Assisted Growth: Ressourcen-Management im Pflanzenanbau

Steinbeis-Transferzentrum initiiert ökologisches Netzwerk

Bereits vor 12.000 Jahren begann der systematische Anbau von Pflanzen, der Grundstein für die Landwirtschaft war gelegt. Die gezielte Landwirtschaft wurde notwendig, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren. Es dauerte allerdings noch rund 7.000 Jahre, bis erstmals aus der Not des ständigen Wassermangels heraus gezielte Bewässerungssysteme entwickelt wurden. Die Ansätze waren so primitiv wie revolutionär: Durch die Zuführung von Wasser von entfernteren Quellen, das Befördern auf höheres Niveau und durch die Speicherung wurde eine Ausweitung der Landwirtschaft möglich. In vielen Erdteilen ist die Bewässerung heute eine zwingende Voraussetzung für den Pflanzenanbau und damit notwendig für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung. Auch in Deutschland ist vielfach eine Landwirtschaft nur durch Bewässerung möglich. Mit dieser Problemstellung und den damit verbundenen Fragestellungen beschäftigt sich das Steinbeis-Transferzentrum Identifikationsmedien & Identifikationsmanagement seit über zwei Jahren.

Gerade in Deutschland ist noch ein enormes Einsparpotenzial in der Bewässerung möglich. Während in klassischen Bewässerungsländern, wie beispielsweise Israel, die Technologien für die dortigen Rahmenbedingungen schon sehr weit fortgeschritten sind, erfolgt hierzulande die Bewässerung meist überirdisch durch Beregnung. Der Großteil der Bewässerung erreicht dabei die Pflanze allerdings gar nicht, da das Wasser entweder verdunstet oder versickert.

Obwohl über die Tropfbewässerung inzwischen eine gezielte Bewässerung der Pflanze möglich ist, werden diese Systeme einerseits unzureichend eingesetzt und sind andererseits nicht auf die individuellen Bedürfnisse der potenziellen Anwender in Zentraleuropa ausgerichtet. Das Müllheimer Steinbeis- Transferzentrum hat im vergangenen Jahr ein Netzwerk aus kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Anwendern initiiert, das sich gezielt dieser Problematik annehmen soll. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Netzwerk mit dem Namen „Assisted Growth – Ressourcen-Management im kontrollierten Anbau von Pflanzen“ im Rahmen des Bundesprogrammes ZIM-NEMO. Unter der fachlichen Regie des Steinbeis-Transferzentrums gehören fünf Technologieunternehmen, eine Vertriebsgesellschaft sowie zwei Anwender dem Netzwerk an. Hinzu kommt ein wissenschaftlicher Beirat mit Hochschulvertretern. Geleitet wird der Zusammenschluss von einer im Netzwerkmanagement erfahrenen Beratungsgesellschaft.

Das Steinbeis-Transferzentrum beschäftigt sich seit längerem eingehend mit grünen Technologien. Im Ergebnis wurden vor allem Technologien und Strategien für die Einbringung von Ressourcen im Anbau von Pflanzen entwickelt. Im Netzwerk übernehmen Armin Bäuerle, Steinbeis-Zentrumsleiter, und Ronald Maier, Netzwerkmanager für die T+I Consult GmbH, gemeinsam die Verantwortung.

Innerhalb der Startphase des Netzwerkes wurden bereits erste Produkte entwickelt und zur Marktreife gebracht. Mit der QUBEBox wurde ein Logistiksystem für die Landwirtschaft entwickelt, mit dem Nährstoffe in Form von Granulaten und Pulvern direkt auf dem Feld bereitgestellt werden. Dieses System wird bereits in Feldversuchen im artverwandten Bereich der Logistik von Holzpellets für Heizung und Stromgewinnung eingesetzt. Künftig dient die QUBE-Box der Zuführung von Nährstoffen auf dem Feld zur direkten Beimischung von Wasser in der Tropfbewässerung. Die individuelle, gesteuerte Bewässerung ermöglicht damit auch die gezielte Zuführung von Nährstoffen, auch hier können erhebliche Ressourcen durch die gezielte Dosierung eingespart werden.

Ebenfalls im Feldversuch befindet sich mit dem FAN flipflow eine intelligente ventilgestützte Wasserverteilung mit separater Steuerungseinheit. Die Intention zu diesem Projekt kam ursprünglich aus der Frostschutzbewässerung. In Frostperioden müssen Pflanzen gezielt bewässert werden, um eine Beschädigung der Pflanzen durch Eisbildung zu vermeiden. Bislang geschieht dies manuell durch den Landwirt, der die Bewässerung ein- und ausschaltet. Mithilfe des FAN flipflows geschieht dies automatisch und sensorgesteuert, inzwischen auch für die Mehrfelder-Bewässerung.

Der Nutzen der entwickelten Produkte wird sich mit der Umsetzung des Nutrigators erhöhen, der momentan von den Netzwerkpartnern konzipiert wird. Der modular aufgebaute Nutrigator wird die Steuerung komplexer Bewässerungssysteme bis hin zu Bewässerungsketten übernehmen. Der Nutzen des Nutrigators liegt aber vor allem in der Zuführung von Zusatzstoffen, der sogenannten Nutrigation. Mittels der QUBE-Box für pastöse und granulare Stoffe sowie vorgemischter Behälter für flüssige Stoffe erfolgt eine gesteuerte und feindosierte Einmischung der Zusatzstoffe über die Bewässerung. Die Ausbringung von Wasser und Düngemitteln soll in Abhängigkeit von der Pflanzkultur und deren Fläche bedarfsgerecht in jeweils definierten Mengen erfolgen. Die Steuerungssoftware kann manuell vom Landwirt konfiguriert werden. Nutrigation und Irrigation werden damit automatisch steuerbar.

Auch für den mitteleuropäischen Raum wird prognostiziert, dass künftig die Ressource Wasser nicht mehr frei verfügbar sein wird. Dennoch sind gerade bei der Bewässerung in der Landwirtschaft die Technologien für einen schonenden und effizienten Umgang mit Wasser nur unzureichend entwickelt und noch weniger verbreitet. Dieser Aufgabe nimmt sich das Netzwerk an – getreu dem Motto „Assisted Growth – Ressourcenmanagement im kontrollierten Anbau von Pflanzen“.

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