„Ohne Alexander Graham Bell kein Mikrofon, ohne Paul Nipkow keine Nipkow-Scheibe und somit keine Kamera, ohne Ferdinand von Steinbeis…“ Moderator Marcel Wagner machte anschaulich deutlich, was beim diesjährigen Steinbeis-Tag im Fokus stand: Menschen mit Ideen, aber auch solche, die diese Ideen unternehmerisch umsetzen, in Kontakt zu bringen – und das so früh, wie möglich. Zahlreiche Schüler-Teams waren live vor Ort im Steinbeis-Haus für Management und Technologie in Stuttgart-Plieningen und stellten ihre pfiffigen Ideen aus Wettbewerben wie „Jugend gründet“ oder dem Artur Fischer Erfinderpreis vor. Rund 500 Gäste waren interessierte Zuhörer und kamen mit den jungen Unternehmensgründern und Erfindern ins Gespräch.
Es war einiges los im Steinbeis-Haus für Management und Technologie an diesem Steinbeis-Tag: Zwölf junge Aussteller-Teams aus ganz Deutschland waren angereist und hatten die Schulbank für einen Tag lang eingetauscht gegen Praxisluft und Erfindergeist. Und sie machten alle deutlich: Da steckt jede Menge Herzblut in ihren technischen Projektideen oder auch potentiellen Unternehmensgründungen, die die Schüler im Rahmen des Bundeswettbewerbs „Jugend gründet“ ein Schuljahr lang virtuell durch Höhen und Tiefen führen. Was sie zu diesem Engagement antreibt, das erzählten sie im Steinbeis-Forum „Early Birds – Begeisterung ist Realität. Von jungen Ideen mit jeder Menge Potenzial.“ In der interaktiven, multimedial begleiteten, vor allem aber generationsübergreifenden Talkrunde diskutierten die Moderatoren Tina Kraus, Marcel Wagner und Dr. Marlene Gottwald auf allen Ebenen im Steinbeis-Haus mit ihren jungen wie auch erfahrenen Gästen zu Ideenreichtum, Ideenförderung von Seiten Wirtschaft und Politik, der Rolle von Technologien und zu ihren Zukunftsvisionen. Per Skype live zugeschaltet waren zwei baden-württembergische Schüler-Teams aus dem Schubart-Gymnasium in Aalen und dem Gymnasium Spaichingen. Kreativität und Ideenvielfalt der jungen Teams vor Ort begeisterten sowohl die Diskussionsteilnehmer als auch das Publikum. Welches Potenzial in jungen Ideen steckt, zeigte im Forum beispielsweise Yannick Teubert. Der ehemalige Schüler am Fürstenberg-Gymnasium Donaueschingen und Teilnehmer am Artur Fischer Erfinderpreis forschte zusammen mit seinem Klassenkameraden und Projektpartner David Ohnmacht im Alter von 14 Jahren an einer vertikalen Windkraftanlage, dem Savonius Rotor. Mit Hilfe von evolutionären Algorithmen entwickelten sie eine Variation der Flügelform, die um 20-60% effizienter ist als der Stand der Technik. Beide waren mit ihrer Projektidee vor Ort und kamen schnell mit Experten ins Gespräch. Ideenreichtum war auch unter den anderen Aussteller-Teams zu finden. So zum Beispiel das Securi SOSArmband des Teams YourHelp, das die Funktionen eines Fitnessarmbandes und eines Notrufarmbandes miteinander verbindet.
Darüber, welche Unterstützung für die jungen Erfinder und Unternehmer sinnvoll ist und wie die Förderung von Ideen noch verbessert werden kann, hatten sowohl die Schüler als auch Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Diskussionsforum konkrete Vorstellungen. Sowohl Yannick Teubert als auch Moritz Wetzel betonten, wie wertvoll die Unterstützung ihrer Schulen und auch der kreative Freiraum war, der ihnen gelassen wurde. Moritz Wetzel ist Schüler am Gymnasium Spaichingen und Preisträger des Artur Fischer Erfinderpreises 2015. Er hat ein Falschfahrerwarnsystem entwickelt, das nicht nur den Falschfahrer auf seinen Fehler aufmerksam macht, sondern auch Verkehrsteilnehmer warnt und Polizei und Rundfunk informiert. Arbeitsgemeinschaften im Bereich Forschen und Erfinden, die Schülern die Möglichkeit geben, eigene Ideen in die Tat umzusetzen, und gleichzeitig soziale Kompetenzen fördern, waren laut Moritz Brenner auch für ihn eine wichtige Komponente für späteres Unternehmertum. Der junge Planer für Energie- und Gebäudetechnik ist im elterlichen Betrieb tätig. Auch die technikbegeisterten Schüler, die per Skype aus Gymnasien in Aalen und Spaichingen zugeschaltet waren, machten in ihren vorgestellten Projekten sehr eindrucksvoll deutlich: Engagierte Schulen und Lehrer, die sich weit über den Schulalltag hinaus einbringen, sind das Rückgrat für die jungen Forscher, um ihre Ideen zu verfolgen und die Neugier am Forschen nicht zu verlieren. Claus Paal, Unternehmer, IHK-Präsident und Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg sowie des Steinbeis-Kuratoriums, hielt den Austausch mit dem Nachwuchs für äußerst wichtig. Um junge Menschen zu ermutigen, ihre Ideen umzusetzen sei jedoch auch eine „Kultur des Scheiterns“ notwendig. „Wenn jemand für die Gesellschaft ein Risiko eingeht, muss ihm zugestanden werden, dass die Idee auch scheitern darf“, forderte Paal. Im Gegenzug setzt er sich dafür ein, die Bedingungen für junge Gründer und Erfinder durch die Schaffung von Gründernetzwerken zu verbessern. Darin sollen erfahrene Transfermanager dem Nachwuchs beratend zur Seite stehen.
Von einer Art Mentorenprogramm für junge Menschen und Schüler, das seitens SAP unterstützt wird, berichtete auch Prof. Dr. Carsten H. Hahn, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Innovation Engineering & Entrepreneurship // i2e und Professor an der Hochschule Karlsruhe. Im Rahmen der World Robot Olympiad begleitet und fördert SAP teilnehmende Gruppen mit ihrem Know-how. So beispielsweise den Gewinner des Deutschland-Finales, das Team „CreaBotic“ mit ihrem Roboter: Der „Beach Cleaner Noo-Noo“ sammelt Plastikmüll an Stränden und seichten Gewässern ein und war als eindrucksvoller Prototyp live in der Ausstellung am Steinbeis-Tag vor Ort im Einsatz. Für die Weiterentwicklung der Produkte ist es aus Sicht von Carsten H. Hahn sehr wichtig in Netzwerken zu denken. Eine Idee könne nämlich auch oft eine Inspiration für etwas Neues sein und sich verändern, wenn Mitstreiter hinzukommen, die ergänzende Kompetenzen mitbringen. Carsten H. Hahn forderte die Schaffung solcher Institutionen-übergreifender und internationaler Netzwerke, um junge, kreative Ideen zu fördern.
Prof. Dr. Barbara Burkhardt-Reich, Leiterin des Steinbeis-Transferzentrums Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim, setzt sich nicht nur für eine bessere Unterstützung des bundesweiten Wettbewerbs „Jugend gründet“ seitens der Landesregierung ein, sondern auch für die Etablierung von Lehrerfortbildungen zur Einbindung von „Jugend gründet“ in den Schulunterricht. Zudem seien Unternehmen und Politik gefragt, in einen ernsthaften Dialog mit den Jugendlichen zu treten und gerade ihnen ihre Zukunftsfragen zu stellen. Caroline Vandersee vertrat im Forum das Sieger-Team des diesjährigen „Jugend gründet“-Wettbewerbs. Die Schülerin am Gymnasium Achern hat mit ihrem Team ein Zelt entwickelt, das mobile Urlaubsunterkunft und Stromlieferant in einem ist: Das Zwei-Mann-Zelt passt in einen Rucksack und erzeugt durch Farbstoffzellen Strom für den Eigenbedarf. Für ihre Idee, vor allem aber die erfolgreiche Unternehmensführung im vergangenen Schuljahr, wird das Team nun belohnt: Die Herbstferien nutzten die Schüler, um ihren Preis, eine von Steinbeis gesponserte Reise ins Silicon Valley, einzulösen (siehe auch S.16/17). In den kreativen Teams von „Jugend gründet“ ist aus Sicht von Barbara Burkhardt-Reich der Zeitgeist von morgen zu finden: „Sie werden über die Antworten überrascht sein!“ Aus der Perspektive des Nachwuchses verläuft der Dialog zwischen älteren und jüngeren Generationen jedoch oft nicht ganz einfach. Yannick Teubert erklärte, dass erfahrene Unternehmer meist von ihrer eigenen Meinung (zu) überzeugt seien und junge, neue Ideen eher blockieren würden. Eleftherios Hatziioannou, Gründer und Geschäftsführer der smoope GmbH, bestärkte den Nachwuchs darin, eben diese Meinungen aufzunehmen, aber sich im eigenen Vorhaben nicht verunsichern zu lassen und nicht aufzugeben.
Für die Zukunft wünschte sich Eleftherios Hatziioannou, dass Deutschland zum Land der Tüftler und Macher werde. Dafür sei es wichtig, die Neugier der jüngeren Generationen bereits in den Schulen zu wecken, aber auch jüngere und etablierte Unternehmen im Rahmen von Mentorenprogrammen zusammenzubringen. Um aus einer Idee einen Erfolg zu machen, seien die Erfahrungen der älteren Generationen Gold wert. Claus Paal ergänzte, dass es wichtig sei, den jüngeren Generationen zu zeigen, dass sich Risiko und Erfindungen lohnen und seitens der Gesellschaft honoriert werden. Aus Sicht von Carsten H. Hahn sollten die vorhandenen Ideen nicht nur vorangetrieben, sondern auch verschiedene Akteure zusammengebracht werden, insbesondere junge Ideen und der Mittelstand, um daraus etwas Neues zu schaffen.
Auch die jungen Erfinder und Unternehmer hatten sehr konkrete Zukunftsvisionen. Moritz Wetzel wünschte sich, dass große Unternehmen mehr auf jugendliche Erfinder zugingen und diese bei der Entwicklung ihrer Ideen unterstützten. Moritz Brenner schlug vor, weiterhin Informationsveranstaltungen zu organisieren, Arbeitsgemeinschaften in Schulen zu fördern, aber auch die Akzeptanz des Scheiterns in der Gesellschaft zu verbessern. Dass die jungen Diskussionsteilnehmer, aber auch die Aussteller bereits heute den Weg in die Zukunft weisen, haben sie auch anhand ihrer vorgestellten Produkte und Geschäftsmodelle gezeigt. Denn alle bewiesen mit ihren Ideen, dass diese einen tatsächlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft leisten. Dass es sich lohnt, diese Ideen zu unterstützen, brachte Moderatorin Tina Kraus in ihrem Fazit des Forums auf den Punkt: „Man ist nie zu jung für eine gute Idee und nie zu alt, um eine junge Idee zu fördern!“
Den Mitschnitt des Steinbeis-Forums sowie Impressionen des Tages finden Sie auf www.steinbeis-tag.de und in der Steinbeis-Mediathek. Schon heute vormerken: Der Steinbeis-Tag 2017 findet am Freitag, 29. September 2017 statt.
Dr. Marlene Gottwald, Anja Reinhardt
Steinbeis-Stiftung (Stuttgart)
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www.steinbeis-tag.de