Verantwortung teilen

Steinbeis-Studentin untersucht Jobsharing bei Führungskräften

Ende der 90er-Jahre erprobten und evaluierten Julia K. Kuark und Hans Ulrich Locher das Jobsharing auf Führungskräfteebene in der Schweiz. Ziel war es, ein partnerschaftliches Führungsmodell in der Grundform des Jobsharings zu fördern und auf qualifizierte Arbeitsund Führungsaufgaben auszurichten. Das Projekt verlief damals auf allen Ebenen erfolgreich, eine großflächige Umsetzung im deutschsprachigen Raum hat allerdings nie stattgefunden. Der Fachkräftemangel macht nun einen Richtungswechsel im Personalwesen erforderlich. Um qualifizierte Führungskräfte für die Unternehmen zu gewinnen, kommen auch vereinzelt Teilzeitmodelle zum Einsatz. Im Rahmen ihres Studiums zum Bachelor of Business Administration an der School of Management and Technology der Steinbeis-Hochschule Berlin hat sich Susanne Broel mit der Frage nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance für Führungskräfte beschäftigt.

Susanne Broel war während ihres Projekt-Kompetenz-Studiums als Abteilungsleiterin bei einer regionalen Förderbank im Jobsharing tätig und befasste sich mit der Thematik, ob dieses Modell Führungskräften die sinnvolle Kombination von Arbeit und Privatleben ermöglicht. In den Medien wird hier häufig von „Topsharing“ gesprochen, dem Teilen einer Führungsaufgabe auf zwei Personen. In ihrem Projekt befragte Susanne Broel deutsche Unternehmen nach der Bekanntheit des Modells und der Bereitschaft zur Umsetzung, einzelne Topsharing-Paare interviewte sie.

Interessiert hat die Studentin, inwieweit der in der deutschen Gesellschaft spürbare Wertewandel die Unternehmen in ihren Vorstellungen von Führungskräften beeinflusst – weg von der klassischen Auffassung des männlichen Ernährers und der weiblichen Organisatorin der Familie hin zu einem partnerschaftlichen Erziehungsmodell mit der beruflichen und familiären Chancengleichheit für Frauen und Männer und einem immer größer werdenden Wunsch nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Susanne Broel stellte fest, dass sich immer mehr Personalabteilungen Gedanken über die mögliche Teilzeit von Führungskräften und darüber, wie das Modell verstärkt angewandt werden könnte, machen.

Allerdings gibt es selbst unter den Führungskräften Ambivalenzen zu dieser Form der Führung. Viele unter ihnen schätzen die Teilzeitfähigkeit von qualifizierten Stellen als gering ein. Gerade aber das Selbstverständnis von Führungskräften zur Führung stellt eine wich- tige Grundlage für die Möglichkeit zur Teilung von Führungsaufgaben dar. So basiert das herkömmliche Führungsverständnis auf Macht, klaren hierarchischen Verhältnissen, Kontrolle, oben versus unten sowie die allzeitliche und unentbehrliche Verfügbarkeit der Führungsperson im Zentrum von Arbeitsabläufen. Dieses gilt es für das Topsharing zu durchbrechen und auf ein modernes Führungsverständnis umzustellen, bei dem die Aspekte der relativen Verfügbarkeit, eine hohe Vertrauenskultur mit mündigen Mitarbeitern, eine Delegation von Entscheidungsbefugnissen und Verantwortung, Führung durch Zielvereinbarungen sowie die Teamorientierung eine große Rolle spielen.

Neben der flexiblen Arbeitszeitgestaltung und der zunehmenden Internationalisierung, kann dieses Modell dazu beitragen, dass den Wünschen der Mitarbeiter entsprochen wird, deren Motivation gesteigert und dadurch verhindert wird, dass diese Know-how-Träger abwandern. Letztlich führt diese Form der Teilzeitgestaltung auch zu einem positiven Image des Unternehmens. Zeitgleich kann das Modell auch der Bewältigung der demografischen Alterung dienen, beispielsweise wenn eine Führungskraft in Altersteilzeit geht und in diesem Modell eine junge Führungskraft einarbeitet.

In der zunehmend wettbewerbsintensiven und wissensorientierten Wirtschaft werden Know-how, Kreativität und Leistungsbereitschaft der Führungskräfte zu entscheidenden Erfolgsfaktoren. Denn das größte Potenzial der Unternehmen liegt in den vorhandenen Mitarbeitern und Führungskräften. Die Idee der Arbeitszeitflexibilisierung ist denkbar einfach. Dadurch entsprechen moderne Arbeitgeber dem Wunsch nach individuellem Freiraum sowie größeren Zeitbedürfnissen der Führungskräfte. Denn durch den flexiblen Einsatz kann für die Unternehmen und die Mitarbeiter ein hoher Mehrwert geschaffen werden: Führungskräfte und Know-how-Träger sind spürbar zufriedener und motivierter, identifizieren sich noch stärker mit dem Unternehmen. Das wiederum wirkt sich positiv auf deren Leistung aus.

Seite teilen