Stepping into Asia

Junior Consultant der SCMT GmbH baut Unternehmensstandort in Korea auf

„Ein deutscher Kunststofffaser-Hersteller möchte in Thailand eine Fabrik zur Produktion von Zahnbürstenborsten aufbauen“ – dieses nicht alltägliche Angebot weckte das Interesse von Anja Reimann nach Abschluss ihres Bachelor-Studiums in Amsterdam. Verbunden war die Stellenausschreibung der SCMT GmbH bei Hahl-Pedex mit dem berufsbegleitenden Master-Programm zum MBE der School of Management and Technology an der Steinbeis-Hochschule Berlin. Heute sammelt die 27-Jährige als Representative Director und CEO der BBC Hahl-Pedex Filament Ltd. der Hahl Pedex Co. Führungserfahrung in Asien.

Das Steinbeis Center of Management and Technology (SCMT) ist das erste „Projekthaus“ innerhalb des Steinbeis-Verbundes und konzentriert sich auf die Durchführung von Consultingprojekten auf nationaler und internationaler Ebene mit Fragestellungen mit betriebswirtschaftlichem, naturwissenschaftlichem bis hin zu technischem Kontext. Mit über 3.500 erfolgreich abgeschlossenen Consultingprojekten kann das SCMT eine langjährige und fundierte Expertise vorweisen, vorrangig in den Bereichen Management und Technologie.

Das Portfolio des Projekthauses wird von den Studiengängen der eigenen Business School „School of Management and Technology“ (SMT) unter dem Dach der Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB) ergänzt. Diese Studiengänge basieren auf dem von der SHB entwickelten Projekt-Kompetenz-Studium. Grundlage jedes Studiengangs ist ein relevantes Praxisprojekt im Partnerunternehmen. Anja Reimann absolviert neben dem Consultingprojekt bei Hahl-Pedex ihr Studium an der SMT zum Master of Business Engineering.

Früher Konkurrenten in der synthetischen Filament-Herstellung, fusionierten die Unternehmen Hahl und Pedex 2007 zu Hahl-Pedex. Während die Unternehmensseite Pedex heute spezialisiert ist auf die Bereiche Zahnpflege, Kosmetik und 3D-Druck, konzentriert sich Hahl auf die Herstellung von synthetischen Filamenten zur Anwendung in technischen Textilien und abrasiven Filamenten für die Werkzeugindustrie. Vor kurzem hat sich das Unternehmen mit der PerlonNextrusion Gruppe zusammengetan und ist nun unter dem Schirm der Serafin Group, größter Filament Hersteller der Welt. Mit dem Wachstum des Unternehmens bekam auch die internationale Expansion immer größere Bedeutung.

Anja Reimanns Start in ihr Projekt war daher direkt die Konzeption eines Businessplans für ein Joint-Venture mit einem thailändischen Unternehmen. Die Verhandlungen mit dem möglichen Partner waren schon weit vorgedrungen, kamen kurz nach Projektbeginn von Anja Reimann aber doch ergebnislos zu einem Ende. Die Suche nach einem neuen asiatischen Partnerunternehmen mündete erfolgreich in Verhandlungen mit der BBC – Best Bristle Company, einem koreanischen Borstenhersteller. Damit war der Startschuss für Anja Reimanns Projekt in Asien gefallen. Neben den Verhandlungsgesprächen mit dem neuen Partner BBC und den Theoriephasen des projektbegleitenden Studiums an der SMT, bekam sie im Unternehmen umfassende Einblicke in die Bereiche Produktion, Maschinenreparatur und Vertrieb. Die Vermittlung des technischen Know-hows der Maschinen zur Filament Herstellung durch den technischen Leiter Vitali Hanikel, hat dabei eine wesentliche Rolle gespielt.

Die Verhandlungen mit den koreanischen Partnern wurden Mitte 2014 konkreter, Anja Reimanns Reisen nach Korea regelmäßiger. Erfahrungen in den kulturellen Unterschieden auch in Geschäftsbeziehungen kamen der Junior Beraterin sehr zu Gute und nach nur einem Jahr Verhandlungen konnte mit der Umsetzung des Projekts vor Ort begonnen werden. Für Anja Reimann hieß das im Januar 2015: Good bye, beschauliches Deutschland, auf in ein neues Leben in der 10 Millionen- Metropole Seoul. Die Alltagsherausforderungen wie Wohnungssuche, Eröffnen eines neuen Bankkontos, Organisieren eines neuen Telefons und allen voran das Erlernen einer neuen Sprache, meisterte Anja Reimann reibungslos, auch einige geschäftliche Herausforderungen waren schnell gelöst. Mit einem Verzug von nur zwei Monaten konnte vor Ort mit dem Aufbau der aus Deutschland angelieferten Maschinen begonnen werden. Drei der deutschen Hahl-Pedex-Kollegen kamen nach Korea, um die dortigen Kollegen zu schulen und gemeinsam die Maschinen aufzubauen. Anja Reimann war auch hier in die praktische Umsetzung integriert, lagen doch bisher keine englischsprachigen Schulungsunterlagen vor und mussten daher kurzfristig in Form eines Trainingsplans erstellt werden. Die Produktion startete 2015 und damit stiegen die Herausforderungen. Die kulturellen Unterschiede in der Arbeitsweise zwischen Deutschen und Koreanern wurden im Arbeitsalltag schnell deutlich: „Die Deutschen denken zuerst und setzen dann um, die Koreaner gehen andersherum vor. Keine der beiden Arbeitsweisen ist zwingend die bessere oder schlechtere. Das Problem ist, dass sie die Grundlage für die Erwartungen sind“, erläutert Anja Reimann. Hahl-Pedex plante einen Testmonat, um anschließend mit der regulären Produktion zu beginnen. BBC plante die Testphase für ein halbes Jahr ein, auftretende Probleme sollten auch in der regulären Produktion weiter gelöst werden.

Die Unterschiede in der interkulturellen Zusammenarbeit waren zwar bekannt, doch wie auf dieser Basis einen Mittelweg für die Lösung des Problems finden? Anja Reimann ist sich sicher: Wesentlich ist der regelmäßige Austausch zwischen den Kollegen, um sich anzunähern aber auch die verschiedenen Arbeitsweisen zweier so unterschiedlicher Kulturen zu akzeptieren. Sowohl Hahl-Pedex wie auch BBC sind bemüht das umzusetzen. Persönliche Beziehungen spielen in Korea im Geschäftsleben eine wesentliche Rolle. Verträge und andere Abmachungen werden selten schriftlich festgehalten, hier herrscht das Konzept des „jeong“: eine Beziehung, eine Verbundenheit und schlicht das Vertrauen, das man gegenüber Geschäftspartnern, Familienangehörigen oder Freunden hat. Rein geschäftliche Beziehungen funktionieren in Korea und ganz Asien nicht, es ist immer wichtig, auch eine persönliche Beziehung aufzubauen. Ohne Vertrauen in den Geschäftspartner ist kein Wachstum des Unternehmens möglich.

Bis heute stellt die Weiterarbeit an diesen kulturellen Unterschieden einen wesentlichen Aspekt der Arbeit von Anja Reimann dar. Sich den Gegebenheiten vor Ort anzupassen ist nicht immer leicht, aber nötig wenn Hahl-Pedex sich in Asien weiter entwickeln möchte. Die letzten zwei Jahre haben der SCMT-Beraterin gezeigt, dass sie mit ihrem Projekt auf dem richtigen Weg ist. Deutsche und asiatische Mitarbeiter haben regelmäßigen Kontakt zueinander und es sind bereits enge Freundschaften entstanden. Anja Reimann betont daher einmal mehr: „Internationalisierung kann man nicht als reines Businesskonzept angehen, sie setzt immer voraus, dass Kollegen unterschiedlicher Kulturen in ihrer Arbeit zusammenwachsen.“

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