Effizienter Drucklufteinsatz dank sekundärer Druckluftnutzung

Steinbeis-Forscher entwickeln an Technologie zur Abluftspeicherung mit

Druckluft gilt als Allroundmedium, wenn es um Antriebs- und um Prozessluft geht: Einfach zu handhaben, in hohem Maße verfügbar und für ein breites Anwendungsspektrum verwendbar, kommt sie beispielsweise bei Kühl- und Trocknungsaufgaben zum Einsatz. Einziger Nachteil ist die energieintensive Erzeugung von Druckluft. Aus diesem Grund entwickelten das Chemnitzer Steinbeis-Innovationszentrum Antriebs- und Handhabungstechnik zusammen mit der mittelständigen Drucklufttechnik Chemnitz GmbH und in Kooperation mit der Professur Technische Thermodynamik der Technischen Universität Chemnitz im Rahmen eines AiF/ZIM-Projektes eine Technologie, um anfallende Prozessabluft zeitlich und technologisch entkoppelt zu speichern sowie sekundär zu nutzen.

Das Team von Steinbeis analysierte an Referenzbeispielen den Druckluftverbrauch am Prozess der Blasteilkühlung an Extrusionsblasformanlagen. Bei der durchgeführten Analyse wurden für die anfallende Druckluft Drücke zwischen 5,5 und 9,4 bar und Normvolumenströme zwischen 53,4 und 550 l/min ermittelt. Für die einzelnen Betriebsfälle konnten nahezu konstante Werteverläufe aufgezeigt werden, wobei der Druckluftverbrauch für die Blasteilkühlung über Abluftdrosselung geregelt wurde. Um die herkömmliche Betriebsweise der Druckluftanwendungen beibehalten zu können, musste das Team durch das System zur sekundären Druckluftnutzung eine gezielte Anpassung der Abluftparameter in den ermittelten Wertebereichen gewährleisten. Ein neuartiges Speicherkonzept in Verbindung mit einer technologischen Systemkopplung zwischen dem Speichersystem und den Druckluftanwendungen stellte das Erreichen dieser Anforderung sicher. Damit die Abluft unter konstantem Druck ohne Auswirkungen auf den Volumenstrom aufgefangen werden kann, ist ein im Volumen variabler Speicher erforderlich: Bei dem entwickelten Speichersystem kommt daher der aus der Hydraulik bekannte Blasenspeicher in Kombination mit einem einstellbaren Druckbegrenzungsventil zum Einsatz.

Im Grundzustand ist die Blase des Speichers vollständig mit Wasser gefüllt. Sobald die anfallende Abluft in den Speicher strömt, wird das Wasser über ein Druckbegrenzungsventil aus der Blase verdrängt. Dabei entspricht der Abluftdruck dem Schaltdruck des Druckbegrenzungsventils und kann über dieses eingestellt werden. Den Volumenstrom der Abluft reguliert wie bisher üblich ein Drosselventil in der Abluftleitung, allerdings findet aufgrund des Speicherdrucks über der Drossel nahezu kein Druckabfall statt und der Volumenstrom kann nunmehr vorrangig über den Strömungsquerschnitt beeinflusst werden. Dadurch bleibt das Energiepotenzial der Druckluft erhalten. Für eine anforderungsgerechte Bereitstellung der zwischengespeicherten Druckluft zur sekundären Druckluftnutzung gewährleistet bei der Luftentnahme ein Druckminderventil einen einstellbaren und konstant bleibenden Druck. Sollte die anfallende Abluft zur Versorgung der sekundären Druckluftnutzer nicht ausreichen, ist zusätzlich ein Bypass zu einer Druckluftquelle vorgesehen. Während der Luftentnahme muss das bei der Speicherung verdrängte Wasser im gleichen Maße wieder in den Speicher zurückgeführt werden, um einen stabilen und funktionsgerechten Betrieb des Speichersystems sicherzustellen. Hierzu werden zwei der Speichereinheiten miteinander verbunden und alternierend betrieben. Während eine Speichereinheit die anfallende Abluft aufnimmt, wird das dabei verdrängte Wasser in den zweiten Speicher geleitet, der zeitgleich die zuvor zwischengespeicherte Druckluft der sekundären Druckluftnutzung zur Verfügung stellt. Sobald der erste Speicher vollständig mit Abluft gefüllt ist und sich das Wasser komplett im zweiten Speicher befindet, tauschen die Speicher ihre Funktion. Nun nimmt der zweite Speicher die Abluft auf, der erste Speicher versorgt die sekundären Druckluftnutzer mit der zwischengespeicherten Druckluft. Für diese Funktionsweise entwickelte das Projektteam einen pneumatischen Schaltplan inklusive der erforderlichen Sensorik zur Erfassung des Umschaltzeitpunktes der Speicherfunktionen und baute einen Prototyp des Speicherkonzeptes auf. Labortechnische Versuche und Praxistests am Extrusionsblasformverfahren brachten während des Speichervorgangs sowohl für die alternierende Betriebsweise als auch für die gezielte Regulierung des Drucks und des Volumenstroms der Abluft den Funktionsnachweis. Dabei gelang es, die Abluft bei konstanten Druck- und Volumenstromverläufen mit einem Druckverlust von lediglich 0,5 bar zu speichern und der sekundären Druckluftnutzung zur Verfügung zu stellen. Die Betriebsweise des Speicherkonzepts wurde durch ein Simulationsmodell dargestellt, das künftig unterstützend bei der Auslegung und der Beurteilung möglicher Betriebsszenarien des Speichersystems für konkrete Anwendungsfälle angewandt wird.

Zur Verwendung der zwischengespeicherten Druckluft stellten sich die Abluftnutzungskonzepte der direkten Versorgung von Druckluftanwendungen sowie der Vordruckstufe bei der Drucklufterzeugung als günstig heraus. Wird die Abluft zur Versorgung von sekundären Druckluftanwendern genutzt, kann der Energieaufwand zur Erzeugung der ansonsten aus dem Betriebsnetz bezogenen Druckluft vollständig eingespart werden. Dies bedingt jedoch einen genügend hohen Abluftdruck und eine ausreichende Abluftmenge. Ist der Abluftdruck geringer als der erforderliche Betriebsdruck sekundärer Druckluftanwendungen, kommt das Konzept der Vordruckstufe zum Einsatz. Hierbei saugt der Kompressor zur Drucklufterzeugung die bereits vorverdichtete Abluft an, dadurch reduziert sich der Energieaufwand bei der Verdichtung auf den Betriebsdruck in Abhängigkeit des Abluftdruckes. Labortechnische Untersuchungen ergaben bei der Erzeugung von Druckluft mit 10,5 bar und einem Vordruck von 4 bar einen um 42,2 % geringeren Energiebedarf des Kompressors als bei angesaugter Umgebungsluft.

Die entwickelte Technologie zur sekundären Druckluftnutzung birgt ein hohes Einsparpotenzial durch die Möglichkeit einer hocheffizienten Druckluftnutzung. Dies wird insbesondere am Referenzbeispiel des Extrusionsblasformverfahrens deutlich: bei einem Druck von 8,5 bar und einem Volumenstrom von 550 l/min steht abzüglich des Druckverlustes beim Speichervorgang eine Druckluftmenge von 550 l/min unter einem Druck von 8 bar zur sekundären Druckluftnutzung zur Verfügung, so dass sich die direkte Versorgung von Druckluftanwendungen anbietet. Die hier erreichbare Einsparung des sonst zur Erzeugung dieser Druckluftmenge erforderlichen Energieaufwands beläuft sich auf 4,68 kWh je Betriebsstunde.

Ein Erfolg für die Forscher: Ihnen gelang es, eine Technologie zur Nutzung druckbehafteter Prozessabluft zu entwickeln, die einen hocheffizienten Drucklufteinsatz ermöglicht und künftig zu einem vermarktungsfähigen Produkt geführt werden soll.

Kontakt

Rainer Klitzsch
Steinbeis-Innovationszentrum Antriebs- und Handhabungstechnik (Chemnitz)
su1230@stw.de

Prof. Dr.-Ing. habil. Bernd Platzer, Daniel Zipplies, Verena Loeck, Dr.-Ing. Eberhard Zipplies
Technische Universität Chemnitz

Steffen Baldauf
Drucklufttechnik Chemnitz GmbH

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