Die Anforderungen an Bauteile für die Automobilindustrie steigen ständig weiter an: Gleichteilestrategien der OEMs, gesetzliche Vorgaben zur Recyclingfähigkeit und der aktuelle Trend zum Leichtbau ohne Komfort- und Leistungsverlust stellen hohe Ansprüche. In Zusammenarbeit mit der Hugo Stiehl GmbH Kunststoffverarbeitung, der Professur Strukturleichtbau der TU Chemnitz und dem An-Institut Cetex gGmbH hat das Steinbeis-Forschungszentrum Automation in Leichtbauprozessen (ALP) nun ein innovatives Technologiekonzept erfolgreich eingesetzt. Am Beispiel eines Batterietragegriffs haben die Projektpartner eine neuartige Technologie zur Realisierung einer Fertigungslinie für Bauteile in Textil-Kunststoff-Hybridbauweise zur Anwendung gebracht.
Zielstellung des Projektes war die Herstellung des Batterietragegriffs in einem vollautomatisierten Fertigungsprozess mit entsprechender Qualitätskontrolle aller Einzelschritte. Eine wesentliche Herausforderung im Projekt war die Konfektionierung, das Bereitstellen für die Übergabe und die Fixierung des Einlegers im Werkzeug sowie die Anbindung zwischen textiler Kordel und formgebender Matrix. Dazu mussten für den Spritzgussprozess vorgelagerte Prozessschritte zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt-Team konnte zeigen, dass sich das komplexe Anforderungsprofil an Bauteile im Automobilsektor mithilfe neuartiger Textil-Kunststoff- Hybridtechnologien und der Verwendung artgleicher Kunststoffmaterialien erfüllen lässt.
Der Batterietragegriff sieht eine Belastbarkeit von 3200 N vor, besitzt ein Masse von 21 g und besteht aus ungefülltem Polypropylen für den Tragegriff sowie der textilen Komponente. Das Kordelmaterial in Form eines verdrillten fibrillierten Polypropylen-Bändchens wird als Rohmaterial zur Verfügung gestellt. Das Material wird von einer Rolle abgezogen, durch eine Richtstrecke geführt und anschließend mit einem beheizten Anprägestempel umgeformt. Das Material bindet sich auf diese Weise besser an den Spritzgussträger. Danach wird die Kordel mit einem Heißschneideverfahren auf die entsprechende Länge gebracht, gleichzeitig werden die verdrillten Enden thermisch fixiert. Anschließend folgt mit einem Handlingsystem die Positionierung und Übergabe in ein Einkavitätenspritzgießwerkzeug.
Besonders anspruchsvoll ist bei Textil-Kunststoffhybridbauteilen die Anbindung des Kunststoffes und die damit verbundene Positionierung und Abdichtung der Einlegeteile im Spritzgießwerkzeug. Zusätzliche Elemente im Werkzeug fixieren den Einleger während der Werkzeugschließbewegung und sichern die Position des biegeweichen Seils in der Kavität während des Füllvorgangs. Daneben muss eine Abdichtung der Kavität trotz undefinierter Kontur und hohen Fertigungsabweichungen des textilen Einlegeteils erfolgen. Für diese Aufgaben hat das Projektteam den textilen Einleger mithilfe eines zweistufigen Prozesses im Werkzeug fixiert. Um zu verhindern, dass sich das eingelegte Seil aufgrund von Eigenspannungen oder äußeren Krafteinwirkungen verformt oder seine Lage in der Kavität verändert, übergeben sie Klemmgreifer vom und zum Endeffektor des Handlingsroboters. Die Einlegeposition während des Einspritzvorgangs wird mithilfe von Nadeln gesichert, die in die Kavität eingebracht sind und das Seilende formschlüssig halten. Die Abdichtung der Kavität zum Einleger erfolgt mit einer Quetschkante, die die eingelegte Kordel hauptsächlich elastisch verformt ohne die Fasern signifikant zu schädigen.
Um die entsprechende Belastung des Batterietragegriffs zu gewährleisten, wurde ein Entwicklungsschwerpunkt auf die Anbindung der textilen Kordel im Spritzgießprozess gelegt. Im Falle einer unzureichenden Ausführung des Hinterschnitts oder einer durch den Spritzgießprozess bedingten ungenügenden stoffschlüssigen Anbindung des Kunststoffes an die Kordel versagt der Griff, indem die Kordel aus dem Kunststoff ausgezogen wird. Dabei wird die notwendige Verbundfestigkeit nicht erreicht.
Auf Basis des Prozessschemas zur Herstellung der Batterietragegriffe haben die Projektpartner eine Pilotanlage entwickelt und realisiert, mit deren Hilfe die Prozessfähigkeit des Herstellungsverfahre
Mirko Spieler, Dr.-Ing. Wolfgang Nendel
Steinbeis-Forschungszentrum Automation in Leichtbauprozessen (ALP) (Chemnitz)