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German Aerospace Academy (ASA) entwickelt Konzepte für den beruflichen Wiedereinstieg

Obwohl sich der Fachkräftemangel durch den demographischen Wandel noch verschärfen wird, sind allein in Baden-Württemberg knapp 6.000 Ingenieurinnen nicht mehr in ihrem Beruf tätig. Volkswirtschaftlich gesehen ist dieser Zustand eine Ressourcenverschwendung, gesellschaftspolitisch sollte es eine Verpflichtung sein, berufstätigen Eltern familienfreundliche und flexible Angebote zu machen. Seit seiner Gründung hat das Steinbeis-Innovationszentrum Akademie für Luft- und Raumfahrt German Aerospace Academy (ASA) die Themen Chancengleichheit und Teamdiversität im Portfolio: Als Partner im Bündnis für lebenslanges Lernen und im Bund für Frauen in MINT-Berufen entwickelt das Zentrum neue innovative Konzepte zur Weiterqualifizierung.

Auch der betriebswirtschaftliche Nutzen einer gelungenen Teamdiversität ist längst belegt. Die ASA bringt mit zielgruppenspezifischen Angeboten in der Weiterqualifizierung und Vermittlung sowohl für die Unternehmen als auch für die Frauen im beruflichen Wiedereinstieg ihre Fach- und Beratungskompetenz ein. Sie tritt dabei mit ihrem umfangreichen Netzwerk sowohl im Steinbeis-Verbund als auch in der Industrie an. Zudem arbeitet die ASA eng mit Branchenverbänden, Kontaktstellen Frau und Beruf, der Arbeitsagentur sowie Wirtschaftsförderungsgesellschaften zusammen.

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Baden-Württemberg forderte 2011 im Rahmen der Initiative „Frauen in Naturwissenschaft und Technik“ in einer landesweiten Ausschreibung ein qualifiziertes Konzept zur Unterstützung der zahlreichen gut ausgebildeten Frauen, die nach Elternzeit oder Tätigkeit in anderen Bereichen beruflich wieder zeitnah in einen Ingenieurbereich zurückkehren wollen. Die ASA konnte sich mit ihrem Konzept unter dem Titel „WING“ erfolgreich platzieren und 2012 pilotieren. Für die Frauen sollte das Projekt die entscheidende Brücke in ihren beruflichen Wiedereinstieg schlagen, für die Unternehmen die dringend gesuchten qualifizierten Mitarbeiterinnen finden. Erfolgsentscheidend war die Kombination zwischen Weiterqualifizierung und einer halbjährigen Praxisphase im Unternehmen. Ursprünglich waren vier Branchen im Fokus, die Luft- und Raumfahrt, Automotive, der Maschinen- sowie der Anlagenbau. Aufgrund der großen Resonanz wurde das Branchenspektrum sukzessive erweitert auf Produktionstechnik, IKT, CAD- und Medizintechnik sowie Biotechnologie.

Mit 29 Teilnehmerinnen wurden in ausführlichen Gesprächen ihre Erfahrungen und Kompetenzen aufgenommen, ein Kompetenzprofil erarbeitet sowie ihre Erwartungen und Rahmenbedingungen erhoben. Sie wurden für ihre erfolgreiche Bewerbung geschult und arbeiteten in verschiedenen Kursen an ihrer Kompetenzerweiterung. Der speziell für die Zielgruppe der Wiedereinsteigerinnen entwickelte Steinbeis- Zertifikatslehrgang „Projektmanagerin im Ingenieurbereich“ bereitete die Teilnehmerinnen auf ihre künftige Rolle als Ingenieurin im Team vor. Passend zu ihrem Profil suchte die ASA für jede Teilnehmerin gezielt einen Praxisplatz in geeigneten Unternehmen, die auch an einer längerfristigen Festanstellung der Frauen interessiert waren.

Es erwies sich als echte Herausforderung, hierbei landesweit Bewerberinnen und Unternehmen so zusammenzubringen, dass sowohl die passende Qualifikation als auch die nötige räumliche Nähe gegeben waren. Mit diesem Pilotprojekt konnte die ASA ein aktives Netzwerk aufbauen, das Unternehmen und Akademikerinnen auf kurzen Wegen zielgerichtet zusammenführt und in eine für beide Seiten attraktive Zusammenarbeit mündet. Die meisten Frauen starteten bereits 2012 wieder in den Beruf. Von 27 Bewerberinnen für eine Praxisphase konnten 24 vermittelt werden, 15 von ihnen waren Anfang 2013 bereits im Rahmen einer Festanstellung wieder in ihrem Beruf tätig.

Das Projekt machte jedoch deutlich, dass flexible Arbeitszeiten ein echter Schlüsselfaktor sind. Während die meisten Unternehmen bereits attraktive familienfreundliche Angebote entwickelt haben, um ihre Mitarbeiter auch längerfristig zu halten, sind qualifizierte Teilzeitstellen für externe Bewerberinnen gerade in den Ingenieurbereichen bisher eher rar.

Das Projekt WING hat nicht nur gezeigt, dass viele qualifizierte Akademikerinnen an einer professionellen Begleitung ihres Wiedereinstiegs interessiert sind, sondern auch, dass dieser Neustart ausgesprochen gut funktionieren kann – und das wertvolle Potenzial dieser Wiedereinsteigerinnen wurde umso deutlicher. Daher steht für die ASA fest, auf diesem Feld auch künftig gezielte Angebote an Frauen und Unternehmen zu machen und die Wiedereinstiegsbedingungen noch weiter zu verbessern.

Aufgrund des großen Erfolges des WING-Projektes schrieb das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Baden-Württemberg Ende 2012 die Fortsetzung aus, einzelne Module werden weiterentwickelt und ausgebaut, das Spektrum auf den gesamten Ingenieursbereich ausgerollt, die Beratungsleistungen ausgebaut und eine stärkere Beteiligung der Unternehmen und Frauen vorgesehen – und die ASA erhielt für ihr erweitertes Konzept erneut den Zuschlag! So wird zusätzlich zum bewährten Zertifikatslehrgang „Projektmanager/in im Ingenieurbereich“ ein neuer Zertifikatslehrgang zum Product-Lifecycle-Management (PLM) entwickelt.

Die nächste Kampagne zum Wiedereinstieg startete Anfang 2013. Ziel ist es, mit weiteren 60 Frauen einen erfolgreichen und qualifizierten Wiedereinstieg in ihren Beruf zu schaffen.

Knackpunkt Fachkräftemangel

Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen sind einem zunehmenden Fachkräftemangel ausgesetzt. Das belegen regelmäßig einschlägige Studien, so jüngst „HR Strategie & Organisation 2012/13“ der Unternehmensberatung Kienbaum. Der akute Mangel habe gravierende Folgen, warnen Unternehmen und Wirtschaftsverbände stets unisono. Im vergangenen Jahr habe die deutsche Wirtschaft einen Wertschöpfungsverlust von acht Milliarden Euro erlitten, weil monatlich 92.000 offene Ingenieursstellen nicht besetzt wurden. Das zumindest haben der Verein Deutscher Ingenieure und das Institut der deutschen Wirtschaft errechnet.

Allein in Baden-Württemberg fehlen weit über 20.000 Fachkräfte aus den Ingenieurwissenschaften. Viele gerade mittelständische Unternehmen suchen dringend nach technisch qualifiziertem Personal. Daher ist es zwingend geboten, die Frauen in der Familienphase wieder zu gewinnen und hierfür das Bewusstsein in den Unternehmen zu schärfen. Wiedereinstei-gerinnen zu unterstützen und Firmen diesbezüglich zu beraten, wird daher auch künftig ein wichtiger Schwerpunkt der ASA bleiben.

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