Arbeitswelt.Arbeitszufriedenheit.Lebensglück.

Steinbeis Consulting Studie

Die Anzeichen zunehmender psychischer Belastungen im Beruf häufen sich, die dadurch hervorgerufenen psychischen Erkrankungen führen zu steigenden gesamtwirtschaftlichen Kosten. Als Ursachen für die zunehmenden Belastungen werden oft Veränderungen in der Arbeitswelt und die damit verbundenen gestiegenen Anforderungen genannt. Um mögliche Ursachen solcher Belastungen und ihre Konsequenzen auf Arbeitszufriedenheit und Lebensglück aufzuzeigen, hat die Steinbeis-Stiftung in Kooperation mit den Wirtschaftsjunioren Baden-Württemberg eine Online-Befragung zum Thema „Arbeitswelt im Wandel“ durchgeführt.

160 Wirtschaftsjunioren haben an der Befragung zur Wahrnehmung der Arbeitswelt und ihrem Einfluss auf Arbeitszufriedenheit und Lebensglück teilgenommen. Auch wenn die Ergebnisse, die von Prof. Dr. Konrad Zerr vom Steinbeis-Beratungszentrum Marketing – Intelligence – Consulting erhoben wurden, nicht als statistisch repräsentativ angesehen werden können, geben sie doch interessante qualitative Einblicke und helfen, bestehende Annahmen zum Zusammenhang zwischen Arbeitswelt und Lebensglück zu bestärken oder auch neue zu formulieren.

Die Befragten wurden um ihre subjektive Einschätzung gebeten, wie stark sich ihre Arbeitswelt in der jüngeren Vergangenheit gewandelt hat, wie sie diese Veränderungen empfinden und was die Ursachen des Wandels sind. Erwartungsgemäß konstatiert eine deutliche Mehrheit der Befragten starke Veränderungen. Bei skalierter Nachfrage bewerten ca. 1/3 der Befragten diese Veränderungen als negativ, rund die Hälfte sieht das mit „sowohl positiv als auch negativ“ differenziert und nur ein knappes Fünftel empfindet die Veränderungen ausschließlich als positiv.

Bei der Analyse der offenen Antworten auf die Frage nach den Gründen für den Wandel schärft sich das Bild: Spontan werden von mehr als 3/4 aller Befragten negativ belegte Ursachen für die Veränderungen benannt. Sie machen insbesondere den enormen Leistungsdruck sowie das übertriebene Effizienzdenken der Wirtschaft dafür verantwortlich, dass die „Work-Life-Balance“ aus den Fugen gerät. Die Schnelllebigkeit des Arbeitslebens trägt ein Weiteres dazu bei. Teilweise wird auch ein Zusammenhang zwischen Fachkräftemangel und Leistungsdruck hergestellt. Manche Befragte monieren einen „Wertewandel“ im Management. Schließlich werden auch negativ bewertete Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen genannt.

Dass sowohl in Lebens- als auch Arbeitsglück umfassend glückliche Menschen offensichtlich einen anderen Umgang mit den Herausforderungen des Arbeitslebens und dem damit verbundenen beruflichen Stress pflegen, zeigen die Antworten auf die Frage, ob beruflicher Stress überwiegend positiv oder negativ empfunden wird: Eine überwältigende Mehrheit (82%) der Glücklichen empfindet beruflichen Stress überwiegend positiv! Aber auch die weniger Glücklichen geben zu fast 50% noch an, positiven beruflichen Stress zu erleben. Die Beurteilungsunterschiede gegenüber den Veränderungen der Arbeitswelt und mit Blick auf beruflichen Stress können also nicht ausschließlich auf die „innere Einstellung“ des Individuums zurückgeführt werden. Vermutlich sind glückliche und weniger glückliche Menschen zumindest teilweise tatsächlich auch unterschiedlichen Stressfaktoren ausgesetzt, die von außen an sie herangetragen werden.

Gut 3/5 aller Befragten erwarten für die Zukunft starke Veränderungen in der Arbeitswelt. Während die Veränderungen der Vergangenheit eher negativ bewertet wurden, übersteigen mit Blick auf die Zukunft die optimistischen Einschätzungen die negativen. Bei rund der Hälfte der Befragten dominiert wieder eine differenzierte Sicht.

Als Treiber der erwarteten Veränderungen stehen an erster Stelle Aspekte des Arbeitsmarkts, überwiegend mit negativer Kon notation versehen. Erwartet wird, dass der Fachkräftemangel Unternehmen weiter unter Druck setzt. Allerdings gewinnen insbesondere Angestellte dem durchaus Positives ab; die Arbeitnehmerposition wird dadurch gestärkt. An zweiter Stelle und mit einer eindeutig negativen Bewertung erwarten viele Befragte eine weitere Zunahme des Leistungsdrucks und des Effizienzdenkens. Überwiegend positiv wird dann wieder die zunehmende Flexibilisierung der Arbeit verstanden. Manche Befragte sehen dies jedoch auch kritisch; Flexibilität kann den Druck auf den Arbeitnehmer erhöhen, jederzeit verfügbar zu sein. An vierter Stelle wird der durch die Globalisierung sich weiter verschärfende Wettbewerb als überwiegend negativer Treiber für zukünftige Veränderungen genannt. Demgegenüber verbinden die Befragungsteilnehmer mit einem veränderten Werteverständnis bei Führungskräften überwiegend positive Erwartungen. Gleichermaßen positiv werden die durch die technologischen Möglichkeiten veränderten Arbeitsweisen gesehen. Nur ca. 8% der Befragten erwarten zukünftig explizit eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Überwiegend negativ werden schließlich die durch den demografischen Wandel hervorgerufenen Herausforderungen sowie der durch eine fortschreitende Dynamik hervorgerufene Anpassungsdruck der Unternehmen gesehen.

Als Forderungen an das Management steht bei den Befragten eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie an erster Stelle, gefolgt vom Wunsch nach flexibleren Arbeitszeitmodellen. Beide Aspekte hängen eng miteinander zusammen: Flexibilität schafft Freiräume. An dritter Stelle wird eine Intensivierung der Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen gefordert. Vergleichsweise abgeschlagen erscheinen Themen wie Mitarbeiterdatenschutz, Erhöhung des Anteils weiblicher Führungskräfte, Diversity oder „Demokratisierung“ der Arbeitswelt. Dies mag bei einigen Aspekten letztlich mit der männlich geprägten Stichprobenstruktur zusammenhängen. Eine differenzierte Auswertung nach Geschlecht zeigt, dass hinsichtlich der Forderungen an das Management von Morgen deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern existieren. Grundsätzlich sind Frauen fordernder und weisen fast allen Aspekten eine höhere Wichtigkeit zu, mit einer Ausnahme: Das Thema Weiterbildung gewichten sie nicht so stark wie Männer. Deutliche Meinungsunterschiede zwischen Frauen und Männern zeigen sich insbesondere bei dem Thema „höherer Anteil weiblicher Führungskräfte“. Nur ein knappes Fünftel der männlichen Befragten sehen dieses Thema als wichtig an, aber mehr als 2/3 der Frauen. Weitere Unterschiede zwischen den Geschlechtern finden sich bei den Themen „Teilzeitarbeit“ und „Equal Pay“. Diese werden von den Frauen als deutlich wichtiger eingestuft.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die Intensität der Veränderungen der Arbeitswelt aus Sicht der Befragten weiter zunehmen wird. Während mit Blick auf die Vergangenheit die negative Beurteilung überwiegt, überwiegt mit Blick auf die Zukunft die positive. Allerdings werden bei offener Nachfrage insbesondere der zu erwartende Fachkräftemangel und ein weiter steigender Leistungsdruck thematisiert. In positiver Hinsicht prognostizieren die Befragten eine zunehmende Flexibilität der Arbeitswelt einhergehend mit der Erwartung, Berufliches und Privates besser in Einklang bringen zu können.

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