„Überzeugungsarbeit, damit Forschungsergebnisse in die Wirtschaft transferiert werden“

Im Gespräch mit Prof. Dr. Heinz Trasch

Wechsel in der Führung der Steinbeis- Stiftung: nach acht Jahren gibt der scheidende Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Heinz Trasch den Vorsitz aus Altersgründen ab. Der neue Vorstand nimmt seine Arbeit nach der Kuratoriumssitzung Ende März auf. TRANSFER blickte mit Heinz Trasch zurück auf seine Arbeit in der Steinbeis-Zentrale, aber auch auf die vorige Zeit als Leiter eines Steinbeis-Transferzentrums im Verbund.

Herr Professor Trasch, als Sie 2004 zum Vorstandsvorsitzenden der Steinbeis-Stiftung berufen wurden, nannten Sie an dieser Stelle in der damaligen Transferzeitung den Ausbau des Steinbeis-Transfernetzes als eine Ihrer wesentlichen Aufgaben. Heute besteht der Steinbeis-Verbund aus mehr als 850 Zentren, welche Herausforderungen hat dieses Wachstum mit sich gebracht?

Die Nachfrage nach unterstützender Dienstleistung ist über die Jahre hinweg betrachtet nicht konstant sondern eher schwankend. Es gibt Phasen geringer Nachfrage und Phasen verstärkter Nachfrage nach unseren wissensbasierten Dienstleistungen. Die Projektabwicklung liegt zwar bei den Steinbeis-Unternehmen, die durch ihre vorhandene Infrastruktur die Projekte häufig mit gleichbleibender Geschwindigkeit bearbeiten, die zentrale Verwaltung jedoch spürt diese Volatilität des Auftragsverhaltens sehr deutlich. Ein Dienstleistungsunternehmen, wie wir es sind, gleicht solche Schwankungen mit effektiv und effizient gestalteten Prozessen und vorgehaltener Kapazität aus, was auch für die zusätzlichen Aufgaben gilt, die sich durch das ständige Wachsen des Verbundes ergeben. Auf der anderen Seite stellt diese Dynamik der ständigen Gründung neuer Zentren die laufende Aktualisierung der fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen im Verbund sicher, so dass wir unseren Kunden immer die neuesten Technologien zur Verfügung stellen können.

Um den Ausbau des Steinbeis-Transfernetzes weiterzuführen, haben wir im zentralen Bereich des Steinbeis-Verbunds in Stuttgart neue Strukturen geschaffen und bestehende Prozessabläufe optimiert. Dabei sind Verbesserungspotenziale identifiziert und realisiert worden. Wir haben heute klar definierte Ansprechpartner für die Kontakte innerhalb und außerhalb des Verbundes, was reibungslose Abwicklungen gewährleistet. Unseren Kunden präsentierten wir Steinbeis als Marke und als erfolgreicher Dienstleister im Technologietransfer.

Der erfolgreiche wettbewerbliche Technologietransfer, wie wir ihn betreiben, ist von der Landesregierung in Baden-Württemberg gewünscht und wird durch entsprechende Rahmenverträge unterstützt, er wird von Professoren aus Hochschulen und Universitäten und von freiberuflichen Mitarbeitern durchgeführt und wird von unseren Kunden, die überwiegend im regionalen Umfeld der Wissensquellen ihr Unternehmen haben, in Anspruch genommen. Kontakte zu den Hochschulen zu halten ist daher ein weiterer, wesentlicher Bestandteil unserer zentralen Aktivitäten. Zum einen weil in einer gewissen Regelmäßigkeit immer wieder Rektoren und Präsidenten wechseln, zum anderen weil durch Neuberufungen junge Professoren an die Hochschulen kommen. Dabei müssen mit den Verantwortlichen gemeinsame Strategien besprochen, Kooperationen eingegangen und Überzeugungsarbeit für den Transfer bei den jungen Professoren geleistet werden. Persönliche Kontakte zu Vertretern aus der Politik, aus dem Bereich der Kammern, aus Verbänden und Forschungseinrichtungen aber auch Engagements in Gremien und Beteiligungen bei Clusterentwicklungen schaffen weitere Vertrauensbasen und haben deshalb eine hohe Bedeutung.

Bis zu Ihrem Wechsel in die Steinbeis- Zentrale hatten Sie über ein Jahrzehnt Erfahrung als Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Technische Beratung an der Hochschule Mannheim gesammelt, zuvor waren Sie in Forschung und Industrie tätig. Wo sehen Sie mit dieser umfassenden Erfahrung die aktuellen und zukünftigen Synergien von Hochschulen als für uns wichtige Quellen, deren Professoren und Steinbeis im konkreten Wissens- und Technologietransfer?

Wenn man 20 bis 30 Jahre zurückblickt, waren unsere Wissensquellen für den Transferprozess fast ausschließlich an den Fachhochschulen des Landes zu finden. Neuberufene Professoren an Fachhochschulen waren erfahrene Mitarbeiter aus Unternehmen, die ihr Fachwissen und ihre praktischen Erfahrungen in den Lehrveranstaltungen an die Studenten weitergeben wollten. Die Drittmittelforschung war an den Fachhochschulen noch nicht sehr ausgeprägt. Forschungs- und entwicklungsaktive Professoren nutzten jedoch die Möglichkeit zusammen mit Unternehmen einzelne Entwicklungsprojekte durchzuführen oder ihre wissensbasierten Dienstleistungen den regionalen Unternehmen anzubieten. Dabei hatten die forschenden Professoren, die sich am Transferprozess beteiligten, „die Nase vorne“, da sie über neuere Erkenntnisse oder aktuelle Technologien verfügten. Das nutzten auch Professoren an den Universitäten, die sich in diesem Zeitraum dem Steinbeis- Verbund anschlossen. Dies zeigt, dass einem erfolgreichen wettbewerblichen Technologietransfer in vielen Fällen Grundlagenforschung oder anwendungsorientierte Forschung vorausgehen muss. Viele unserer Projekt- und Zentrumsleiter sind deshalb auch in der Drittmittelforschung der Hochschulen sehr aktiv.

Die Hochschullandschaft hat sich in dem betrachteten Zeitraum verändert. Aus Fachhochschulen sind Hochschulen geworden. Neben der Lehre und Forschung, die nach wie vor an den Hochschulen nicht verpflichtend ist, nimmt die Selbstverwaltung einen hohen Stellenwert ein. Hochschulen stehen in der leistungsorientierten Mittelvergabe miteinander im Wettbewerb. Eine hohe Drittmitteleinwerbung an der Hochschule sichert mehr finanzielle Zuwendungen aus dem Ministerium. Das ist der wesentliche Grund, warum Hochschulleitungen ein so großes Interesse an Drittmittelforschung im eigenen Haus haben. Dazu zählen auch Industrieprojekte, die direkt mit der Hochschule und nicht über Steinbeis abgewickelt werden. Die Interessenlage der neu berufenen Professoren hat sich ebenfalls verändert: Kamen die Professoren früher überwiegend noch wegen attraktiver Lehre an die Hochschulen, ist jetzt ihr Wunsch nach Forschung ausgeprägter. Die deutlich verbesserten Instituts- und Laborausstattungen an den Hochschulen erlauben dies nicht nur, sie fördern es auch. Wir müssen verstärkt Überzeugungsarbeit an den Hochschulen leisten, dass die erzielten Forschungsergebnisse in die Wirtschaft transferiert werden müssen, damit unsere Unternehmen diese nutzen und mit innovativen Produkten im internationalen Wettbewerb bestehen können.

Mittelgroße und kleine Unternehmen aus allen Branchen, die sich am wirtschaftlichen Wettbewerb beteiligen und mit eigenen Mitteln die innovativen Schritte nicht schaffen können, brauchen auch in Zukunft Unterstützung durch unseren Technologietransfer. Steinbeis wird auch weiterhin darauf achten, dass der Kontakt zu allen Fakultäten an Hochschulen und Universitäten aufrecht erhalten wird, um die Vielfalt an Wissenschaftsdisziplinen in den Steinbeis-Zentren zu erhalten und noch weiter auszubauen. Steinbeis unterstützt die Forschungsaktivitäten der Hochschulen und Universitäten, weil diese die Voraussetzungen für einen erfolgreichen wettbewerblichen Technologietransfer sind und wird dies auch in Zukunft tun.

Einer Ihrer Wahlsprüche ist die Aussage des Unternehmers Philip Rosenthal „Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein“. Wo sollte aus Ihrer Sicht der Technologietransfer forciert werden, was empfehlen Sie Ihren Nachfolgern für die Weiterentwicklung des Steinbeis-Verbunds?


Selbstverständlich müssen wir besser werden, um gut zu bleiben. Wir befinden uns in einem ständigen Wettbewerb mit Einrichtungen, die Wissen durch Forschung generieren und die Forschungsergebnisse in die Wirtschaft transferieren möchten. Änderungen in der politischen Willensbildung, im akademischen Bereich und in der Wirtschaft erfordern unsere Aufmerksamkeit. Wir müssen auf Aktualitäten reagieren, unsere Strategien bei Bedarf angemessen nachjustieren und den Ausbau unseres Steinbeis-Verbunds weiter vorantreiben. Wir befinden uns also nicht in einem statischen sondern in einem dynamischen Umfeld, was unsere volle Konzentration erfordert. Wir müssen unsere gemeinsam festgelegten, klar definierten Ziele immer wieder neuen Gegebenheiten anpassen und sie kontinuierlich verfolgen. Diese werteorientierte Entwicklung bei Steinbeis schafft Stabilität nach innen und wird von unseren Kunden mit großer Anerkennung und Respekt belohnt. Die Qualität unserer Dienstleistungen und die Verlässlichkeit unserer Zusagen macht uns deshalb zu einem gern gesuchten Partner im Technologietransfer. Wir konnten unsere Erfolge im Technologietransfer aus der Vergangenheit durch entsprechende Maßnahmen in die Gegenwart übertragen und so wird sich auch der Technologietransfer bei Steinbeis in der Zukunft erfolgreich weiter entwickeln – durch frühe und kontinuierliche Anpassung an die Entwicklungen, die sich im beeinflussenden Umfeld ergeben.

Eine Empfehlung für die weitere Entwicklung des Steinbeis-Verbunds muss ich nicht geben, denn mein Nachfolger hat die Vergangenheit und die Gegenwart von Steinbeis in verantwortlicher Position maßgeblich mit gestaltet und ist damit bestens vorbereitet den Erfolg von Steinbeis auch in Zukunft fortzusetzen.

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