Das Steinbeis-Transferzentrum Fahrzeugtechnik hat in einer Studie die wesentlichen Sensorprinzipien zur Überwachung von Karosserieöffnungen untersucht und bewertet. Immer komplexere Strukturen und Funktionen von Fahrzeugen, verbunden mit wachsenden Sicherheits- und Komfortansprüchen der Fahrzeugnutzer, verlangen zunehmend eine Kommunikation zwischen „Mensch und Maschine“ in Form der Näherungssensorik.
Sinnesorgane lassen Menschen sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen. Autofahrern ist häufig nicht bewusst, dass auch Fahrzeuge in den letzten Jahren sukzessive über spezifische Wahrnehmungsfunktionen verfügen. So ermöglichen die Ultraschallsensoren der Einparkhilfe ein Erkennen auf optischem Wege. Crashsensoren hören einen Aufprall und die Klimaanlagen können Schadgase in der Umgebungsluft riechen und so die Frischluftzufuhr regeln. Auch die Näherungs- und Berührungssensoren werden immer stärker in Fahrzeugen eingesetzt. Baugruppen eines Autos können damit die Annäherung eines Menschen und eines Körperteiles oder die sanfte Berührung detektieren. Das geschieht durch Generierung einer physikalischen Messgröße und deren Umwandlung in ein elektrisches Signal, das über ein Steuergerät eine Aktion auslöst.
Die Studie zur Näherungssensorik hat sich nicht mit der ferneren Umgebungserfassung im Straßenverkehr mittels Video- oder Radartechnologie, sondern mit der Wahrnehmung im Nahbereich der Fahrzeugaußenfläche und im Fahrzeuginnenraum im Abstand deutlich unter einem Meter befasst. Die Überwachung der Fahrzeugaußenhaut und der Öffnungen mit automatischen, elektromotorisch betriebenen Verschlusskomponenten wie Türen und Klappen soll vorwiegend als Einklemmschutz das gefahrlose Öffnen und Schließen sicherstellen, während die Näherungssensorik im Fahrzeuginnenraum eine einfachere und benutzerorientierte Wahl und Einstellung von Komfort- und Sicherheitsfunktionen bewerkstelligen soll. Bei den Sensortechnologien kann man prinzipiell in beiden Bereichen zwischen taktilen und berührungslosen Verfahren unterscheiden.
Zu den taktilen Verfahren im Fahrzeugaußenbereich gehört der Einklemmschutz an Fenster- und Schiebedachöffnungen mit automatisierter, elektrischer Schließung. Dieser erfolgt heute üblicherweise indirekt durch Auswertung der Elektromotordaten wie Stromaufnahme oder Drehzahländerung. Damit werden zwar die internationalen Zulassungsstandards erfüllt, aber hohe Auslösekräfte und Fehlfunktionen durch statische und dynamische Karosserieeinflüsse zeigen den bestehenden Optimierungsbedarf.
Die direkte taktile Detektion der Einklemmgefahr gelingt über elektrische Kontaktleisten in Dichtgummiprofilen. Von Vorteil ist die schnelle, zuverlässige Reaktion auf kleine Betätigungskräfte, aber die komplexe Bauteilgeometrie eines Fahrzeuges kann besondere Anforderungen an das Profil und seine Kontaktierung erfordern. Momentan wird ein optisches Sensorprinzip entwickelt, bei dem ein Kunststofflichtwellenleiter in einer Kontaktleiste eingebettet ist und auf Druck seine elektromagnetischen Eigenschaften verändert.
Zahlreiche Verfahren stehen zur berührungslosen Überwachung von Fahrzeugöffnungen zur Auswahl. Prinzipiell können Hindernisse mit videooptischen Sensoren erkannt werden. Der hohe Installations- und Rechneraufwand spricht aber noch gegen ihren Einsatz. Dagegen hat die Verwendung von IR-Lichtschranken sicher auch im Automobilbau Zukunftschancen, beispielsweise bei der Überwachung von elektrischen Klappdächern und Schiebetüren. Ultraschallsysteme, die nach dem Puls-Echo-Verfahren arbeiten, vergleichen das Referenz-Ultraschallbild mit dem aktuell sensierten Bild und liefern im Störfall ein Steuerungssignal. Die direkte Detektion mit kapazitiv arbeitenden Sensoren ist in beschränktem Umfang, beispielsweise in den schlüssellosen Zutrittssystemen wie Keyless-Go, im Serieneinsatz. Ein elektrisches Feld eines Elektrodenpaares erfährt durch die Annäherung eines Körpers eine Veränderung der Feldverteilung und damit der Kapazität. Zur Überwachung komplexer dreidimensionaler Module sind bei diesem gegen Umwelteinflüsse sehr störempfindlichen Messverfahren weitere Entwicklungen notwendig. Dieses gegen Umwelteinflüsse sehr störempfindliche Messverfahren befindet sich in der Entwicklungsphase.
Die zunehmende Überfrachtung des Cockpits mit unterschiedlichen Schalt- und Stellelementen zur Bedienung von Komfort-, Sicherheits-, Informations- und Mobilitätsfunktionen lässt den Wunsch der Autofahrer nach einfacheren, sichereren und intuitiv steuerbaren Bedienelementen wachsen. Hier bieten neue taktile und berührungslose Sensortechnologien Optionen für einfachere und benutzerfreundlichere Gesamtbedienkonzepte im Fahrzeuginnenraum.
Um den Verstellweg von elektrisch bedienbaren Innenausstattungen wie Sitzen und Ladeböden mit Hilfe der indirekten Detektion zu kontrollieren, werden die elektrischen Antriebsdaten überwacht und die Bewegung bei Kollision unterbrochen. Zum Teil befinden sich elektrische Kontaktleisten als aktive taktile Bauelemente zur Überwachung des Verfahrweges im Serieneinsatz. Der direkten Erfassung der Einklemmsituation steht die oft aufwendige Bauteilintegration entgegen. Optische Schalter, die bei der leichtesten Berührung ansprechen und sowohl verschleißfrei als auch stromlos einen Signalimpuls generieren, befinden sich noch in der Entwicklungsphase. Kapazitiv arbeitende Touchsensoren oder mehrdimensionale Touchpads werden in Zukunft vermehrt eine intuitive Bedienung durch Korrelation zwischen Bedienfläche, Anzeigedisplay und Objektfunktion erlauben und teilweise die komplex zu bedienenden Drehdrücksteller ergänzen oder ersetzen.
Für berührungslos arbeitende Sensoren im Fahrzeuginnenraum stehen mehrere Prinzipien zur Auswahl. Bildsensoren können einerseits Bestandteil eines Einbruch- und Diebstahl-Warnsystems sein, andererseits auch durch Sitzbelegungserkennung Schutz- und Komfortsysteme steuern oder Schaltvorgänge durch Auswertung von Handoder Körperbewegungen auslösen. Auf dem Gebiet der Infrarot- und Kapazitätssensorik existieren schon erste Serienanwendungen zur Innenlichtsteuerung mit neuen Designmöglichkeiten, programmierbarer Empfindlichkeit und absoluter Verschleißfreiheit.
Auch wenn die Reife der taktilen und berührungslosen Sensorlösungen im Außen- und Innenbereich noch nicht alle Anforderungskriterien vollständig erfüllt, werden sie ihren Platz in der Gesamtsensorik des Fahrzeugrundumschutzes erobern. Komplexere Karosserieformen mit motorisierten Türen, Klappen, Dächern definieren neue Standards an Bedienkomfort und Einklemmsicherheit im Fahrzeugaußenbereich, die nur durch Fusion mehrkanalig und dreidimensional arbeitender Näherungssensoren zu erfüllen sein werden.
Im Innenraum bedingt das zu beobachtende Anwachsen der zusätzlichen Ausstattungsfeatures eine weitere Zunahme der Innenbedienfunktionen. Hier bieten die neuen taktilen aber besonders die berührungslos arbeitenden Sensoren einen Weg zur Reduzierung komplexer Schalterlandschaften durch automatische Überwachung, intuitive Bedienung über Gesten und möglicherweise durch drahtlose Datenübermittlung. Die Näherungssensorik lässt Fahrzeuge „intelligenter" werden. Das Fühlen, Erkennen, Bewerten von Veränderungen oder Anweisungen wird die Komfort- und Sicherheitsfunktionen zum Wohle der Nutzer eklatant erweitern. Damit verändert sich aber auch die Kommunikation zwischen Mensch und Auto ganz wesentlich, was einen Verständnis- und Gewöhnungsprozess voraussetzt.
Dr. Michael Franck
Steinbeis-Transferzentrum Fahrzeugtechnik (Waiblingen)
su0270@stw.de