Nicht nur der demografische und gesellschaftliche Wandel zwingt deutsche Unternehmen zum Umdenken: Viele Unternehmen bemühen sich auch um die Integration von Arbeitssuchenden aus europäischen und Flüchtlingen aus außereuropäischen Ländern. „Diversity Management“ wird als gezielter und wirtschaftlich sinnvoller Umgang mit Vielfalt im Unternehmen immer wichtiger – und darf nicht mehr allein unter dem Aspekt der Chancengleichheit und politischen Korrektheit gesehen werden. In einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt hat das Steinbeis-Transfer-Institut zeb/business.school an der Steinbeis-Hochschule Berlin zusammen mit den Projektpartnern Universität Oldenburg und Frankfurt School of Finance & Management untersucht, auf welche Weise Unternehmen mit Diversity umgehen – und welche Art des Diversity Managements wirtschaftlichen Erfolg fördert.
Die Forschung der Steinbeis-Experten und Beispiele erfolgreicher Unternehmen zeigen, wie wirtschaftlich bedeutsame Unterschiede erkannt und genutzt werden können. Sie zeigen auch, dass Unternehmen durch „mehr Vielfalt“ nicht automatisch kreativer und innovativer werden. Vielmehr kann eine auf Kreativität und Innovation ausgerichtete Unternehmenskultur unterschiedliche Begabungen und Kompetenzen besser integrieren und nutzen als weniger agile Organisationen.
In einem ersten Schritt führte das Projekt-Team mit Mitarbeitern von sechs Unternehmen Tiefeninterviews und begleitete Innovationsprojekte über mehrere Monate. Aus den Ergebnissen wurden strukturierte Fragebogen und Interviews entwickelt, die bei mehr als 600 Personen eingesetzt wurden. Alle teilnehmenden Unternehmen wurden um ihre Einschätzung zum Innovations- und Geschäftserfolg im Vergleich zu den eigenen Zielen und dem Wettbewerb befragt. Daraus errechnete sich ein Index für den Gesamterfolg und einer für den Innovationserfolg.
Die befragten Unternehmen setzen Diversity Management in drei Arten um:
Diversity Management trägt nur dann zum Unternehmenserfolg bei, wenn nicht die Anti-Diskriminierung sondern die Nutzung von Unterschieden im Vordergrund steht. Die Unterteilung in benachteiligte Minderheiten und dominierende Mehrheiten führt zu vielen Einzelmaßnahmen, die vom Unternehmen und oft auch von den betroffenen Mitarbeitern als unnütz oder sogar herabwürdigend gesehen werden: Programme zur Förderung einzelner Frauen in Führungspositionen und „IT 50+“ sind typische Beispiele dafür. Inklusion geht davon aus, dass es viele Minderheiten und Mehrheiten gibt, und dass daher eine Organisation entstehen muss, die allen Vorteile bietet: Führen in Teilzeit und als „Job Sharing“ fördert Frauen, kommt aber auch vielen Männern entgegen und altersgemischte Teams in der Softwareentwicklung führen zu schnellerer Entwicklung und besser vermarktbaren Produkten.
Der Gesetzgeber gibt mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einen Ordnungsrahmen vor, nicht einen Handlungsleitfaden für erfolgreiches Management. Natürlich soll niemand wegen seines Geschlechts, Alters, Behinderung, religiöser oder sexueller Orientierung benachteiligt werden. Unterschiede in Kultur, Erfahrung und Kompetenz kann ein Unternehmen aber erst dann nutzen, wenn es sie erkennt und so entwickelt, dass sie genutzt werden können: Beispiele dafür sind in den Arbeitsalltag integrierte Sprachkurse, Lerntandems mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund und Imagekampagnen, die Unterschiede herausstellen.
Diversity Management soll sich nicht auf unveränderliche Merkmale beschränken, sondern möglichst viele Unterschiede entdecken und entwickeln: Hobbys, Sprachkenntnisse, Familien- und Pflegeerfahrung und sportliche Fitness ihrer Mitarbeiter können für Unternehmen nützlich sein. Auf diese Weise wird Diversity Management zu einem wichtigen Teil des Wissens- und Kompetenzmanagements im Unternehmen.
Prof. Dr. Joachim Hasebrook
Steinbeis-Transfer-Institut zeb/business.school (Baden-Baden)
Joachim.Hasebrook@stw.de