"In Zeiten einer wirtschaftlichen Krise weiter in Lehre und Forschung investieren"

TRANSFER im Gespräch mit Prof. Dr. Heinz Trasch, Vorstandsvorsitzender der Steinbeis-Stiftung

Herr Trasch, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von den Dienstleistungen des Steinbeis-Verbundes. Gleichzeitig sind gerade sie es, die in Krisenzeiten weit weniger Beachtung als ins Schwanken geratene Konzerne bekommen. Welche Ratschläge haben Sie für KMU, die momentan unter der wirtschaftlichen Lage leiden?

Mit der Krise aktiv umgehen. Nicht abwarten, wie sich die wirtschaftliche Situation weiter entwickelt, und das Unternehmen treiben lassen, sondern Eigeninitiative ergreifen und handeln. Für Mitarbeiter, die durch mangelnde Auftragslage in Kurzarbeit arbeiten müssen, sollte die Gelegenheit genutzt und für sie Weiterbildungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Dazu gibt es vielfältige Angebote der Kammern und Verbände, auch Steinbeis hat umfangreiche Seminarangebote. Es lassen sich aber auch spezifische Maßnahmen schaffen, die auf die Kundenwünsche direkt eingehen. Das können unterschiedliche Managementsysteme aber auch Weiterbildung in neuen technischen Methoden sein. Der Unternehmer selbst sollte sich mit seinem Produkt- oder Dienstleistungs-Portfolio auseinandersetzen, es aktualisieren oder gar neue, innovative Ideen angehen. Dazu kann er mit den Steinbeis-Unternehmen Kontakt aufnehmen um geplante Neuerungen zu besprechen. Diese ersten beratenden Kontakte mit den Steinbeis-Experten sind für den Unternehmer kostenlos. Die Dienstleistung bietet Steinbeis KMU in Baden-Württemberg an, deren Letztjahresumsatz unter 100 Millionen Euro lag. Bei diesem beratenden Gespräch können sich Lösungsansätze für bestehende Probleme bei Prozessen, Produkten oder Dienstleistungen ergeben, es können dabei aber auch neue innovative Ideen generiert werden. Die Steinbeis-Experten sind auch gerne behilflich, wenn es um die technische Umsetzung der Idee und Fragen der Finanzierung geht.

Professionelle Beratung, die nicht bei der Problemanalyse verharrt, sondern umsetzbare Lösungsansätze liefert, bleibt in dieser Situation wesentlich. Hält Steinbeis sein Angebot der kostenlosen Kurzberatung für kleine und mittelständische Unternehmen aufrecht?

Steinbeis hält die kostenlose Kurzberatung aufrecht. Seit Oktober 2005 bieten wir sie Baden-Württembergischen Unternehmen wieder an und setzen etwas fort, was sich Jahre vorher bestens bewährt hat, und wir ergänzen damit auch das Beratungsangebot der Kammern und Verbände. Besonders Kleinstunternehmer, eine große Gruppe der KMU, greifen auf diese Dienstleistung gerne zurück. Im beratenden Gespräch werden ihre Probleme und Wünsche von Steinbeis- Mitarbeitern mit hoher Qualität und Sachkompetenz besprochen. In vielen Fällen können dem Unternehmer Konjunktur- und Förderprogramme vorgeschlagen und bei deren Inanspruchnahme geholfen werden. Wie Umfragen ergaben, fühlen sich die Unternehmen durch die Steinbeis-Experten sehr gut beraten und in nicht wenigen Fällen folgt der Beratung ein Projektauftrag.

Als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg gilt heute mehr denn je die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens. Gleichzeitig bescheinigen kritische Stimmen der deutschen Wirtschaft schon seit Jahren durchaus innovative Ideen, allein an der Umsetzung mangele es. Wie beurteilen Sie die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen, und wo gibt es Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?

Unter Innovation versteht man nach der Definition des Ökonomen J. A. Schumpeter die Durchsetzung einer Neuerung im Produktionsprozess, dabei kann es eine technische Neuerung oder eine Neuerung im Management sein. Das ist für das heutige Verständnis zur Innovation jedoch nicht mehr ausreichend. Der Innovationsforscher J. Hauschildt spricht von einer Innovation, wenn in der Wirtschaft eine Neuerung eingeführt wurde, die sich positiv gegenüber dem vorherigen Zustand abhebt. Fasst man beide Aussagen ergänzend zusammen, spricht man heute von einer Innovation, wenn die Neuerung im Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg generiert. Um eine Neuerung zu schaffen, muss aktuelles Wissen und neueste Erkenntnisse aus Technik und Managementsystemen bekannt sein. Mehr als 97% aller Unternehmen in Deutschland haben weniger als 50 Mitarbeiter. Diese Unternehmen haben in den überwiegenden Fällen keine Forschungsabteilung, sie müssen also auf externes Wissen und Erkenntnisse zurückgreifen, das an Universitäten oder Hochschulen erarbeitet wurde. Die Unternehmen selbst können von diesem Wissen partizipieren, wenn sie Absolventen in ihre Unternehmen einstellen oder wenn sie im Kontakt zu Steinbeis-Zentren an diesen Universitäten und Hochschulen stehen. Da liegt meiner Meinung nach ein noch nicht ausgeschöpftes Potenzial für Innovationen. Selbst wenn grundlegendes Wissen in den Unternehmen vorhanden ist, fehlt es oft an der Kompetenz Ideen oder Visionen in die Praxis umzusetzen. Die größte Effizienz in der Umsetzung neuer Ideen erreicht man nun einmal mit den Experten, die in der Lage sind Wissen so zu bearbeiten, dass es wirtschaftlichen Nutzen bringt. Übertragen auf die Steinbeis-Unternehmen heißt dies, dass den Unternehmen nicht nur fachlich qualifizierte und kompetente Mitarbeiter bei ihren Fragen oder Problemen behilflich sind, sondern zur Lösung ihrer Probleme bzw. zur Schaffung von Innovationen auch häufig die moderne Infrastruktur der Zentren oder der akademischen Institution mit genutzt wird. Diese Möglichkeiten an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft Dienstleistungen abzugreifen werden von den Unternehmen noch nicht ausreichend genutzt. Also sind auch wir bei Steinbeis angehalten den Dialog zu den KMUs zu intensivieren.

Die Bologna-Erklärung und ihre Auswirkungen werden in Deutschland nach wie vor kritisch gesehen. Universitäten und Hochschulen sind mit Hochdruck an der Umsetzung der Beschlüsse. Hat der Prozess Einfluss auf den etablierten Wissensund Technologietransfer der Hochschulen mit Steinbeis?

Will man die Harmonisierung der europäischen und weltweiten Studienmöglichkeiten, so sind die Bologna-Beschlüsse meiner Meinung nach der richtige Weg. Auch wenn viel Traditionelles dabei auf der Strecke bleibt. Es bildet sich dabei aber ein freier „Studienmarkt“ aus, der internationalen Wettbewerb zulässt. Wie in der freien Marktwirtschaft auch, wird sich Qualität, im Falle der Hochschulen, in Lehre und Forschung durchsetzen. Die Attraktivität eines 3-4 jährigen Studiums zum „Bachelor“ wird sicherlich die Zahl der Studierenden steigen lassen und damit eine weitere Zielsetzung der Bundesregierung erfüllen, mehr Abiturienten eines Jahrgangs in die Universitäten und Hochschulen zu bringen. Das hat wiederum zur Folge, dass die Universitäten und Hochschulen weiter ausgebaut werden müssen und aus dem Bereich der Forschung wird in der Folge vermehrt Wissen generiert werden. Gerade für Deutschland, als ein Land mit wenig Rohstoffen, ist Wissen das Fundament für Innovationen, die es den Unternehmen erlauben im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Danach werden die KMU in Deutschland vermehrt ihren Wissensbedarf bei den akademischen Institutionen decken wollen. Deshalb erwarte ich nach der Umsetzung der Bologna-Beschlüsse ab 2010 eine verstärkte Nachfrage im Wissensund Technologietransfer durch KMU aber auch von Großunternehmen.

Lange bestand die Befürchtung, dass die Forschungsförderung der Regierung der Wirtschaftskrise zum Opfer fallen könnte, nun haben Bund und Länder erfreulicherweise doch die weitere Förderung beschlossen. Welche Bedeutung messen Sie der Tatsache bei, dass die Bundesregierung 16 Milliarden Euro für Hochschulen und Forschungsinstitute genehmigt hat?

Dass die Bundesregierung 16 Milliarden Euro bereitstellt, bestätigt, dass in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise weiter in Lehre und Forschung investiert werden muss, um Voraussetzungen für Innovationen in der Wirtschaft zu schaffen. Diese systemerhaltende Investition spricht für die Weitsicht der Bundesregierung. Neben der finanziellen Unterstützung der Wissenschaft wird auch das Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) für die innovative mittelständische Wirtschaft und für mit dieser zusammenarbeitende wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen angeboten. Alle Maßnahmen zusammen bieten natürlich genügend Potenzial für Unternehmen in die Innovationsoffensive zu gehen. Wesentlich dabei ist jedoch, dass sie Wissen und Kompetenzen der Universitäten und Hochschulen einfach abgreifen und nutzen können. Dafür stehen die Steinbeis-Zentren, die den Unternehmen auch behilflich sind die richtigen Förderprogramme für ihre Situation zu finden. Krise wird in der chinesischen Sprache als zusammengesetztes Wort aus Chance und Gefahr beschrieben. Wenn wir der Krise den Beigeschmack der Gefahr, der Katastrophe nehmen, bleibt uns immer noch die Chance, wirtschaftlich erfolgreich daraus hervor zu gehen. Ich meine: Nutzen wir die Chance, die die Bundesregierung durch ihr finanzielles Engagement bringt, und versuchen gemeinsam eine positive Konjunkturentwicklung zu schaffen und geben wir den Unternehmen und den Finanzinstituten die Chance in der knapp bemessenen Zeit durch eigenverantwortliches und unternehmerisches Handeln wieder erfolgreich zu sein.

Kontakt

Steinbeis-Stiftung (Stuttgart)
stw@stw.de

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