamten krankheitsbedingten Läsion in seiner vollen Komplexität zu erfassen und zu analysieren. Damit könnten beispielsweise wichtige klinisch-onkologische Fragestellungen direkt in Organen und Geweben erforscht werden, die den Kontext des hochkomplexen (heterogenen) 3D-Gewebeverbands voraussetzen. Dazu zählen die Verteilung und Metabolisierung von Wirkstoffen in den typischerweise sehr komplex aufgebauten krankhaft veränderten Geweben (z. B. Tumoren) und das damit unmittelbar zusammenhängende Therapieansprechen, das mit einem 3DMALDI-Imaging Verfahren erstmals direkt in Organen und Geweben systembiologisch analysiert werden könnte.

Durch die zusätzliche dritte räumliche Dimension entstehen beim 3D-MALDI-Imaging Datensätze mit rund 1010 Messwerten. Eine reine Darstellung der metabolischen 3D-Information ist zwar als technisches Problem von hoher Komplexität, es ist jedoch aus diagnostischer Sicht für sich genommen noch wenig aussagekräftig. Erst die Verknüpfung der metabolischen 3D-MALDI-Daten mit dreidimensionaler, anatomischer Information (z. B. mit Computer-Tomographie-Daten) erlaubt eine sinnvolle Auswertung dieser komplexen Daten. Die Aufgabe der Überlagerung beider Volumendatensätze, die durch diese unterschiedlichen Aufnahmetechniken generiert sind, liegt dem Problem der Bildregistrierung zugrunde. Das Ergebnis wird ein hochdimensionales Bild sein, das die Informationen beider Bildgebungsverfahren kombiniert, also sowohl den Stoffwechsel als auch die Anatomie visualisiert.

Das Projekt hat eine Laufzeit bis Juni 2012 und wird durch die Wirtschaftsförderung Bremen gefördert. Neben dem Fraunhofer- Institut MEVIS, der Bruker Daltonik GmbH und dem Steinbeis-Innovationszentrum SCiLS sind als externes Advisory Board Mediziner des Helmholtz Zentrum München beteiligt.

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