Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

mit dieser Ausgabe beginnen wir in der TRANSFER eine Reihe von Technologiefeldvorstellungen – den Start macht die bedeutsame und hoch spannende Werkstoff- und Oberflächentechnik. Beide Bereiche stellen eine tragende Säule der industriellen Fertigung dar und besitzen einen enormen Stellenwert in der neuzeitlichen Forschung und Entwicklung: Etwa 70% aller technischen Neuerungen gehen direkt oder indirekt auf die Verfügbarkeit neuer Materialien zurück, der Anteil der Materialkosten an der Produktion im verarbeitenden Gewerbe beträgt über 50%.

Der technologische und gesellschaftliche Fortschritt ist seit Beginn der Menschheitsgeschichte eng verknüpft mit der Entwicklung und Weiterverarbeitung von neuen, zweckmäßigen und qualitativ hochwertigen Werkstoffen sowie der daraus gefertigten technischen Produkte. Die Triebfedern für die aktuelle Werkstoffentwicklung sind einerseits die zunehmend verschärften Parameter der komplexen technischen Prozesse, andererseits der stetige Einsatz neuer Technologien.

Die heutigen innovativen Werkstofftechnologien sind maßgeblich geprägt durch Leichtbaustrategien, die sich aus ökonomischen Aspekten, aber auch zunehmend aus ökologischen Erfordernissen ableiten. Die aktuellen Werkstoffentwicklungen konzentrieren sich auf die Entwicklung höchstfester Stähle, einen verstärkten Einsatz von Nichteisenmetallen sowie den Einsatz faserverstärkter Kunststoffe, hybrider Werkstoffverbunde, intermetallischer Werkstoffe, Nanomaterialien und natürlicher organischer Werkstoffe. Eine zunehmende Bedeutung kommt intelligenten Werkstoffen zu, die durch ihre Eigenschaftsänderungen für Schalt- und Regelvorgänge genutzt werden können. Diese Werkstoffe erfordern in Konsequenz die Entwicklung, Erprobung und Einführung neuer Fertigungsmethoden, die eine Alternative zum Schweißen darstellen.

Eng verknüpft mit der modernen Werkstoffentwicklung sind die vielfältigen und äußerst effektiven Methoden der Oberflächentechnik, also jene Technologien, die dem gezielten Verändern und Optimieren von Bauteiloberflächen dienen. Diese Maßnahmen zielen ab auf eine Erhöhung der Sicherheit und Verlängerung der Betriebsdauer, einen verbesserten mechanischen Schutz (Tribologie), eine erhöhte Korrosionsbeständigkeit, die Bearbeitbarkeit aber auch die optische Verbesserung. Dies führt zu den Verfahren zur Erzeugung von Druckeigenspannungen in der Oberflächenschicht (z. B. Kugelstrahlen), zur Oberflächenhärtung (z. B. Einsatzhärten), zum Aufbringen verschleißfester Schichten (z. B. Pulverbeschichten), für galvanische Behandlungen (z. B. Verzinken) und zum Lackieren.

Das Steinbeis-Transferzentrum Bauteilfestigkeit und -sicherheit, Werkstoff- und Fügetechnik (BWF) an der Hochschule Esslingen, ein nach DIN EN ISO/IEC 17025:2005 akkreditiertes Prüflabor, beschäftigt sich seit seiner Gründung im Jahr 2002 sehr intensiv mit dem Werkstoff- und Festigkeitsverhalten von Bauteilen. Die Arbeitsgebiete des BWF umfassen sämtliche Methoden, die der Gewährleistung der Integrität, der Zuverlässigkeit und der Verfügbarkeit technischer Produkte dienen. Das Leistungsangebot des BWF besteht aus der Beschreibung der Bauteilbeanspruchung einerseits und der Ermittlung der Widerstandsfähigkeit technischer Bauteile andererseits. Hierzu zählen die Verfahren der numerischen und experimentellen Spannungsanalyse, die Ermittlung und Beurteilung von Werkstoffeigenschaften, die integrale Erprobung von Bauteilen sowie die darauf aufbauende Sicherheitsbeurteilung und letztlich die Untersuchung von Bauteilschäden. Einen Schwerpunkt der BWF-Aktivitäten bildet das Verhalten von Bauteilen unter zeitlich veränderlicher Schwingbelastung. Die Schwingfestigkeitsanalysen erstrecken sich dabei auf sämtliche wichtigen technischen Werkstoffe. Anhand von Oberflächentechniken charakterisiert das BWF den Werkstoff- und Spannungszustand von randschichtgehärteten, oberflächenverfestigten und verzinkten Bauteilen und überprüft die Betriebsbewährung der oberflächenbehandelten Bauteile.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Zeit bei der Lektüre des aktuellen Transfermagazins und hoffe, dass Sie für Ihr Tätigkeitsfeld zahlreiche nützliche Hinweise zur Anwendung von fortschrittlichen Werkstoff- und Oberflächentechniken finden!

Ihr Prof. Dr.-Ing. Lothar Issler

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Lothar Issler ist Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Bauteilfestigkeit und -sicherheit, Werkstoffund Fügetechnik (BWF) an der Hochschule Esslingen.

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