Die Steinbeis-Stiftung

„Die Steinbeis-Stiftung - eine Institution der professionellen, arbeitsteiligen Forschung und Entwicklung“

Von Professor Dr. rer. nat. Dr.-Ing. E.h. Max Syrbe, Kuratoriumsvorsitzender der Steinbeis-Stiftung

In den 50er und 60er Jahren wurde der nahezu wettbewerbsfreie Wiederaufbau geleistet. Die Aufbauleistung wurde meist mit neuen Technologien erbracht. Die Max-Planck-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft hatten ihre Arbeit wieder aufgenommen, die Fraunhofer-Gesellschaft war 1949 gegründet worden. Im Zeitraum 1956 bis 1960 wurden die Großforschungseinrichtungen mit der Mission gegründet, die tragenden Technologien der damaligen Zeit „Kerntechnik“, „Luft- und Raumfahrt“ und „Computertechnik“ für Deutschland nutzbar zu machen, nachdem diese eine gewisse Zeit nach dem Kriege in Deutschland verboten waren. Die erste Rezession 1967, der alle fünf bis zehn Jahre weitere folgten, führte wieder zu Wettbewerb und zwar zunehmend durch Technik. Man erkannte die Bedeutung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, von Technologietransfer und letztlich von Innovation mit all deren Phasen. Der Wissenschaftssektor gewann rasch an Bedeutung für den Wirtschaftssektor und dieser für den Lebensstandard der Gesellschaft. In diese Zeit fiel die erneute Gründung der Steinbeis- Stiftung (StW) 1971 [1].

Ministerialdirektor Herbert Hochstetter vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg suchte eine zusätzliche Förderung der Wirtschaft des Landes, besonders ausgerichtet auf die mittelständische Industrie mit deren Fülle von technologischen Einzel- ja Tagesproblemen. Gleichzeitig waren die Staatlichen Ingenieurschulen bis dahin praktisch nicht in den aufgebauten Wissens- und Technologietransfer eingeschaltet worden. Deshalb begann er eine Förderung durch die Einrichtung eines Technischen Beratungsdienstes an Ingenieurschulen aufzubauen, welcher mit drei weiteren Aufgaben durch die Steinbeis-Stiftung getragen werden sollte. Dieser Dienst wurde zu ihrem wichtigsten Aufgabenbereich, entwickelte sich positiv, erreichte aber nicht das Gewicht, das der laufende und künftige Strukturwandel der Wirtschaft des Landes benötigte.

Lothar Späth, ab August 1978 Ministerpräsident in Baden-Württemberg, wollte der Wirtschaft die unvermeidliche Hilfestellung in voller Breite geben. Er setzte Johann Löhn als Regierungsbeauftragten für Technologietransfer ein und verband dieses Amt mit der Steinbeis-Stiftung, dessen Vorstandsvorsitzender und einziges hauptamtliches Vorstandsmitglied er wurde. Beide setzten das von Löhn konkretisierte Steinbeis-Modell des Wissens- und Technologietransfers praktisch um. Dessen Basis sind in Nebentätigkeit unternehmerisch tätige Kompetenzträger in dezentralen Transferzentren (STZ). Dieses Modell erschließt das wirtschaftlich sonst ungenutzte Wissens- und Erfahrungspotenzial insbesondere aus Hochschulen.

So sorgte Späth für eine positive Haltung der Administration zu Nebentätigkeitsgenehmigungen und für eine Erhöhung des Stiftungskapitals auf 28 Millionen DM. Löhn baute das Steinbeis-Modell aus. Dieses hat

  • zum Ziel [2] durch Wissens- und Technologietransfer in den Bereichen Technik, Management und Fortbildung der Wirtschaft, insbesondere dem Mittelstand, in der Fläche zu helfen wettbewerbsfähiger zu werden,
  • als Werteorientierung [3] die Grundwerte Vertrauen, Toleranz, Nachhaltigkeit und Konsequenz,
  • als Organisation eine Ebene mit vielen (jetzt mehr als 750) Kompetenzträgern in regionaler und fachlicher Breite als selbstständige Unternehmer (d.h. mit persönlichem Ertrag bzw. Verlust) in einem, diesen zugeordneten STZ (jetzt SU) mit einer zentralen Unterstützung und für alle geltenden Regeln (vergleichbar mit Franchising).

Er verzichtete auf eine institutionelle Förderung der StW, um frei von administrativen Begrenzungen unternehmerischer Tätigkeit und deren Erfolg zu sein. Dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt für die oft vernachlässigte Motivation der Leistungsträger. Sie bestimmt entscheidend deren menschliche Leistung, diese ist proportional dem Produkt „Fähigkeit mal Motivation“. So gut angelegt, wuchs die Leistung und Bedeutung der StW zügig (Grafik 1).

Angestoßen von einer Änderung der Abgabenordnung bezüglich steuerlicher Behandlung der Projekt- und Auftragsforschung betreibt Löhn 1997 eine Umgestaltung der StW zu einem Konzern mit der gemeinnützigen Stiftung an der Spitze, darunter einer GmbH & Co. KG für die wirtschaftlichen Tätigkeiten (StC) und der zugehörigen Komplementär- GmbH (StG) [4]. Eine Beteiligung der StC an Neugründungen am Ende des Innovationsprozesses stärkt den Erfolg des Konzerns. 1998 nutzt Löhn die Chance in Berlin das Aus- und Weiterbildungsangebot der StW durch Gründung der sich selbst tragenden Steinbeis-Hochschule nach einem Projekt- Kompetenz-Konzept zu erweitern. Diese erhält 2003 das Promotionsrecht. Heute stellt sich der Konzern nach Grafik 2 dar, mit den sechs Säulen Transferzentren, Hochschule Berlin, F+E-Zentren, Beratungszentren, Beteiligungsholding und Immobilien. Mit der letzteren gelang es Löhn, vorwiegend gestützt auf weitgehend selbst genutzte Immobilien, das Stiftungskapital auf über 30 Millionen Euro zu verdoppeln.

2004 gibt Löhn, 67 Jahre alt, den Vorstandsvorsitz ab und wirkt als Ehrenkurator weiter. Es folgen drei, auf Dauer zwei hauptamtliche Vorstandsmitglieder, die langjährige Erfahrung im Steinbeis-Verbund gesammelt haben: Heinz Trasch (Vorsitz), Sylvia Rohr (bis September 2006) und Michael Auer [5]. Beide stellen sich der Herausforderung, den Steinbeis-Konzern in dem wachsenden F+EMarkt auch deutlich fortzuentwickeln (siehe unten). Sie vereinbaren eine Geschäftsverteilung, nach der Trasch die Außenaktivitäten einschließlich der Unternehmensstrategie und Auer die Innenaktivitäten einschließlich Controlling und Informations- und Managementsystem übernehmen. Weiter entwickeln sie für die „Aufholjagd“ neue Strategien:

  • Offenheit (alle Informationen den Bearbeitern zugänglich), Klarheit (Regeln folgend), delegierte, verteilte Entscheidungsmacht (an Prokuristen mit Zentralabteilungen und an Geschäftsführer in den Säulen s.o.)
  • Breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit sowohl nach außen (wie Symposien, Transfermagazin, Steinbeis-Edition) als auch nach innen (wie Einführungs- und Coachingseminare)
  • Verstärkung der internen (wie Regionalgespräche) und externen Netzwerke (wie Mitwirkung an IHK- und Hochschulaktivitäten)
  • Wiedereinführung des Erstberatungsprogramms (auf StW-Kosten).

Das bisherige Ergebnis ist aus Grafik 1 abzulesen: Innerhalb von vier Jahren wurde der Umsatz um fast 50 Prozent gesteigert und eine beachtete Position im F+E-Markt erreicht (Grafik 3).

StW füllt eine wichtige Nische in der Forschungslandschaft, die durch die anderen Forschungsinstitutionen (AIF teilweise ausgenommen) kaum abgedeckt werden können. Diese sind nämlich entweder auf erkenntnisbzw. anwendungsorientierte Grundlagenforschung ausgerichtet oder als angewandte Forschung auf ganze innovative Technologien [6], die die mittelständische Industrie in der notwendigen Breite kaum in ihren Markt führen kann. Wie oben erwähnt, benötigt die mittelständische Industrie überwiegend Hilfe bei technologischen, betriebswirtschaftlichen bzw. Management betreffenden Einzel- ja Tagesproblemen. Diese Hilfe im breiten Feld zu leisten, verlangt hierzu viele bereite, hochmotivierte Kompetenzträger. Das auf unternehmerischer Eigenverantwortung mit einer damit verbundenen, auch materiellen Belohnung beruhende Steinbeis-Modell zieht Kompetenzträger an. Es ist einzigartig, denn keine andere Forschungsinstitution kann, durch haushaltrechtliche Rahmen gebunden, auf diese Weise arbeiten.

So kann man nur der Steinbeis-Führung weiter eine glückliche Hand wünschen und allen Steinbeisern viel Erfolg.

Kontakt

Professor Dr.rer.nat. Dr.-Ing.E.h. Max Syrbe
(Karlsruhe)

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