Städtische Außenbezirke stehen im Mittelpunkt

SHB-Student ist erster Stadtteilmanager einer deutschen Großstadt

Viele europäische Großstädte sind von einer polyzentrischen Struktur gekennzeichnet, bei der es neben einem Stadtkern Stadtteile gibt, die über ein gewachsenes Zentrum verfügen. Für die ansässigen Bürger bilden sie ein wohnungsnahes Angebot an Einzelhandel und Gewerbe zur Grundversorgung. Doch sie sind von einer zunehmenden Abwanderung des Einzelhandels betroffen. Wie man dieser Tendenz entgegentreten und was man tun kann, um solche Bezirke wirtschaftlich zu beleben, das sind die Fragen, mit denen sich Torsten von Appen, Student der Steinbeis-Hochschule Berlin und Stadtteilmanager in Stuttgart, in seinem Bachelor-Projekt beschäftigt.

Ausgelöst wurde der Strukturwandel in den städtischen Bezirken durch eine Veränderung des Käuferverhaltens. Zwei Trends lassen sich als Hauptursachen erkennen: zum einen findet eine Verlagerung der Kaufprioritäten auf die grüne Wiese oder ins Umland und zum anderen eine Entwicklung zum Erlebniskauf in den Innenstädten statt. Neue Vertriebsformen und die Marktmacht großer preisaggressiver Betriebsformen wie beispielsweise Discounter setzen Einzelhandel und Handwerk unter Druck. In den Stadtteilzentren sind es meistens nur noch die größeren Unternehmen, die wirtschaftlich arbeiten können. Kleinere und mittelständische Unternehmen sind zunehmend in ihrer Existenz bedroht oder bereits abgewandert.

Torsten von Appen ist der erste Stadtteilmanager von Stuttgart und kümmert sich bei der Wirtschaftsförderung Stuttgart seit 2007 um die Belange der Außenbezirke der Landeshauptstadt. In seinem Bachelor-Projekt erarbeitet er ein Konzept für die wirtschaftliche Belebung von vier Pilotstadtteilen: Stammheim gemeinsam mit Zuffenhausen, Weilimdorf, Plieningen/Birkach und die Gemeinschaften Obertürkheim, Untertürkheim, Hedelfingen und Wangen.

Von Appen gründet seine Projektarbeit auf vier Säulen: seine Lotsenfunktion, die Schaffung einer Kommunikationsplattform, das Leerstandsmanagement und die EU-Förderung. Als Lotse möchte er Kontakte in der Verwaltung vermitteln, Synergien bündeln und Ansprechpartner zwischen Gewerbetreibenden und Verwaltung sein. Ein weiterer wichtiger Baustein ist das Leerstandsmanagement. Derzeit werden sämtliche leerstehende Geschäftsräume in den Pilotbezirken erhoben, fotografiert, beschrieben und in eine Datenbank eingepflegt. In Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt fließen dabei auch die Ergebnisse einer Bürgerbefragung mit ein. Ebenso eine Rolle spielen Zu- beziehungsweise Abfluss der Kaufkraft in den jeweiligen Stadtbezirken, die ebenfalls erhoben werden. Hierfür ist die enge Zusammenarbeit mit dem Baurechtsamt und den Stadtplanern notwendig.

Die Strategie soll sich auch auf andere Stadtteile übertragen lassen. Da Großstädte anderer europäischer Länder in ihren Stadtteilen mit ähnlichen Strukturproblemen konfrontiert sind, hat die Wirtschaftsförderung als Leadpartner gemeinsam mit anderen deutschen und europäischen Städten sowie Universitäten im Oktober 2008 den Zuschlag für ein Europaprojekt erhalten. Das EU-Programm INTERREG IVB MANDIE – District Centre Management in North West Europe sieht die Förderung transnationaler Maßnahmen vor, die wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit von Städten, Gemeinden und ländlichen Gebieten, einschließlich des lokalen und regionalen Wirtschaftspotentials, steigern.

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