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Exzellenz-Zentren im Gesundheitswesen

Das Bonner Steinbeis-Beratungszentrum IfQO – Institut für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung hat sich mit dem Aufbau von Exzellenz-Zentren im Gesundheitswesen etabliert. In den letzten Jahren ist in Deutschland vor allem die Realisierung von Zentren zur Darmkrebsbehandlung vorangetrieben worden, weitere Zentren zur Krebsbehandlung wie Prostata-, Lungen- und Hautkrebszentren wurden daneben realisiert. In Stuttgart haben die Steinbeis-Experten den Aufbau des Leber-Galle-Zentrums am Karl-Olga-Krankenhaus begleitet.

Zur Realisierung von Zentren zur Behandlung häufiger Tumorarten wie z. B. Darmkrebs, wurden durch die maßgebliche Arbeit der Deutschen Krebsgesellschaft fachliche Kriterienkataloge (Erhebungsbogen) mit Kennzahlen für die Zertifizierung festgelegt. Aktuell werden sogenannte Module für die Behandlung weiterer Tumorentitäten angelegt, Ende 2009 hat die Deutsche Krebsgesellschaft beispielsweise die Zertifizierung als Modul Pankreaskarzinom für die Darmkrebszentren oder in Verbindung mit Onkologischen Zentren zur Zertifizierung über OnkoZert verabschiedet.

Krankenhäuser, die verschiedene Tumorarten in Organzentren behandeln, können übergreifende Zuständigkeiten und Prozesse in einem Onkologischen Zentrum bündeln und damit Synergien für eine weitere Standardisierung und Optimierung von Strukturen und Abläufen nutzen. Der Anspruch der vorbildlichen Behandlung wird neben der Krebsbehandlung nun auch auf die organübergreifende Behandlung benigner Erkrankungen ausgeweitet.

Das Steinbeis-Beratungszentrum IfQO hat 2010 die Etablierung und Zertifizierung des Leber-Galle-Zentrums am Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart begleitet. Ausgangspunkt für den Aufbau des Zentrums waren drei wesentliche Überlegungen:

  1. Leber, Gallenblase und Gallenwege bilden eine anatomische und funktionelle Einheit. Die entsprechenden Erkrankungen erfordern daher meist ein organübergreifendes komplexes Vorgehen.
  2. Onkologische Erkrankungen dieser drei Organe nehmen stark zu, diese Tatsache war auch Anlass für die Errichtung von Darmkrebszentren.
  3. Eine regionale Marktanalyse und Bedarfsplanung im Vorfeld zeigte, dass ein beträchtlicher Bedarf an onkologischen Leberresektionen in Stuttgart anfällt und dass in den anderen Krankenhäusern keine entsprechenden Exzellenz- Expertisen vorhanden sind.

Insbesondere die Tatsache, dass rund ein Drittel aller Patienten nach erfolgreicher Darmkrebsoperation im weiteren Verlauf Lebermetastasen entwickeln, unterstreicht die Notwendigkeit von Exzellenz-Leber-Zentren. Das Behandlungsspektrum des Leber-Galle- Zentrums am Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart umfasst Patienten mit gut- oder bösartigen Erkrankungen der Leber, der Gallenblase und der Gallenwege. Da bislang von den Fachgesellschaften keine Zertifizierungskriterien für ein Leber- oder Leber-Galle-Zentrum vorliegen, wurde das Leber-Galle-Zentrum am Karl-Olga-Krankenhaus im Februar 2010 vom TÜV Süd bundesweit als erstes Zentrum dieser Art erfolgreich zertifiziert.

Im Zentrum am Karl-Olga-Krankenhaus haben sich für eine umfassende medizinische Behandlung von Betroffenen die Spezialisten verschiedener Fachrichtungen aus dem stationären und ambulanten Bereich vernetzt. Durch die Bündelung der entsprechenden Fachkompetenzen aller beteiligten Disziplinen aus den Teilbereichen Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge kann für jeden Patienten ein optimales Behandlungsergebnis erzielt werden. Ein besonderes Merkmal des Leber-Galle-Zentrums ist die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit über die wöchentlich stattfindenden Konferenzen, bei denen alle Fachexperten vertreten sind. Hier werden für alle behandelten Patienten interdisziplinäre Therapiekonzepte individuell festgelegt sowie im Verlauf die Behandlung überprüft. Ein Team der psychosozialen und –onkologischen Betreuung unterstützt die Patienten im Prozess der Krankheitsverarbeitung.

Exzellenz-Zentren im Gesundheitswesen haben darüber hinaus den Anspruch, sehr effektive Strukturen und Prozessabläufe zu etablieren. Besondere Bedeutung haben hier der gemeinsame Erfahrungsaustausch und die daraus resultierende Weiterentwicklung diagnostischer und therapeutischer Verfahren in gemeinsamen Kongressen und Qualitätszirkeln. Eine neu zu schaffende Interdisziplinarität ist ein wesentlicher Faktor für ein Zentrum, das außerdem der Akzeptanz von außen bedarf, das heißt, es muss nach einer Anlaufphase auch unter den Kriterien der Erfüllung von Mindestmengen gemessen werden. Zentren müssen sich zudem nach außen öffnen und dem „Second Opinion Verfahren“ zur Verfügung stehen.

Der besondere Anspruch des Leber-Galle- Zentrums am Karl-Olga-Krankenhaus wird dadurch deutlich, dass es sich verbindliche Qualitätsmaßstäbe und Kennzahlen gesetzt hat, die sich an evidenzbasierten Leitlinien der Fachgesellschaften orientieren und zum Teil noch darüber hinaus gehen. Die Einhaltung wird im Rahmen von jährlichen Audits und Reviews geprüft und gewertet. Die Zertifizierung erfordert zudem eine genaue Datenerfassung und die Einhaltung von Standards und bietet damit die Chance, neben der Qualitätsverbesserung, insbesondere auch Daten über die Versorgung von Patienten mit Erkrankungen der Leber, der Gallenblase und Gallenwege zu erheben, aus denen optimierte Behandlungswege abzuleiten sind. Daher sind neben dem Wissenstransfer der Leistungserbringer auch ein gemeinsames Qualitätsverständnis und abgestimmte Qualitätsstandards verbindliche Elemente des Gesamtkonzeptes des Leber-Galle-Zentrums. Zur Weiterentwicklung der Behandlungsmethoden werden zudem Studien gemeinsam geplant, akquiriert und durchgeführt. Das Leber-Galle-Zentrum am Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart kann als erfolgreiches Pilotprojekt betrachtet werden für die Errichtung weiterer Leber-Zentren. Die Bonner Steinbeis-Experten haben mittlerweile mehr als 50 Exzellenz-Zentren im Gesundheitswesen beraten und sehen sich darin bestätigt, dass durch das gemeinsame Projekt zum Aufbau eines Exzellenz-Zentrums eine deutliche Kompetenzentwicklung der betreffenden Organisationen erreicht werden konnte.

Kontakt

Dieter Barwitzki
Steinbeis-Beratungszentrum Institut für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung (Bonn)

Prof. Dr. med. Josef H. Fangmann, Dr. med. Eckhart Fröhlich
Karl-Olga-Krankenhaus (Stuttgart)
Josef.Fangmann@karl-olga-krankenhaus.de

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