Professor Peter Schäfer erklärt im Interview mit der TRANSFER, warum ihm das Thema Entrepreneurship Education so am Herzen liegt, und stellt das Dienstleistungsangebot der ifex vor.
Herr Professor Schäfer, Sie setzen sich dafür ein, dass das Thema Entrepreneurship in die schulische Planung aufgenommen wird. Warum ist es Ihnen so wichtig, die Jugendlichen mit dem Thema in Kontakt zu bringen?
Angesichts einträglicher Erwerbsmöglichkeiten in abhängiger Beschäftigung ist es in unserem Land wichtig, das Potenzial an Gründungsinteressierten und Gründungswilligen frühzeitig zu sensibilisieren und zu qualifizieren. Und es gilt vor allem, unternehmerische Talente zu identifizieren und gezielt zu fördern. Entrepreneurship Education an Schulen hat in Baden-Württemberg eine lange Tradition. Unsere Landesinitiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge ifex entwickelte bereits 1997 einen Förderschwerpunkt „Schule und Selbstständigkeit“, der bis heute Bestand hat und in den vielen Jahren ein breites Spektrum an innovativen Instrumenten zur Entrepreneurship Education hervorbrachte. Was aber noch wesentlich wichtiger ist: Diese Instrumente konnten in Kooperation mit unseren Partnern, dem Kultusministerium, den Projektträgern aus Kammern und Verbänden, Stiftungen, Schulämtern und Schulen auch nachhaltig verankert werden oder sind zumindest auf einem guten Weg, dass sie sich landesweit etablieren. Das im neuen Bildungsplan Baden-Württemberg verankerte Fach „Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung“ wird diese Zielsetzung zukünftig zusätzlich unterstützen.
Sie als Leiter der Initiative für Existenzgründung und Unternehmensnachfolge des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg sind mit der Gründerszene im Ländle vertraut: Baden-Württemberg gehört zwar zu den innovationsstärksten Regionen in Europa, dennoch haben die Gründer zahlreiche Herausforderungen zu meistern. Wie werden sie von ifex dabei unterstützt?
Die baden-württembergische Gründungslandschaft kann nicht mit Berlin oder Hamburg verglichen werden, denn wir haben in Karlsruhe, Mannheim, Freiburg, Stuttgart, Tübingen oder Ulm ganz unterschiedliche Start-up-Szenen mit völlig verschiedenen Branchen- und Technologieschwerpunkten. Betrachtet man die Gesamtheit dieser Ökosysteme, so sind wir eher ein B2B-Start-up-Land. Dieser Erkenntnis gilt es, auch fördertechnisch Rechnung zu tragen. In den einzelnen Regionen wird sehr Vieles auf hohem Niveau geleistet und wir unterstützen diese Initiativen ganz gezielt mit Fördermitteln für Beratung, Coaching, Acceleratoren, Start-up-Camps oder neue, experimentelle Formate. Ferner haben wir selbstverständlich ein leistungsfähiges Instrumentarium an Finanzierungshilfen, das von den niedrigschwelligen Innovationsgutscheinen bis zu großvolumigen Finanzierungshilfen unserer L-Bank oder der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft reicht.
ifex beschäftigt sich aber nicht nur mit dem Thema Unternehmensgründung sondern auch mit den Fragen der Unternehmensnachfolge. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig zwischen Jung und Alt zu vermitteln. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hürden?
Die größten Schwierigkeiten haben wir durch den extrem rückläufigen Anteil an familieninternen Nachfolgen. Dieser liegt insgesamt nur noch bei rund 40%. Deshalb konzentrieren sich unsere Maßnahmen heute viel stärker auf die frühzeitige Sensibilisierung potenzieller Übergeber sowie das Matching mit externen Nachfolgeinteressierten. Dafür hat Baden-Württemberg bundesweit einzigartige Angebote geschaffen, wie z.B. die Nachfolgemoderatoren der Kammern und des Deutschen Hotelund Gaststättenverbands oder das Übergeber-Coaching-Programm, mit dessen Hilfe eine frühzeitige Übergabeplanung erfolgen kann.
Wenn Sie eine Zukunftsprognose wagen würden, wie wird sich Ihrer Meinung nach die Gründerszene aber auch Gründerkultur in Baden-Württemberg in den nächsten fünf Jahren verändern und welche Aktivitäten sollten aus Ihrer Sicht unterstützt werden?
Der nationale und internationale Wettbewerb um die besten Start-ups ist bereits in vollem Gange. Wir müssen gemeinsam mit allen Partnern daran arbeiten, unseren Standort noch selbstbewusster zu positionieren. Das bedeutet: Attraktivität für unsere Gründungswilligen im Land, aber auch für Menschen außerhalb unseres Landes, die mit einer innovativen Dienstleistungsidee oder einem Hightech-Produkt einen Standort suchen, der nicht nur hervorragende Beratungs- und Finanzierungshilfen bietet, sondern auch Referenzaufträge und unternehmerische Kooperationen.
Aber auch die Szene verändert sich, neue Akteure kommen hinzu. Deshalb gilt es, neben unseren bewährten Partnern, den Kammern, Verbänden und Wirtschaftsfördereinrichtungen, auch neuen Netzwerken und Initiatoren den Dialog und die Zusammenarbeit anzubieten. Zu nennen wären hier insbesondere die jungen Start-up-Verbände, die Business- Angel- und VC-Netzwerke oder die sich aktuell entwickelnden Corporate Accelerators von im Land ansässigen Großunternehmen.
Professor Peter Schäfer ist Leiter der ifex - Initiative für Existenzgründung und Unternehmensnachfolge des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. ifex initiiert landesweite Kampagnen und Wettbewerbe, neue Förderansätze und konzertierte Aktionen, koordiniert Projekte und Partner – auf regionaler wie auf internationaler Ebene – und fördert Information, Qualifizierung, Beratung und Coaching sowie zielgruppenspezifische Modellvorhaben und regionale Projekte der Partnerorganisationen.
Professor Peter Schäfer
ifex - Initiative für Existenzgründung und Unternehmensnachfolge des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg (Stuttgart)
p.schaefer@mfw.bwl.de